„Schon gut, verehrter Cousin – ich wusste ja schon immer, dass du ein verkapptes Wunderkind bist. Nur hättest du mundfauler Geheimniskrämer uns das auch schon mal früher erzählen können – schließlich wohnen wir ja bereits seit gut zwei Jahren zusammen“, grinste Mora-Lisa jetzt zurück.
„Haben wir’s dann? Ich schlage vor, wir machen uns jetzt lieber mal zu euren Eltern in die Klinik auf“, warf an dieser Stelle die junge Aquanautin Kala ein, während sie sich bei ihrem Freund Alex-Max unterhakte, um ihn mit sanfter Gewalt aus der Tür der Einsatzzentrale zu befördern.
„Glaubt ihr wirklich, dass unsere Nachgraduierung bereits am übernächsten Wochenende stattfinden wird? Ich bin da nämlich nicht so optimistisch, denn ich meine, dass diese von Sir Jeffrey vorhin gemachte Äußerung wohl eher ein Wunschgedanke von ihm gewesen ist“, meinte Mora-Lisa Kranz während des Fußmarschs zur Klinik mit vorsichtiger Stimme.
„Das werden wir ja merken, wenn es soweit ist. Mich interessiert momentan viel mehr, wie’s unserem Dad geht und ob unsere aquanautischen Freunde von Mom und ihm akzeptiert werden“, erwiderte ihr Bruder Maxi prompt, während er jetzt Hand in Hand mit seiner Freundin Kala neben seinen Begleitern her schritt.
Kapitel 9 Klinikbesuch und Familiengespräche
Als die fünf Junioroffiziere mit den drei Seniorpiloten wenig später den Klinikeingang erreicht hatten, setzte sich Alec-Robert MacLeod an die Spitze des uniformierten Besuchertrupps.
„Folgt mir – ich weiß, wo wir hinmüssen. Schließlich kenn‘ ich mich hier am besten von euch aus“, sagte er knapp, nachdem sich alle Personen am Eingang der medizinischen Abteilung ausgewiesen hatten.
„Sie werden von unserer Abteilungsdirektorin Mora-Sher bereits im 3. Untergeschoss erwartet“, meinte der freundlich lächelnde Wachhabende, als er die Dienstausweise der JDEF-Offiziere nach kurzer Prüfung zurückgab. Dann fügte er noch hinzu: „Aber bitte daran denken – die Besuchszeit endet um 19:00 Uhr. Das gilt leider auch für Familienangehörige und enge Freunde.“
„Geht klar – also Leute, auf geht’s. Stürzen wir uns in den Löwenkäfig und lassen uns von meiner Chefin den Kopf waschen“, knurrte Oberstleutnant Marianne Starke leise vor sich hin, als sie gleich danach mit dem Rest der Gruppe in den Turbolift einstieg.
Nachdem sich das Liftschott wenige Sekunden später im 3. UG wieder öffnete, bemerkten die Besucher die noch immer angespannt wirkende Kommandantin der MHORA-X2, die vor einer transparenten Panzerplastscheibe gerade mit dem Ehepaar MacLeod und ihrem Bordarzt Professor Steiner diskutierte.
Als Mora ihre Kinder und deren Begleiter wahrnahm, unterbrach sie das Gespräch sofort und rannte in gewohnt hohem Tempo auf die Neuangekommenen zu.
„Au Backe – jetzt reißt sie uns die Ohren ab. Vorhin an Bord hatte sie dafür ja nicht genug Zeit“, raunte Lisa ihrem Bruder zu, der beim Blick in Moras aufblitzende grünen Augen, genauso wie sie selbst, ein wenig blass um die Nase geworden war.
„Wie geht es ihm?“, fragte Alex-Max seine Mutter schluckend, als er jetzt mit weit aufgerissenen Augen seinen an diverse Kabel und Versorgungsschläuche angeschlossenen und in einer grünen Flüssigkeit schwebenden Vater bemerkte.
Doch Mora Kranz schloss ihre beiden fast erwachsenen Teenager zunächst einmal schweigend in ihre Arme und drückte sie nacheinander fest an sich. Dann begann sie, entgegen ihrer sonst üblichen Art, leise und mit Tränen in den Augen zu antworten:
„Dank der professionellen medizinischen Kunst von Mora-Sher und der blendenden Assistenz von Alec und Ludwig wird es euer Vater schaffen. Diese drei herausragenden Ärzte haben Alex Schulter operiert und sie sind sich mittlerweile absolut sicher, dass euer Paps nach einer guten Woche im Regenerationstank wieder ganz der alte sein wird.
