Jens Hoffmann
Simon Knox und die Prophezeiung Asragurs
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Inhaltsverzeichnis
Titel Jens Hoffmann Simon Knox und die Prophezeiung Asragurs Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
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„Simon, raus aus den Federn, du Schlafmütze. Wir sind spät dran. In fünfzehn Minuten gibt’s Frühstück“.
Patricia Knox riss die Tür zum Zimmer ihres Sohnes auf; schnell waren die Vorhänge zur Seite gezogen und das Fenster geöffnet. Ein wunderschöner Sommertag kündigte sich an und ein laues Lüftchen wehte vom Hafen her zum Fenster herein, was Simon, von dem nur ein Büschel roter Haare unter der Bettdecke hervor lugte, nicht sonderlich beeindruckte, geschweige denn ihn zu irgendeiner Regung ermutigte.
Etwas entnervt fuhr Patricia sich durch die noch zerzausten, blonden Haare, zupfte ihren pinkfarbenen Morgenmantel zu recht und riss entschlossen an der Bettdecke ihres Sohnes, die daraufhin in hohem Bogen neben dem Bett landete.
„Vergiss nicht, dir die Zähne zu putzen und mach schnell. Gepackt hast du ja auch noch nicht“, bemerkte sie zähneknirschend, als sie die am Vorabend sorgsam gebügelten T-Shirts noch immer auf der Kommode liegen sah. Sie rauschte aus dem Zimmer und Simon hörte, wie die Treppe unter ihren eiligen Schritten, auf dem Weg nach unten, in die Küche, knarrte.
„Noch fünf Minuten“, dachte er sich und drehte sich noch einmal auf die andere Seite. Das Klappern von Geschirr, der Duft von frischem Toast, Eiern und Speck, ließ ihn schließlich munter werden. Er räkelte und streckte sich, bevor er langsam die Augen öffnete. Meeresluft stieg ihm durch die geöffneten Fenster in die Nase. Er lauschte dem geschäftigen Treiben vom Hafen sowie den vereinzelten Schreien der scheinbar nimmersatten Möwen, die sich jeden Tag aufs Neue, um die Fischabfälle stritten, die von den Fischern ins Hafenbecken geworfen wurden.
„Endlich Ferien“, freute er sich.
Simon hatte ohne nennenswerte Schwierigkeiten die fünfte Klasse hinter sich gebracht. Er war elf Jahre alt, hatte feuerrote, struppige Haare, Sommersprossen und freche braune Augen. Für sein Alter war er vielleicht etwas zu klein geraten. Und leider auch etwas zu pummelig, was ihm in der Schule die eine oder andere Hänselei einbrachte. Die Tatsache, dass er gerne vor sich hin träumte und nicht immer ganz bei der Sache war, trug nicht gerade dazu bei, dass er besonders viele Freunde um sich versammelte. Eigentlich hatte er nur einen guten Freund: Richard Dawson, kurz Richie genannt, der ebenso wie er ein wenig anders war als die anderen. Richard war auch elf Jahre alt, ging in dieselbe Klasse wie Simon und trug eine dicke Hornbrille. Darüber hinaus war Richie so ziemlich der Größte in der Klasse mit dunklem, ordentlich gescheiteltem Haar. Er war schlaksig und wirkte manchmal etwas unbeholfen, geradezu schusselig. Aber er war Simons bester Freund.
Während sich die meisten Mitschüler seiner Klasse nach der Schule zum Fußball, Kricket oder ähnlichem verabredeten, stromerten die beiden Freunde liebend gern durch den Hafen. Beide interessierten sich brennend für die Schiffe, die den Hafen von Portsmouth täglich anliefen. Sie fotografierten jeden Neuankömmling, klebten die Bilder in ein Album und spannen ihre eigenen Geschichten um die Herkunft und die abenteuerlichen Reisen der Jachten, Kutter und Containerschiffe.
Aber jetzt waren Ferien und Simon und Richie würden keine neuen Bilder in ihr Album kleben können, da Simon den Sommer über bei seiner Großtante Abygale verbringen sollte. Diese lebte, gute fünf Stunden von Portsmouth entfernt, in einem kleinen Dorf am Meer, in der Grafschaft Devon. Noch ahnte Simon nicht, dass er seinen Freund Richie schon sehr bald wieder sehen sollte und auf beide das Abenteuer ihres Lebens wartete.
