Clochard Raade
Das wundersame Leben des Justin Hoppa
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Inhaltsverzeichnis
Titel Clochard Raade Das wundersame Leben des Justin Hoppa Dieses ebook wurde erstellt bei
Justin Hoppa wird geboren
Wie Justin Hoppa heranwuchs
Justin Hoppa soll arbeiten
Justin findet eine Stelle
Justin hat ein neues Zuhause
Justin bekommt Selbstbewusstsein
Justin wehrt sich
Justin geht nach London
Der alte Russe und seine Schüler
Justin macht bittere Erfahrungen
Justin vor dem Richter
Für Justin wird gesorgt
Justin und seine Bekanntschaften
Eine Prophezeiung
Der alte Russe und Fräulein Lancy
Die Begegnung mit Lancy
Justins zweites Schicksal
Justin der Entführte
Ein denkwürdiger Plan
Justin in der Gewalt von Bill Silles
Unterwegs
Der Einbruch
Herrn Braun und eine Dame
Ein armes Geschöpf
Zurück zu Herrn Morgan und Genossen
Eine geheimnisvolle Person
Herr Braun und Frau Sikkens
Hat Justin überlebt ?
Justin wird wohl sterben
Zwei Damen und Doktor Backfish
Justin in der Enge
Justin und seine Beschützerinnen
Lilly wird krank
Justin und ein neues Abenteuer
Barry Briston und Lilly
Lilly und Barry Teil 2
Gegensätze
Ehepaar Braun und Greck
Greck und der Russe stecken ihr Köpfe zusammen
Eine denkwürdige Zusammenkunft
Neue Überraschungen und Unglücksfälle
Die Jagt beginnt
Ludok kommt in die Patsche
Lancy und Lilly und ein gegebenes Versprechen
Maxwell Clayton in geheimer Mission
Lancy hält ihr Versprechen
Konspiration
Mord und Totschlag an Lancy
Greck und Herr Braunau treffen sich
Die Verfolgung
Geheimnisse und ein Heiratsantrag
Morgans letzte Stunden
Das letztes Kapitel
Impressum neobooks
Justin Hoppa wird geboren
In einer Stadt, die so unbedeutend war, dass selbst der Himmel sie auf lange Sicht aus seinem Gedächtnis gestrichen hatte, befand sich neben einer Gemeindeverwaltung, einer Schule und einer Kirche, auch ein ein Armenhaus. In diesem wurde an einem recht kühlem Tag, es war der letzte Tag des Monats Januar, ein Wesen geboren, dessen Namen in der folgenden Geschichte recht häufig genannt werden wird. Lange noch, nachdem er bereits durch den Armenarzt in dieses irdische Jammertal eingeführt war, blieb es höchst zweifelhaft, ob das Kind lange genug leben würde, um überhaupt eines Namens zu bedürfen. Zuerst einmal war das Kind offensichtlich viel zu früh dran. Es hätte sicherlich noch einige Wochen an dem Ort verbringen müssen, der ihm bis dahin Wärme, Schutz und Nahrung gewährt hatte. Daher fiel es den Beteiligten zunächst ungemein schwer, Justin zu bewegen, die Mühe des Atmens auf sich zu nehmen. Sicherlich ist das Atmen kurz nach der Geburt eine schwere Arbeit. Jedoch ist die Gewohnheit des Atmens zu unserm Wohlbefinden von Natur aus notwendig. So lag er, eine geraume Zeit nach Luft ringend, in einer kleinen Schachtel, wobei sich die Waagschale seines Lebens entschieden einer besseren Welt zuneigte. Wäre Justin damals in die Obhut der modernen Medizin hinein geboren worden, so wäre er unzweifelhaft dem Tode anheim gefallen. So aber war niemand bei ihm als eine arme alte Frau, die infolge ungewohnten Alkoholgenusses ziemlich benebelt war, und ein Armenarzt, der vertragsgemäß bei Geburten Hilfe leisten musste. Justin hatte deshalb die Sache mit der Natur allein auszufechten. Das Ergebnis war, dass Justin nach einigen Anstrengungen atmete, laut nieste und endlich in der Lage war, den Bewohnern des Armenhauses die Ankunft einer neuen Bürde der Gemeinde durch so lautes Schreien anzukündigen, als sich füglich von einem Jungen erwarten ließ, der die ungemein nützliche Beigabe einer Stimme erst seit drei und einer viertel Minute besaß. Auf das Geschrei des Kindes hin, erhob sich das bleiche Gesicht einer jungen Frau mit Mühe von den Kissen und eine schwache Stimme flüsterte kaum vernehmbar: "lassen Sie mich das Kind sehen, dann will ich gern sterben."