Ihr wisst ja – Unkraut vergeht nicht. Das gilt besonders für euren oft viel zu vorwitzigen Dad. Ist ja schließlich nicht das erste Mal, dass sich dieser sture Hund derart in die Bredouille bringt. Der Schultertreffer hat lebenswichtige Organe nur knapp verfehlt. Will sagen, das hätte auch viel schlimmer ausgehen können. Und was ihr gerade in meinem Antlitz seht, sind nur ein paar Freudentränchen, die ich deswegen weine. Doch erzählt das ja niemanden weiter!“
„Machen wir nicht, Mom – versprochen“, flüsterte Mora-Lisa ihrer Mutter jetzt verhalten lächelnd ins Ohr. „Und bitte verzeih uns, dass wir drei Junioroffiziere deine Chefpiloten und unseren Fluglehrer Oberst Ackermann heute morgen zu ‘nem Trainingsflug – noch dazu mit einem deiner Shuttles – überredet und damit die für heute angesagten Festivitäten zum Platzen gebracht haben.“
„Ja, ihr Abenteurer – wenn man’s alleine vom Zeitpunkt her betrachtet, war der Übungsflug am Morgen eurer Abschlussfeier nicht die allercleverste Idee. Und unserem Alec-Robert hätten wir nämlich am liebsten auch die Ohren langgezogen, als wir nach eurem Start über die hiesige Flugkontrolle von eurer unplanmäßigen Landung auf LUNA-PRIME erfuhren“, meinte Dr. Alec MacLeod, der sich in diesem Moment mit seiner verhalten lächelnden Ehefrau Mora-Sher und Professor Steiner näher zu den Besuchern gesellte.
„Ihr müsst jedoch gar nicht mehr so bedröppelt aus der Wäsche gucken – denn ohne euren Sonderausflug nach LUNA-PRIME hätten diese Mörder auf dem Asteroiden CERES wahrscheinlich noch ein größeres Fiasko angerichtet. Sind wir also lieber froh, dass die ganze Sache am Ende so glimpflich ausgegangen ist“, ergänzte in diesem Moment die larojanische Ärztin Mora-Sher die Worte ihres Gatten Alec MacLeod.
„Das Gleiche hat uns Sir Jeffrey auch schon gesagt. Er kann Alex übrigens erst später einen Krankenbesuch abstatten, weil im HQ momentan die Hütte brennt – wir sollen euch aber Grüße und die besten Genesungswünsche von ihm ausrichten“, mischte sich jetzt Oberst Ackermann in das Gespräch ein.
„Stimmt – bei denen im HQ-Stab wird ja gerade ein gemeinsamer Einsatz von JDEF und JTSA in Bosnien geplant. Eure Besprechung auf der Teppichetage unserer Kommandoführung habe ich vorhin ja dank meiner telepathischen Gabe einwandfrei mitverfolgen können. Daher weiß ich bereits über die Sache mit dem bosnischen Großtransmitter sowie den anschließend gegebenenfalls nötigen Blitzeinsatz im SANTOR-System Bescheid. Weshalb die Untersuchung in Bosnien im Moment höchste Priorität hat.
Und deshalb sind auch Brigid und Thure schon wieder von hier verschwunden, nachdem diese Wikingerprinzessin vorhin versucht hat, sich bei mir zu entschuldigen. Ich hab‘ ihr jedoch ihre Schuldgefühle gleich wieder ausgeredet und ihr zugleich gesagt, dass ich nicht sauer auf sie bin. Das Entern eines gegnerischen Raumers ist nun mal kein Kinderspiel und bei sowas muss man halt auch stets mit Gegenwehr rechnen. Aber gottseidank ist Alex und euch nichts Schlimmeres passiert“, erwiderte Mora Kranz umgehend.
„Heißt das, dass die SOL und die ODIN die Untersuchung in Bosnien übernehmen werden? Denn wenn das so ist, würden wir Brigid und Thure nämlich gerne begleiten. Uns fünf PSI-Begabte kann man bei solch einem Abenteuer schließlich immer gut gebrauchen“, entgegnete Mora-Lisa vehement. „Außerdem haben wir mit den diversen Blödmannsgehilfen dieser Ärsche dort noch eine Rechnung offen“, fügte sie sogleich noch mit wütender Stimme hinzu.
Als Mora Kranz daraufhin zu einer spontanen Antwort ansetzen wollte, ging Dr. Alec MacLeod dazwischen und meinte mit einem spitzbübischen Grinsen zu seiner verblüfften Schwägerin: „Wenn mein Herr Bruder nicht gerade in dieser grünen Brühe herumschwimmen würde, hätte er Lisas Worte jetzt wahrscheinlich folgendermaßen kommentiert ...“
Damit ahmte er sogleich die Stimme von Alex Kranz nach und sagte unter dem leisen Lachen seiner beiden Arztkollegen: „Hör dir nur mal unsere Tochter an – sie reagiert schon genauso, wie ihre Mutter. Du liebe Zeit, wie sich sowas doch vererben kann. Muss wohl an den Genen liegen.“
Читать дальше