Plötzlich saß ich auf einer großen, sattgrünen Wiese direkt an einem Flussufer. Auf der anderen Seite des Flusses war ein Wald. Der Fluss war vielleicht acht oder zehn Meter tief, und er war so klar, dass ich bis auf den Grund sehen konnte. Dort lagen helle, leuchtende Steine in den schönsten Farben. Es war surreal, so glasklar, ja durchsichtig war dieser Fluss; er schien absolut rein, ohne auch nur die geringste Verschmutzung.
Dann hörte ich Musik, ganz leise und zärtlich, und sie schien von überallher zu kommen. Ich saß da auf dieser Wiese und fühlte mich vollkommen glücklich und frei, so wie nie zuvor in meinem Leben. Das Wort „Glück” kann mein Befinden an diesem Ort nicht annähernd beschreiben, es war magisch, himmlisch, jenseits aller Worte. Jetzt realisierte ich: Ich bin tot und das hier muss der Himmel sein. Ich hatte das Gefühl, dass mein Geist durch alles, was ich hier sah und fühlte, komplett gereinigt wurde. Auf der anderen Seite des Flusses, etwa fünfzig Meter von mir entfernt, befand sich eine Wand aus wundervollen, perlfarbenen und schimmernden Steinen. Hinter dieser Wand hörte ich Musik und Stimmen von Menschen.
Sie sangen, sie redeten und lachten, und alle schienen vollkommen glücklich zu sein. Die Musik und auch die Stimmen waren viel klarer, reiner und intensiver, als man sie auf der Erde kennt. Und auch die Farben hier waren so klar, leuchtend und durchdringend, wie man sich das nicht vorstellen kann. Ich stand da an diesem Flussufer und wollte irgendwie über den Fluss zu dieser Wand, wollte mit den Menschen auf der anderen Seite sprechen. Aber es ging nicht, ich konnte mich nicht von der Stelle rühren. Ich hörte einfach nur diese glücklichen, singenden und lachenden Stimmen hinter der Mauer.
Wie ich so am Fluss stand und all diese Eindrücke auf mich wirken ließ, wurde es plötzlich wieder ganz hell um mich und ich war eingehüllt in dieses helle, strahlende und warme Licht. Ich hatte schon von Nahtoderfahrungen und diesem Licht gehört, aber ich hätte niemals gedacht, dass ich selbst so etwas einmal erleben würde. Nicht in meinen kühnsten Träumen hätte ich mir das vorstellen können. Ehrlich gesagt, glaubte ich, dass all diese Menschen, die solche Dinge erzählen, Spinner und Fantasten sind. Und jetzt bin ich selbst mittendrin! Ich spürte, dass dieses Licht eine Seele, einen Geist hatte und es ging eine unbeschreibliche, bedingungslose, vollkommene Liebe von ihm aus. „Ja, hier will ich bleiben, das ist mein Zuhause”, dachte ich in diesem Moment.
Das Nächste, an das ich mich erinnere, war, dass ich in einem Krankenwagen saß und auf den Körper eines Menschen sah. Sein Gesicht war total aufgedunsen, und ich wusste nicht, wer das war. Ein heftiger Schreck durchfuhr mich, als ich die Uhr am Handgelenk dieser Person sah: „Das bin ja ich!”, realisierte ich völlig schockiert. Eine Krankenschwester massierte mein Herz, während der Arzt eine Spritze vorbereitete. Und obwohl ich direkt neben den beiden saß, konnten sie mich nicht sehen. „Er atmet seit mehr als fünf Minuten nicht mehr, soll ich weitermachen?”, fragte die Schwester den Arzt. „Natürlich, was denn sonst?!”, schnauzte er sie an.
Ein paar Minuten später kamen wir im Krankenhaus an, wo ich sofort in den Operationssaal gebracht wurde. Ich schwebte die ganze Zeit etwa drei Meter über meinem Körper, und ich konnte alles sehen und hören, was vor sich ging. Ich befand mich in dieser Zeit zwischen dem Paradies mit der Wiese und dem Fluss, wo ich herkam, und meinem Körper, also in einer Art geistigen Zwischenwelt. Ein paar Minuten vor dem Ende der Operation sprang ich, beziehungsweise mein Geist, wieder zurück in meinen Körper.