„Simon, die Eier werden kalt“, ertönte, die jetzt schon leicht gereizt klingende Stimme seiner Mutter, aus der Küche. Scheinbar hatte sie sich an der Pfanne verbrannt, denn sie fing auf einmal laut an zu fluchen.
„Bist du wach?“, rief sie aus der Diele die Treppe hinauf.
„Wie kann man nur solange brauchen, um aus dem Bett zu kommen“, seufzte Patricia, ging zurück in die Küche und goss sich eine Tasse frischen Kaffee ein.
Ihr war nicht wirklich wohl bei dem Gedanken, Simon die ersten Wochen seiner Ferien zu Tante Abygale zu schicken. Aber seit sie sich von Eduard Knox, Simons Vater, vor zwei Jahren getrennt hatte, war eben nichts mehr wie es vorher einmal war. Sie waren nach Portsmouth gezogen und Patricia hatte im letzten Jahr wieder angefangen, als Lektorin, in einem Londoner Verlag, zu arbeiten.
Grundsätzlich hatte sie recht viel Zeit für sich und ihren Sohn, da sie einen Großteil ihrer Arbeit von zu Hause aus erledigen konnte. Aber diesen Sommer standen wichtige Seminare und Buchbesprechungen in ihrem Terminkalender, die sie nicht so ohne weiteres aufschieben konnte. Tante Abygale hatte ihr ohne zu zögern angeboten, dass Simon einen Teil seiner Ferien ja auch bei ihr verbringen könne. Sie mochte den Jungen sehr, zumal sie nie eigene Kinder hatte.
Patricia sah aus dem Küchenfenster in den Vorgarten ihres kleinen aber gemütlichen Hauses. Simon würde einen schönen Sommer am Meer verbringen können. Er liebte das Wasser, den Strand und natürlich auch den Hafen mit seinen kleinen, bunten Häusern und den Fischerbooten. Sie atmete einmal tief ein, verscheuchte ihr schlechtes Gewissen und machte sich daran, Sandwiches für Simons Zugfahrt zu richten.
Simon reckte und streckte sich, setzte sich auf, wuschelte sich durch die roten Haare und rieb sich verschlafen die Augen. Er gähnte und schaute sich in seinem Zimmer um. Er hatte überhaupt gar keine Lust sich Gedanken darüber zu machen, was er nun einpacken sollte und was nicht. Ein paar T-Shirts, Shorts, seine Lieblingsjeans und eine Jacke. Das sollte wohl reichen, dachte er. Hätte er noch aufräumen sollen, fragte er sich, krabbelte aus seinem Bett und sah sich unschlüssig in seinem Zimmer um. Nun ja, wirklich ordentlich war es hier tatsächlich nicht. Eigentlich lagen überall Sachen herum: verschiedene Einzelteile zu noch nicht ganz vollendeten Schiffsmodellen, Comics unter und neben dem Bett, zahlreiche Fotografien von Schiffen, die er und Richie noch nicht in ihr Album geklebt hatten, und so weiter. Auch sein Schreibtisch, der unter dem großen Dachfenster stand, hätte durchaus eine ordnende Hand gebraucht. Aber darum konnte er sich auch nach seinen Ferien noch kümmern, entschied er, krabbelte auf den Schreibtisch und sah aus dem Fenster in Richtung Hafen.
Irgendetwas an diesem Montagmorgen war anders als gewöhnlich. Sicher, es war der erste Tag der Sommerferien. Aber das war es nicht. Hatte er heute Nacht nicht ein Gesicht an seinem Fenster gesehen? Oder hatte er einfach nur geträumt? Er konnte sich nicht erinnern. Er ließ den Blick vom Hafen zurück über das Dach schweifen. Etwas blitzte in der Morgensonne und zog Simons Aufmerksamkeit auf sich. Unterhalb seines Fensters war ein kleines, rundes Ding zwischen den Dachschindeln eingeklemmt.
Vielleicht eine Münze? Nein, eine Münze konnte das wahrlich nicht sein. Er ließ ja gerne mal seine Murmeln das Dach hinunter in die Dachrinne kullern, um sie später unten im Garten, aus der Regentonne zu fischen. Aber eine Münze? Ausgeschlossen! So viel Taschengeld hatte er nun auch wieder nicht, um es in verschwenderischer Weise aus dem Fenster schleudern zu können.
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