„Nein, mein Gefühl sagt mir, dass sie ihn extra für mich aus den Tiefen des Totenreiches geholt haben, um mich erpressen zu können und es ist ihnen gelungen. Des Weiteren haben sie Hanna als Geisel“, antwortete Tjalf.
Er stand da und prüfte innerlich, ob er Mereg spüren konnte, aber er merkte nichts. Es war nicht, als würde er ihn los sein, nein, es war eher, als wäre Mereg zurückgezogen. Warum der Dämon sich so verhielt, wusste Tjalf nicht, aber er hatte auch keine Zeit, dem auch noch hinterherzuforschen.
„Ja, und das ist der Umstand, der mich stutzig machen lässt- warum Hanna, wenn Tjorven nicht auch reichen würde?“ fragte sich der Professor.
„Vielleicht als Absicherung“, vermutete Bartholomäus, „als doppelter Boden sozusagen.“
„Das denke ich auch“, pflichtete Peter bei.
„Das macht Sinn“, meinte Professor Lux.
„Aber die Frage ist, wie kommen wir in den Himmel“, sprach Tjalf mit einem Hauch von Verzweiflung in seiner Stimme, „es scheint ja leichter zu sein, in die Unterwelt zu gelangen als andersherum.“
„Ich denke, es wird mal wieder Zeit, dass wir recherchieren, mein guter Piet“, sagte der Professor zum Hausgeist.
Piet zeigte sich freudig, denn er wirbelte ein wenig herum. Zwar hatte der Professor nicht die gesamte Zeit, in der die anderen weg waren, nichts getan, aber er hatte auch nicht nach Wegen in den Himmel gesucht. Immerhin sind die Toten bisher als ausschließlich in die Unterwelt gekommen, die er kannte.
Ferner interessierte es ihn, wie er seine Zombiesache regeln konnte, oder einfach loswerden. Das wäre wunderbar, aber auch zu diesem Punkt fand er nichts. Möglicherweise würde es einem starken Zauberer gelingen, ihn zu befreien. Aber er kannte keinen. Nur diesen Hexer Malit und dieser stand nicht unbedingt gut zu ihm oder der Geisterbande.
„Professor?“ unterbrach Tjalf fragend.
„Ja?“ antwortete dieser und ließ sich aus seinen Gedanken reißen.
„Macht ihr euch an die Arbeit?“ wollte Tjalf wissen.
„Selbstverständlich“, antwortete Professor Lux und begab sich zusammen mit dem Hausgeist zu den unzähligen Büchern, die sich in diesem Haus befanden.
„Ich würde euch gerne hier unterstützen, wenn ihr es erlaubt“, bot Peter an.
„Das ist in Ordnung“, meinte Professor Lux.
„Meinst du, sie schaffen es?“ fragte Bartholomäus und klang eher pessimistisch als zuversichtlich.
„Ich muss“, antwortete Tjalf mit wenig Hoffnung, denn er hatte dieses Mal die Befürchtung, dass der ganze Plan daneben gehen konnte.
„Das wird schon“, versuchte Bartholomäus ihn zu beruhigen, „am Ende wird es das immer.“
„Was macht dich so zuversichtlich?“ wollte Tjalf plötzlich wissen, denn er wunderte sich, dass sein Freund seine Stimmungen so rasch wechselte.
„Ich… ähm… will dir nur helfen“, antwortete Bartholomäus.
„Stimmt, ja, tut mir leid, du bist nicht der Feind“, erkannte Tjalf, „wir haben noch nicht ausführlich über deine Entführung gesprochen.“
„Das brauchen wir nicht“, meinte Bartholomäus.
Tjalf verwunderte das Verhalten erst, aber dann überkam ihm der Gedanke, dass Bartholomäus nicht der Typ war, der über seine Probleme sprach und daher jede Gelegenheit nutzte, um es nicht auszubreiten.
„Ist schon gut. Du muss dich nicht auslassen, wenn du es nicht willst“, meinte Tjalf dann, „aber versprich mir, dass du Bescheid sagst, okay?“
„Ja, mache ich“, versprach Bartholomäus.
„In Ordnung“, sagte Tjalf, „vielleicht sollten wir uns informieren, was es mit dem Kranz auf sich hat, damit wir wissen, wofür Malit es braucht.“
„Meinst du nicht, wir sollten den anderen beiden helfen beim Suchen?“ fragte Bartholomäus.
„Arbeitsteilung ist besser. Wir gehen in die Bücherei und die beiden stöbern hier“, antwortete Tjalf.
„Stimmt auch wieder“, musste Bartholomäus zugeben.
