Es fühlte sich an, als wenn mich eine klare, deutliche Botschaft durchfuhr, und ich wusste in diesem Moment genau, dass ich zurückmuss. Ich hatte Angst, in dieses Licht zu gehen, denn ich war mir ganz sicher, dass ich dann meine Familie nie mehr sehen werde. Im selben Augenblick fühlte ich, wie ich rückwärts gezogen wurde, weg von diesem Licht, zurück in die Dunkelheit, den gleichen Weg zurück, den ich gekommen war.
Und plötzlich waren die heftigen, beinahe unerträglichen Schmerzen wieder da, aber ich war gleichzeitig auch glücklich und erleichtert, dass ich wieder in meinem Körper war; dass ich mich spürte. Der Arzt erklärte mir später, dass ich aus unerklärlichen Gründen einen Schock erlitten und mein Herz zwei Minuten lang stillgestanden hätte. Ich hatte nie an Gott geglaubt, und ich hatte mich nie mit dem Tod auseinandergesetzt. Ich war wohl eine typische Atheistin und glaubte nicht an eine Kraft, die größer und stärker als ich selbst war. Ich war also in keiner Weise ein religiöser Mensch. Ich hatte meine Familie, meine Freunde, meinen Job und lebte einfach in den Tag hinein. Ich glaubte an Zufälle, an Glück und Pech und daran, dass es weder einen Himmel noch eine Hölle noch sonst irgendetwas nach dem Tod gibt.
Wenn man tot ist, ist einfach alles aus und vorbei, fertig, mehr gibts nicht. So naiv war ich, bis zu diesem 18. August im Gebärsaal des Krankenhauses, dem Tag meines Erwachens.
Als es schwarz um mich wurde, waren da eigentlich keine Emotionen. Das Einzige, an das ich dachte, war, dass ich jetzt wohl tot bin. Es kam mir so seltsam vor, aber es war überhaupt nicht beängstigend, im Gegenteil: Ich fühlte mich vollkommen entspannt, von innerem Frieden erfüllt, und als dann dieses Licht kam, war ich nicht einmal sonderlich überrascht. Es passierte einfach und ich akzeptierte es, ließ es über mich ergehen. Es war so, als wenn etwas tief in mir drinnen schon immer gewusst hätte, dass es so kommen würde; dass der Tod nicht nur ein Ende, sondern auch ein Anfang in einer anderen Welt ist.
Es fühlte sich einfach perfekt an. Denn aus einer Situation voller Angst und starker Schmerzen wurde ich plötzlich an einen Ort der Ruhe und des Friedens katapultiert. Einen kurzen Moment lang fragte ich mich, ob ich das alles vielleicht träume. Aber die Situation war genauso real wie die Realität, in der ich jetzt lebe. Mehr noch; die Gefühle des Friedens und der Ruhe waren viel intensiver, als ich diese jemals vorher empfunden hatte. Es war real, absolut real.
Ich hatte vorher noch nie von Nahtoderfahrungen gehört und kannte auch niemanden, der so etwas erlebt hat. Also behielt ich meine Erfahrung über ein Jahr lang für mich und erzählte niemandem davon, nicht einmal meinem Mann.
Ich glaubte, dass man mich für verrückt halten würde, aber irgendwann konnte ich einfach nicht mehr schweigen, ich musste mit jemandem darüber reden. Also erzählte ich es nach etwa einem Jahr meiner Mutter. Sie war sehr betroffen, schaute mir lange in die Augen und sagte: „Jetzt verstehe ich.”
Zuerst war mir nicht klar, was sie damit meinte, aber dann verstand auch ich. Denn seit der Geburt meines zweiten Sohnes, seit jener Nacht, haben sich viele kleine Dinge in meinem Leben geändert.
Dieses erste Jahr fragte ich mich immer wieder, warum gerade ich diese Erfahrung machte und was sie wohl für mich bedeuten sollte. Ohne dass ich es bewusst realisierte, war ich nach jenem Erlebnis nicht mehr derselbe Mensch. Ich begann zum Beispiel mit Yoga, obwohl ich mich nie vorher mit diesem Thema befasst hatte. Durch das Yoga wurde ich auch Vegetarierin und bin heute sogar Veganerin.
Und das, obwohl ich immer eine leidenschaftliche Fleischesserin war. Wie liebten wir doch immer unsere Grillpartys mit den saftigen Steaks, den knusprig braunen Hähnchenflügeln und den würzig marinierten Spareribs. Fleisch kam bei uns jeden Tag auf den Tisch, es war unser Hauptnahrungsmittel. Mein Bewusstsein und Mitgefühl für alle Lebewesen wurden seit diesem Tag jedoch viel intensiver. Es ist mir nicht mehr egal, dass Tiere leiden müssen, nur damit ich jede Woche eine Grillparty feiern kann.
Ich entwickelte auch einen unheimlichen Wissensdurst. Ich habe mich an einem Abendkurs für Philosophie und Geschichte eingeschrieben. Ich lese dreimal so viele Bücher wie vor meinem Erlebnis, und ich besuche Seminare und Vorlesungen über die verschiedensten Themen. Irgendetwas in mir drängt mich seither einfach, Wissen anzusammeln.
Warum ich mich von jenem Tag an so veränderte, weiß ich nicht. Aber es ist mir auch egal, es macht mir riesigen Spaß, und es fühlt sich einfach gut an. Auch mein Umfeld hat sich komplett verändert. Neue Menschen sind in mein Leben gekommen und die meisten, mit denen ich vorher Kontakt hatte, sind gegangen.
Meine Tage sind ausgefüllter, strukturierter und irgendwie viel sinnvoller geworden. Ja, mein ganzes Leben ist heute viel reicher und befriedigender als je zuvor. Und etwas ganz Entscheidendes hat sich mir für immer eingeprägt: Ich muss nie mehr Angst haben vor dem Tod, denn diesen gibt es nicht. Es gibt nur ein Übergleiten in eine andere Dimension, in eine andere Welt, und die ist einfach wunderbar. Ich freue mich schon jetzt auf den Tag, an dem ich erleben werde, wie es in diesem Licht weitergeht.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.