Als entschiedene Pazifistin lehnte ich jeden Umgang mit ‚Waffen’ als Spielzeug ab. Spielzeugpistolen waren für mich tabu. Glücklicherweise hatte ich keine Auseinandersetzungen mit Julia und Lena bezüglich ‚Kriegsspielzeugs’, sie waren daran nicht interessiert und ich war froh darüber. Ungefähr dreimal beobachtete ich Lena, wie sie während eines Spaziergangs ein Holzstöckchen aufnahm, es wie eine Pistole hielt und ‚peng, peng’ sagte. Mehr Krieg spielen war nicht. Ich nahm es mit einem leisen Lächeln. Wurden mit anderen Eltern Gespräche über ‚Bundeswehr ja oder nein’ diskutiert, vertrat ich vehement die Ansicht: hätte ich einen Jungen, der sich zur Bundeswehr melden und nicht verweigern würde, hätte ich in meiner Erziehung etwas falsch gemacht.
Im Grundschulalter spielte Lena mehr mit Jungen, da es in ihrem Jahrgang in unserem Dorf nur ein Mädchen gab, mit ihm wollte sie nicht spielen.
Eine kurze Episode lang schloss sich Lena der Freiwilligen Feuerwehr an, sie kam stolz in einem Blaumann und Helm nach Hause und erzählte vom Schlauch halten und von Löschaktionen. Die Episode ging vorbei. Beide Kinder besuchten einen Ballettunterricht und hatten Freude daran, Julia um Jahre länger als Lena.
Beide bestanden mit sechzehn ihren Motorrollerführerschein und teilten sich einen Roller, mit dem sie ihren Vater und die Großeltern besuchten. Zunächst saß Lena auf dem Rücksitz, später Julia. Lena wechselte auch mit großer Selbstverständlichkeit die Reifen an unserem gemeinsamen Auto. Besonders im Winter hatte sie dabei Julias und meine größte Hochachtung. Während wir uns fröstelnd im Hauseingang versteckten, fuhrwerkte Lena mit Autoheber und Kreuzschlüssel herum, bockte das Auto hoch, hievte die Räder an und schraubte fest. (Ich hatte in meiner Jugendzeit auch eine Phase, in der ich es als emanzipierte Frau als selbstverständlich erachtete, die Reifen selbst zu wechseln, heute denke ich schon lange, dass ich jederzeit diese Aktion von einem Mann erledigen lasse, ich hasse Reifenwechseln, wie bereits erwähnt).
Heute sind meine Töchter erwachsen und leben in einer gleichberechtigten Partnerschaft. Sie teilen sich Hausarbeit und andere Tätigkeiten, planen wichtige Entscheidungen gemeinsam, lassen sich Freiräume und zermürben sich nicht in Frauen-Männer-Grabenkämpfen. In meinem familiären Umfeld und auch in vielen anderen gesellschaftlichen Bezügen erkenne ich die Veränderung bzw. Entwicklung zu meiner eigenen Zeit zwischen zwanzig und dreißig, ich hatte viel mehr Kämpfe auszutragen: wer dominiert, wer passt sich an. Eine Antwort auf die Frage, warum dies so war, kann ich trotz intensiver Hinterfragung und Beschäftigung meiner eigenen ‚Männerthematik’ nicht eindeutig geben. Ich komme beim Nachdenken auf mehrere Faktoren, die ineinander greifen:
Die Thematisierung des ‚Männer-Frauen-Verhältnisses’ der letzten Jahrzehnte zeigt Wirkung, Frauen entwickelten Selbstbewusstsein, Männer sind zu Einsichten bereit, die Auswahl der Partner, deren Charakter und Sozialisation spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Der stereotype Begriff der ‚Gleichberechtigung’ hat sich entwickelt, manifestiert und teilweise realisiert. Auch hier ist sicherlich der Standpunkt, die Perspektive, das Bewusstsein entscheidend, aus dem, aus der die Umsetzung in ‚gelebte Gleichberechtigung’ erfolgt. Schichtenspezifisch sind gravierende Unterschiede im Denken und Handeln existent, so dass von einer einheitlichen praktizierten Gleichberechtigung der Geschlechterrollen auch heute keine Rede sein kann. ‚Man/frau ist auf dem Weg’, der eine Weg ist bereits länger beschritten, am anderen beginnt man/frau erst.
Ein persönliches Beispiel verdeutlicht die Entwicklung unserer Gesellschaft bezüglich des rollenspezifischen Geschlechtsverhaltens: ich hatte mit Freunden das bekannte Cabaret-Stück ‚Caveman’ gesehen und schenkte meiner Tochter und ihrem Partner zwei Karten dafür. Nachdem die beiden das Stück gesehen hatten, fragte ich, wie es ihnen gefallen hätte. O-Ton meiner Tochter und Bestätigung durch ihren Partner: Naja, ganz schön platt. In eurer Generation war das vielleicht noch so, aber bei uns läuft das nicht mehr so männer-frauen-spezifisch, da sind wir weiter. Janis kauft sich seine Klamotten selbst, braucht lange beim Aussuchen und hat seinen eigenen Geschmack. Das Stück ist viel zu einseitig und frauenfeindlich.
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