Zwei Tage später wachte ich auf der Intensivstation auf, angeschlossen an eine Herz-Lungen-Maschine. Ich war allein im Zimmer und erinnere mich, wie dieses Gefühl von Liebe und Freude immer noch mein ganzes Wesen durchdrang; so, als säße ich noch an diesem Fluss. Ich erholte mich langsam, aber stetig, und nach zehn Tagen konnte ich die Klinik verlassen. Eine Krankenschwester fragte mich, weshalb ich während meines ganzen Aufenthaltes immer so ein glückseliges Lächeln im Gesicht hatte. Aber ich wollte und konnte ihr darauf keine Antwort geben. Es war einfach zu groß, zu unbeschreiblich, um es in Worte zu fassen. Und ich bin sicher, dass sie mich sowieso nicht verstanden hätte. Vermutlich hätte sie gedacht, ich sei übergeschnappt oder von den vielen Medikamenten noch benebelt.
Deshalb behielt ich mein Geheimnis für mich. Als ich das Krankenhaus verließ, war ich nicht mehr derselbe Mensch. Dieses durchdringende Gefühl von Liebe, Frieden und Geborgenheit auf jener Wiese hat mein komplettes Wesen verändert, für immer; ich war vollkommen transformiert. Ich fühle mich heute so sauber, so rein und so glücklich, dass ich es nicht mit Worten zu beschreiben vermag. Ich kann Liebe geben und empfangen, wie ich das niemals zuvor konnte. Ich kann auf niemanden mehr böse sein, niemandem mehr etwas nachtragen, auch wenn ich Grund dazu hätte. Ich werde nicht mehr nervös und gereizt und kann alle Begebenheiten, auch negative, demütig und geduldig annehmen.
Kein schlechtes Wort kommt mehr über meine Lippen, und ich habe seither auch nie mehr geflucht. Manchmal habe ich beinahe Angst vor mir selbst, denn nichts mehr an mir ist so, wie es vorher war. Natürlich wunderten sich alle über meinen radikalen Wandel, aber ich behielt meine Erfahrung über vier Monate lang für mich, weil ich einfach noch nicht bereit war, darüber zu sprechen. Und ich war auch nicht fähig dazu. Im Herbst war es dann so weit und ich versuchte, meiner Familie und den besten Freunden zu erzählen, was mit mir geschehen war. Aber immer, wenn ich anfing, blieben mir die Worte nach zwei, drei Sätzen im Mund stecken und Tränen schossen mir in die Augen wegen der Glücksgefühle, die wieder in mir hochkamen.
Ich habe es mindestens zehn Mal versucht und immer war es das Gleiche; nach den ersten paar Sätzen begann ich zu weinen und konnte nicht weitersprechen. Und zudem hätte es gar keine Worte gegeben, um zu beschreiben, was ich erlebt hatte; man kann mit unserer irdischen Sprache kein außerirdisches Erlebnis beschreiben, das geht einfach nicht. „Es muss doch eine Möglichkeit geben, wie ich meine Emotionen in den Griff bekomme und endlich über mein Erlebnis sprechen kann”, sagte ich mir. Ich wollte meiner Familie ja darüber erzählen. Ich wollte sie teilhaben lassen an meinem Glück, wollte ihnen erklären, warum ich seit jenem Tag nicht mehr derselbe bin.
Dann betete ich jeden Abend vor dem Schlafengehen und jeden Morgen vor dem Aufstehen: „Bitte, lieber Gott, ich habe deinen Garten gesehen, gib mir die Kraft und die Ruhe, dass ich allen Menschen davon erzählen kann.” Es vergingen etwa zwei Monate, als ich auf die Geburtstagsparty eines Freundes eingeladen war. Kurz bevor ich nach Hause gehen wollte, erzählte eine Frau ganz beiläufig von einem Buch von Don Piper „90 Minuten im Himmel”, und ich war augenblicklich wie elektrisiert. Ich spürte, dass Gott meine Gebete endlich beantwortet hatte, und eilte gleich am nächsten Morgen in eine Buchhandlung, um dieses Buch zu kaufen. Ich ging auf direktem Weg nach Hause, schloss mich ins Schlafzimmer ein und begann, das Buch zu lesen; ja, ich verschlang es richtiggehend, vom ersten bis zum letzten Buchstaben.
Mit jeder Seite schlug mein Herz schneller vor Aufregung, und nach den ersten vier Kapiteln war ich schockiert, wie ähnlich die Erfahrung von Don Piper meiner war. Der beste Teil war der, als Don erzählte, wie er zuerst einfach keine Worte gefunden hatte, um sein Erlebnis im Himmel zu beschreiben, und er sich jahrelang gedulden musste, bis es ihm endlich gelang. Auch er spricht über die wundervollen Farben, die er nie zuvor in seinem Leben gesehen hatte. Er war in der genau gleichen Situation wie ich, hatte mit seinen Augen gesehen, was ich gesehen hatte und die Gefühle empfunden, die auch ich empfunden hatte.
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