Sie sagten kurz beim Professor und Piet Bescheid und machten sich dann auf zur Bibliothek und versuchten, dort etwas über den Kranz herauszufinden. Möglicherweise würden sie auch noch über den Eingang zum Himmel etwas erfahren.
Eher aus Gewohnheit begab sich Tjalf zunächst in die Kinderabteilung. Immerhin darf man nicht vergessen, dass er ein fast zehn jähriger Junge war, wenngleich er in einem Körper eines Mannes steckte der 25 oder sogar 30 Jahre alt war. Es fiel ihm erst auf, als sie die Kinderbibliothek erreichten, denn dafür mussten sie die Treppe zum 1. Stockwerk nutzen.
„Bin ich blöd“, sagte er zu sich und haute sich dabei leicht mit der flachen Hand auf seine Stirn.
„Hä, wieso?“ fragte Bartholomäus verwirrt.
„Das ist der Kinderbereich“, antwortete er und schnappte sich zur Demonstration ein Bilderbuch, „hier gibt es sicherlich nichts, was wir brauchen, sondern nur Kinderkrams. Sowie das hier…“
Er streckte es Bartholomäus entgegen und dieser schnappte sich es. Er betrachtete es für einen Moment. Es war grün und vorne drauf befanden sich Menschen und eine Art Monster. Das Buch hieß „Die Helferlys und der gemeine Grippus“.
„Nee, das hilft uns nicht weiter“, meinte Bartholomäus und musste etwas lachen, während er den Text auf der Rückseite las, „dies hier handelt von einem Jungen, der eine Grippe bekommt und den Helferlys, wie sie sich wehren…“
„Nun pack‘ es schon weg“, sagte Tjalf etwas energischer, denn er dachte, dass sein Freund ihn veralbern wollte, „wir müssen in den Erwachsenenbereich.
„In Ordnung“, sprach Bartholomäus und legte es zurück ins Regal.
Tjalf und Bartholomäus gingen danach zur Erwachsenenabteilung. Hier war Tjalf noch nie zuvor, deshalb musste er sich erstmal orientieren. Es war nicht übertrieben, wenn man behauptete, dass der Venator sich mehr in der Unterwelt auskannte, als in einer Bibliothek für große Menschen.
„Wo sollen wir suchen?“ wollte Bartholomäus wissen, „bei den Romanen oder Fantasy?“
Ehe Tjalf antworten konnte, griff Bartholomäus nach einem Buch und blätterte darin herum.
„Was machst du da?“ fragte Tjalf, der langsam etwas genervt wirkte.
Andererseits war Bartholomäus wohl noch nie in einer Bibliothek- so war dann Tjalfs Vermutung. Daher musste er Geduld haben, aber die hatte nun mal nicht, wenn es um das Leben seines Bruders und einer Freundin ging. Tjorven war für ihn der letzte Rest an Familie, denn er hatte und daher hing er so sehr an ihm. Zugleich plagten ihn immer noch Schuldgefühle.
„Ich gucke“, antwortete Bartholomäus, „es gibt so viele interessante Geschichten- diese hier heißt „Obscura- Dunkle Kreaturen Part 1: Prophezeiung. Da geht es…“
„Stopp!“ rief Tjalf und unterbrach seinen Freund.
Gleichzeitig schauten die Leute, die sich in der Bibliothek befanden, denn Tjalf war laut und das war in einer solchen Einrichtung verpönt. Das wusste Tjalf natürlich, nur hatte er sich durch den Druck, den er verspürte, dazu hinreißen lassen.
„Ist ja gut, ich lege es schon weg“, entgegnete Bartholomäus daraufhin, „mir ist es ebenso wichtig, deinen Bruder und Hanna zu befreien.“
Tjalf war bewusst, dass Bartholomäus ebenfalls mit Hanna befreundet war und sie im Grunde sogar länger kannte als er. Es ging hier um die Rettung einer Freundin von beiden, aber Tjorven war Tjalf alleinige Angelegenheit.
„Schauen wir bei Geschichte und Philosophie nach, dann bei Mythen und Sagen und zum Schluss bei Religion“, schlug Tjalf vor und klang dabei sehr strukturiert.
„Vielleicht gucke ich bei Mythen und Sagen nach, während du bei Geschichte nachschaust“, bot Bartholomäus an, „du meintest doch vorhin etwas von Arbeitsteilung…“
„Na gut“, sagte Tjalf, obwohl er es nicht leiden konnte, wenn ihm jemand seine eigenen Worte vorhielt, „machen wir es so.“
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