Reimer Loop
Das schillernde Leben des O.K.
eine amerikanische Erfolgslegende
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Reimer Loop Das schillernde Leben des O.K. eine amerikanische Erfolgslegende Dieses ebook wurde erstellt bei
Das Versprechen
Wie alles begann
Heimkehr des Republikflüchtlings
Kindheitserinnerungen
Aufgestaute Wut
Entspannung
Tränen der Freunde
Im Kutscherhaus
Nur ein Mitläufer
Die Flucht
Amerika ist da, ...
Ein Freund namens Pigy
Vietnam und zurück
Lust der Rache
Süßes Leben
Karriere als Befriedigung
Luxus erleben
Wiedersehen der Zecher
Oles Ankunft 1945
Frühstück im Siedlungshaus
Ein Lehrer denkt um
Ole wird erfasst
Felix' Heimkehr
Jüdische Asylanten
Der Krieg ist aus
Dankbarkeit der Sieger
Russen Folter
Felix' Verführung
Der Wendehals Beamte
Neues Deutschland
Illusionen und Träume
Ein ganzes Volk wird eingemauert
Reifezeit und Eros
Zwei gehen durch's Feuer
Felix führt Regie
Engel und Mietwagen
Zauberwort Investor
Wie sagt man es seinem Kind?
Ein Kind entlarvt den Vater
Die Kronprinzessin
Frauenfreundschaft
So eine Tochter!
Er ist es.
Nach Amerika
In der neuen Welt
Der Antrag
Hochzeitsplanung
Karibische Hochzeit
Schloss Renovierung
Lebensaufgaben
Verkuppelt
Violetta und Walter
Kunstschätze
Einweihung
Freundschaften
Versuchung
Gewitter
Verloren
Feix' Abschied
Das Manuskript
Sonnenaufgang
Impressum neobooks
Ich fühle Mut, mich in die Welt zu wagen;
der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen.
Goethe – Faust
Wir gingen an die Gruft, hielten inne, eine rote Rose als letzten Gruß, griffen in die feuchte Erde und ließen sie auf den Sarg plumpsen, erst Elke, dann die Kinder und dann wir, seine Freunde. „Mach’s gut Felix“, brummelte ich vor mich hin. Sein Tod ging auch mir sehr nahe. Wir haben uns gut verstanden und nun war er weg. Einfach weg. Und zu früh. Ein paar Jahre hätte er uns wirklich noch beehren können. Unwillkürlich sah ich ihn vor mir, den eleganten Graubart, und musste daran denken, dass er nun auch ohne seinen rechten Fuß seine letzte Reise antrat. - Woran denkt man überhaupt, wenn man von oben auf den Totenschrein blickt? - Woran dachten die anderen, wenn sie nicht mit absoluter Trauer und mit Weinen beschäftigt waren? - Ja, und warum dachte ich so etwas?
Felix hatte mir einst ans Herz gelegt, das zu beenden, was er nicht mehr zu schaffen vermochte. „Ja, mein Lieber, heute verspreche ich es dir. Felix, du hast mein Wort.“ Ich hätte es mir schon angesehen und mir schon meine Gedanken gemacht, hatte ich ihm kürzlich noch zur Beruhigung vorgeflunkert, dabei wusste ich eigentlich noch nicht einmal, worum es dabei tatsächlich ging. Es handelte sich nämlich um den Inhalt eines alten Pappkartons, den er mir vor ein paar Monaten ohne viele Worte in die Hand gedrückt hatte, mit dem ich allerdings nicht so recht etwas anzufangen wusste, weil ich die Sache für einen drolligen Entsorgungstrick gehalten hatte: ‚Zum Wegwerfen zu schade, nimm du’s’. Ich stellte das Ding damals beiseite, eben dort hin, wo alles stand, was noch unbedingt irgendwann zu erledigen war. Jetzt aber, nachdem Felix seine letzte Ruhe gefunden hatte, wollte ich versuchen, meine Zusage so gut ich konnte einzulösen und flüsterte ihm noch zu: „Versprochen, Felix, versprochen, ich mache es!“