Der Arzt saß vor dem Kamin und war bemüht, seine Hände bald durch Reiben, bald durch Ausstrecken über die Kohlen warm zu halten; als aber die junge Frau sprach, stand er auf, trat an das Kopfende des Bettes und sagte mit mehr Freundlichkeit, als man ihm zugetraut hätte: "Oh! Sie müssen nicht vom Sterben sprechen!"
Die junge Frau streckte ihre zitternde Hand nach ihrem Kind aus, und der Arzt legte es ihr in die Arme. Sie küsste es leidenschaftlich auf die Stirn, dann fuhr sie mit den Händen über ihr Gesicht, blickte wild um sich, schauderte, sank zurück - und starb.
"Sie hat es ausgestanden", sagte der Arzt nach einer kurzen Untersuchung zu der alten Frau. "Ihr braucht nicht nach mir zu schicken, wenn das Kind schreit, wahrscheinlich wird es etwas unruhig sein." Er zog bedächtig seine Handschuhe an.
"Ihr könnt ihm dann ein wenig Milchschleim geben."
Er setzte den Hut auf und trat, bevor er das Zimmer verließ, noch einmal ans Bett und sagte:
"Es war ein hübsches Mädchen; woher kam sie?"
"Sie wurde gestern Abend auf Anordnung des Armenvorstehers hier eingeliefert", antwortete die alte Frau.
"Man fand sie auf der Straße ohnmächtig; sie muss weit gelaufen sein, denn ihre Schuhe waren ganz zerrissen, jedoch, woher sie kam oder wohin sie wollte, weiß niemand."
Der Arzt beugte sich über die Verblichene und hob ihre linke Hand hoch.
"Ich sehe schon, es ist die alte Geschichte", sagte er kopfschüttelnd, "kein Trauring. Na! Gute Nacht!"
Er ging zu seinem Abendessen, und die alte Frau setzte sich auf einen Schemel in der Nähe des Kamins und begann das Kind zu kleiden. In der Decke, die Justin bisher umhüllt hatte, konnte man ihn ebenso für das Kind eines Edelmannes als für das eines Bettlers halten. Aber jetzt in dem alten verwaschenen Kinderzeug, das durch wohlwollende Spenden in den Besitz des Armenhauses gelangt war, trug er die Zeichen seiner Stellung, nämlich die eines Gemeindekindes, einer Waise des Armenhauses, einer Kostenstelle der Gemeinde, einer zum Hungern bestimmten Last, die von allen verachtet und von niemand bemitleidet und erst recht nicht geliebt wurde. Justin schrie laut und kräftig; hätte er gewusst, dass er eine Waise, und somit der lieblosen Fürsorge von Armen- und Gemeindevorstehern ausgeliefert war, so hätte er sicherlich noch lauter geschrien.
Wie Justin Hoppa heranwuchs
In den ersten acht oder zehn Monaten war Justin das Opfer eines systematischen Betrugs und fortgesetzter Gaunerei. Er wurde nämlich auf Kosten der Gemeinde aufgepäppelt. Die Armenhausbehörde meldete den elenden Zustand des Waisenkindes pflichtbewusst an den Gemeindevorstand. Dieser forderte einen Bericht darüber, ob sich "in dem Hause" keine Frau befände, die in der Lage sei, dem kleinen Justin Hoppa die Nahrung zu reichen, deren er bedurfte. Die wahrheitswidrige Antwort der Armenhausbehörde fiel verneinend aus, worauf der Gemeindevorstand den hochherzigen Entschluss fasste, Justin in einer fünf Kilometer entfernten Filiale des Armenhauses unterzubringen. Dort wuchsen unter der mütterlichen Aufsicht einer älteren Frau zwanzig bis dreißig andere jugendliche Übertreter der Armengesetze auf, ohne das die Gemeinde von den Kosten für Kleidung und Nahrung allzu sehr belästigt zu wurde. Die Matrone nahm die kleinen Verbrecher gegen eine Entschädigung von wöchentlich zehn Schilling und einem halben Pence pro Kopf auf. Damit lässt sich ein Kind recht gut ernähren. Der Betrag reicht sogar aus, einen Magen zu überladen. Doch nur den der Matrone. Die alte Dame war eine kluge und erfahrene Frau, sie wusste, was für Kinder - und noch mehr, was für sie selber gut war. Sie verwendete den größeren Teil des Kostgeldes zu ihrem eigenen Nutzen und setzte die heranwachsende Jugend auf noch kleinere Rationen, als von der Behörde beabsichtigt war.
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