„Ihr spart euch mindestens einen Tag des Weges, oder mehr.“
„Und sagst du uns auch wie?“, fragte Richie neugierig nach.
„Vor ein paar Jahren habe ich einen Tunnel bis kurz vor das Ufer des Flusses Andal gegraben. Meine Frau lag mir damit seit einer halben Ewigkeit in den Ohren. Wir leben in einer gefährlichen Zeit. Und sie wollte unbedingt einen sicheren Weg zum Wasser, damit sie auch weiterhin ihre heißgeliebten Schilfschösslinge ernten konnte. Es wäre mir eine große Ehre, euch beide durch diesen Gang führen zu dürfen“, bot der Wullom Simon und Richie großzügig seine Hilfe an.
Die beiden waren hellauf begeistert und nachdem sie noch ein Weilchen im Schatten gesessen und mit Biggs geplaudert hatten, folgten sie ihm in ein weit verzweigtes Netz aus Gängen, tief unterhalb der Moorebene.
Auf allen vieren, in der Dunkelheit, hinter ihrem neuen Freund her kriechend, bemerkten Simon und Richie, wie es allmählich immer heller wurde.
Biggs führte sie in eine erleuchtete Höhle, in der sie endlich aufrecht stehen und sich umsehen konnten.
„Das hier ist mein Reich“, erklärte der Wullom mit einer ausladenden Geste und ließ die Schönheit dieser Höhle auf die Jungen wirken.
Sie standen in einer großen Felsengrotte, in deren Wänden hell leuchtende und schimmernde Kristalle eingeschlossen waren, die diesen Ort in ein warmes aber auch mystisches Licht tauchten. Simon und Richie waren sprachlos und konnten kaum glauben, was sie da sahen und welche Pracht sie umgab. Simon fand als erster die Sprache wieder.
„Ist das schön hier unten! Wie ist es möglich, dass diese Steine, so viele Meter unter der Erde, leuchten können?“, wandte er sich fragend an Biggs und betastete fasziniert die warmen und leuchtenden Kristalle.
„Tja, berechtigte Frage, mein Freund. Das kann ich dir aber auch nicht so genau erklären. Es heißt, es liege ein Zauber auf diesen Steinen. Jedenfalls nennen wir sie Sonnenkristalle, weil sie unsere Höhlen in helles und wärmendes Licht tauchen, ohne dass wir hier unten nicht leben könnten. Ich denke, ihr werdet ein paar von ihnen auch in Leyhda wiederfinden“.
Biggs sah sich suchend in der Höhle um und Simon und Richie staunten nicht schlecht, als er sich plötzlich, in atemberaubender Geschwindigkeit, kopfüber, in den Höhlenboden grub. Nach ein paar Augenblicken hörten sie ihn schnaufend zurückkommen. In seinen Pfoten hielt er einen besonders hellen und runden Kristall.
„Also meinetwegen können wir aufbrechen“, schlug er vor, hüpfte aus seinem Loch und verschwand in einem der zahlreichen Gänge, die von der Höhle abzweigten.
„Passt auf, wo ihr hintretet“, rief er seinen Begleitern zu. „Hin und wieder gibt es hier tiefe Löcher im Gang, und hier und da können auch ein paar Baumwurzeln im Weg sein“, warnte er sie und wuselte, ihnen voran, den Gang ausleuchtend, immer tiefer ins Erdreich hinein.
Simon und Richie war nicht ganz wohl bei der Sache. Es gab Abschnitte, in denen sie nur gebückt laufen konnten und schmale Gänge, durch die sie nur auf dem Bauch kriechend vorankamen. Aber wenn sie auf diese Weise schneller an ihr Ziel kamen, sollte es ihnen recht sein. Und so folgten sie Biggs, ohne zu murren, durch die Dunkelheit.
Eine gefühlte halbe Ewigkeit später bemerkten Simon und Richie wie der Tunnel langsam anstieg. Und schneller als erwartet, konnten sie dem dunklen Gang entsteigen. Es dauerte ein Weilchen, bis sich ihre Augen wieder an die Sonne gewöhnt hatten. Biggs breitete seine erdigen Pfoten aus, hielt die Nase in den Wind und sog die laue Sommerluft tief ein.
„Ach, ist das ein herrlicher Tag“, seufzte er zufrieden.
Simon und Richie sahen sich neugierig um. Sie waren in unmittelbarer Nähe eines kleinen Sees an die Oberfläche gekommen, der ruhig und friedlich in der Nachmittagssonne glitzerte.
„Wo genau sind wir?“, fragte Simon ihren haarigen Freund, der es sich, mit einem langen Grashalm zwischen den Zähnen, im weichen Heidekraut bequem gemacht hatte und vor sich hin döste.
„Wir sind nicht weit vom Fluss Andal entfernt. Hört ihr das leise Donnern und Rauschen? Der Fluss braust hier noch einmal richtig auf, bevor er dann, über die Klippen, ins Meer stürzt. Ein alles mit sich reißender Strom und ihr solltet seine Kraft niemals unterschätzen“, warnte der Wullom die Neuankömmlinge besorgt. „Bis zur Brücke ist es nicht mehr weit. Ihr umrundet jetzt den See gen Westen und werdet dann schon bald die gewaltige Brücke erkennen können“, beendete Biggs seine Wegbeschreibung und träumte weiter vor sich hin.
Dieser Ort lud tatsächlich zum Verweilen ein, befanden Simon und Richie. Schnell waren Schuhe und Strümpfe ausgezogen und schon wateten sie in dem herrlich klaren und kühlen Wasser umher. Sie machten sich etwas frisch, ließen Steine über das Wasser springen und bestaunten fasziniert die vielen bunten Libellen, die hier herumschwirrten. Nur ein paar Meter weiter, versammelte sich ein Schwarm hellgelber Schmetterlinge am Ufer, offensichtlich eine Erfrischung suchend, genau wie Simon und Richie.
Aber so schön es hier auch war, sie konnten nicht den Rest des Tages hier vertrödeln. Und so entschied Simon, dass es Zeit war aufzubrechen. Biggs schien die gleiche Idee zu haben und er wandte sich mit ernster Miene an die Jungen.
„Ihr habt noch viel vor euch, meine Freunde. Und ich hoffe Asragurs Geist möge mit euch sein, auf das Morana wieder mit Hoffnung in die Zukunft blicken kann. Geht nun zu Elian. Ihm und seinem Volk könnt ihr vollauf vertrauen. Er ist ein alter, weiser Elf und ihr tätet gut daran, ihm Gehör zu schenken und ihm zu folgen. Es wird nur zu eurem Besten sein“, riet ihnen der Wullom.
Zum Abschied überreichte er Simon den Sonnenkristall.
„Ich hoffe wir werden uns eines Tages wieder sehen, Simon Knox. Nehmt diesen Stein und vertraut auf seine wärmende Kraft. Er wird euch sicherlich einmal von großem Nutzen sein.“
„Hab vielen Dank, Biggs. Ohne deine Hilfe wären wir noch nicht so weit gekommen“, sagte Simon und Biggs winkte verlegen ab.
„Viel Glück euch beiden und passt gut auf einander auf“, verabschiedete sich der dicke Wullom und verschwand wieder in seinem Tunnel.
Jetzt waren sie wieder auf sich allein gestellt. Simon packte den Sonnenkristall in seinen Rucksack und sie machten sich auf den Weg, zur großen Felsenbrücke am Fluss Andal.
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