Wieder zu Hause begann ich in der Kiste zu kramen und entdeckte ein kunterbuntes Sammelsurium: Tagebücher, alte Fotos, handschriftliche Aufzeichnungen, die Begebenheiten und den Zeitgeist in seiner Jugend beschrieben, Briefe und Aufsätze, amouröse Geschichten und schnurrige oder kritische Notizen aus dem Dörfchen Radow und dem Kutscherhaus. Teilweise waren es recht intime Anmerkungen, von Beziehungen und von Gefühlen. Wie sollte ich denn so etwas zu Papier bringen? Ich war doch kein Poet! Ich war Ingenieur und für ein Industrieunternehmen in Berlin tätig. Ich sollte Geschichten schreiben? Doch ich hatte es versprochen! Je mehr ich mich allerdings damit befasste, desto spannender fand ich Felix Nachlass und es reizte mich letztlich, sein Vermächtnis in die Tat umzusetzen, das zu vollenden, was er schon so umfangreich begonnen hatte: Das außergewöhnliche Leben unseres gemeinsamen Freundes Ole Kosche aufzuschreiben. Felix war sein Vorbild gewesen und hatte auch in vielerlei Hinsicht Oles Leben geprägt. Die Sehnsucht nach all dem, was er einst daheim in der DDR zurückgelassen hatte, die Sehnsucht sollte immer bleiben. So hatte Felix sich das gedacht, so sollte die Geschichte aussehen. Den Schluss allerdings, den Schluss ersehnte er sich etwas anders.
Ich war der einzige, der das Vertrauen und die Freundschaft zum ganzen Kosche Clan besaß. Somit fühlte ich mich von daher schon berufen, Felix Bitte zu erfüllen. Wieder zuhause breitete seine Papiere und Skripte auf dem Fußboden aus und versuchte, das Durcheinander chronologisch zu ordnen und mich in sein Konzept hinein zu versetzen. Schließlich schrieb ich einfach alles auf, was ich in der Kiste fand, was mir zu Ohren gekommen war und was ich erlebte.
Ich begegnete Ole Kosche während der Antigua Sailing Week in English Harbour, als er mit einigen amerikanischen Yachties in dem historischen Restaurant am Hafen zum Dinner war und ich mit meiner Crew am Nebentisch saß. Eine der vielen Small-Talk-Bekanntschaften, bei denen die Visitenkarten ausgetauscht werden – und das war’s dann, dachte ich damals.
Es war schon spät an jenem Abend. Die Amerikaner am Nebentisch und wir waren die letzten Gäste, weil zwei schwarze Musikanten mit Gitarre uns belustigten und aus jedem zugerufenen Wort einen witzigen Vers machten. Während die alkoholisierten Amerikaner sich vor Lachen kringelten, reichte es an unserem Tisch meist nur für ein müdes Grinsen, wobei wir uns allerdings mehr über die Amerikaner amüsierten als über die eher mäßigen Songs. Als dann auch etliche Drinks unsere Zungen schon merklich gelockert hatten, kommentierten wir laut lästernd das Niveau der Amis als Kulturbanausen, ausgehend davon, dass jene die deutsche Sprache ohnehin nicht verstünden.
Doch dann drehte sich einer zu uns um, ein großer Junge, hellblond, mit blauen Augen wie das Wasser der Karibik als trüge er gefärbte Kontaktlinsen, ein netter Vierziger:
„Ihr kommt aus Deutschland?“
Oh, da haben wir wohl ins Fettnäpfchen getreten, dachte ich unwillkürlich ein wenig betreten. In akzentfreiem Deutsch hatte er artig gefragt, wobei er wie ein amerikanischer Präsident vor der Fernsehkamera lächelte.
„Ja“, kam es zögerlich, kleinlaut zurück. Damit hatten wir nun wirklich nicht gerechnet und es folgte auch kein Benimmvortrag. Als ob es zuvor keine dummen Bemerkungen gegeben hätte, fragte er freundlich weiter:
„Und woher?“
Brav und bereitwillig kamen unsere Antworten.
„Aus Berlin kommt keiner?“
„Na ja, ich arbeite zeitweilig in Berlin und habe dort ein Büro“, tat ich mich ein wenig wichtig hervor.
„West oder Ost?“
„Im Osten kann man doch nicht wohnen oder noch nicht - aber bald werden wir dort blühende Landschaften haben, sagt unser Kanzler Kohl“, antwortete ich fast ein wenig dünkelhaft. Meine Kameraden lachten.
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