„Wenn du Funkverbindung zu unseren Schätzchen hast, kannst du ihnen auch gleich ausrichten, dass meine Cousine und ich ihnen die Ohren langziehen werden, sobald sie nachher mit unserem Shuttle auf dem Fürstenfeldbrucker Landefeld aufsetzen“, fauchte Mora ihrem Mann hinterher, als sich ihre Cousine Moras Hände schnappte und meinte:
„Wird schon nichts Schlimmes passiert sein, Mora. Unsere drei Musketiere haben wahrscheinlich nur die Zeit vergessen, weil sie unbedingt noch die Lagerhallen mit den altlemurischen Raumschiffen besichtigen wollten. Soweit ich weiß, sind dort ja immer noch nicht alle Kugelschiffprototypen der ODIN-Klasse zur Umrüstung nach TERRA zurückgebracht worden – und so eine einmalige Gelegenheit lassen die drei und ihre Begleiter sich doch nicht entgehen.“
***
Als Alex Kranz wenige Minuten später die Anflugzentrale betrat, stieß er vor dem Eingangsschott beinahe mit Brigadegeneral Martin Kern, einem der Stellvertretenden Kommandeure der JDEF-Einsatzbasis Europa zusammen. Auch entging ihm die aufgeregte Unruhe nicht, die gegenwärtig unter den vor ihren Arbeitsplätzen sitzenden Flugcontrollern zu herrschen schien.
„Was ist los, Martin? Ich bin zwar nur ein schwacher Telepath, aber ihr vermisst doch anscheinend eins unserer Schiffe. Grundgütiger – deine Leute fahnden nach unserer MHORA-X2-S1. Das ist das Shuttle, mit dem unsere Kinder heute früh zu einem Trainingsflug in Richtung LUNA aufgebrochen sind.“
„Das stimmt soweit, Alex. Aber wir haben euer Shuttle nach wie vor in der Ortung. Es parkt derzeit auf dem Flugfeld bei der derzeit nur mit einem 12-köpfigen Wachkommando besetzten ehemaligen lemurischen Mondstation, der wir nach deren Ausbau im vergangenen Jahr den Namen LUNA-PRIME verpasst haben.
Dein Chefpilot Rando Starke hat sich die nicht geplante Zwischenlandung auf LUNA-PRIME übrigens beim Anflug auf den guten alten MOND vor über zwei Stunden ganz regulär genehmigen lassen, weil er und Oberst Ackermann ein von euren Juniorpiloten geflogenes Landemanöver auf einem luftleeren Himmelskörper beobachten wollten. Diesem Wunsch wurde seitens der Flugüberwachung auch umgehend zugestimmt.
Der letzte Funkspruch der Shuttlecrew nach ihrer Landung auf LUNA besagte lediglich, dass sie noch rasch zu einer kurzen Kaffeepause in die Station reingehen würden, während Randos Ehefrau Mary an Bord des Shuttles warten sollte – und auch dieses Ansinnen wurde von hier aus genehmigt.
Doch auch dieser Kontakt ist jetzt bereits gut eine halbe Stunde her. Und die Station können wir im Moment leider nicht erreichen – möglicherweise, weil unsere dortigen Leute schon heute Morgen, also noch vor der Landung der S1, Schwierigkeiten mit der Hyperfunkanlage des Shuttles hatten.
Nur reagiert seither weder Oberstleutnant Mary Starke noch die übrige Pilotencrew der MHORA-X2-S1 mit ihren mobilen Funkgeräten auf unsere Hyperfunkanrufe. Und außer den sechs Piloten war ja bei diesem Übungsflug niemand anderes an Bord des Beiboots.“
Genau in diesem Moment rematerialisierten Mora Kranz und ihre larojanische Verwandte an der Hand von Dr. Alec MacLeod in den Räumen der Anflugkontrolle.
„Ich hab‘ euch belauscht“, fuhr Mora Kranz sogleich aus der Haut. „Habt ihr schon irgendwas bezüglich unserer vermissten Kinder und ihrer Begleiter unternommen? Was zum Teufel ist da los, verdammt nochmal?“
„Deswegen bin ich erst vor wenigen Minuten hierher gespurtet, Mora. Ich habe auf dem Weg in die Flugkontrollzentrale bereits General Janis gebeten, dass, er sich unverzüglich mit seiner CHROMA von der Raumstation TERRA-ALPHA aus auf den Weg macht, um auf LUNA nach dem Rechten zu sehen“, erwiderte General Martin Kern umgehend, bevor er noch erklärte:
„Nur wird es bis zum Start seines Ringkreuzers noch etwas dauern, weil er erst noch seine auf der Raumstation befindliche Besatzung einsammeln muss. Ich hoffe jedoch noch immer darauf, dass es für das Ausbleiben der Rückmeldungen eures Shuttles eine einfache Erklärung, wie zum Beispiel eine Störung des Hyperfunkverkehrs durch die immer mal wieder zwischen uns und dem MOND auftauchenden Ionisationswolken gibt.“
„Verstanden, Martin. Aber an eine Funkstörung aufgrund eines Ionensturms glaube ich nicht. Wetten, dass meine Crew schneller als die von Janis mit seinem Riesenpott, Klarheit auf LUNA schaffen kann?“, erwiderte Mora Kranz völlig ruhig, als sie auch schon ihren Kommunikator aus ihrer Bordkombi herauszog und die Besatzung ihrer MHORA-X2 zum sofortigen Alarmstart befahl.
„Und wer bitte soll unser Schiff fliegen? Oder hast du vergessen, dass sich unsere Piloten derzeit auf LUNA befinden?“, fragte Alex Kranz prompt.
„Na wer wohl? Natürlich du – das wirst du doch wohl noch hinkriegen, Nummer 1 – denn noch bist du das doch, oder irre ich mich da? Außerdem habe ich soeben auch Bill Carter in Marsch gesetzt, der dir als zweiter Pilot unseres Explorers zur Hand gehen kann. Und was die Feier heute Abend angeht, ist es mir momentan ziemlich egal, wenn die durch diese Sache verschoben oder ganz abgesagt werden muss. Denn wie ihr ja alle wisst, bin ich ohnehin kein Feierbiest.“
Als die MHORA-X2 knapp 15 Minuten später, zwar ohne Wartung, aber mit voller Kampfbesatzung und brüllenden Triebwerken von ihrem Liegeplatz in Richtung des Erdtrabanten abhob, machte Mora ihrer überraschten Besatzung sofort per Bordrundspruch klar, worum es bei diesem ungeplanten Notfalleinsatz gehen würde.
Und die Tatsache, dass auch Alex Bruder Alec Macleod und ihre Großcousine Mora-Sher auf den Mitflug an Bord ihres Explorers gedrungen hatten, erfüllte die innerlich unruhige Schiffskommandantin zumindest mit ein bisschen mehr an Zuversicht.
Kapitel 5 Hinterhalt auf LUNA-PRIME
Etliche Stunden zuvor waren Mora-Lisa, ihr Bruder sowie ihr Cousin am Samstagvormittag mit einem von Moras Explorer-Beibooten zu ihrem Übungsflug aufgebrochen. Als Alex-Max nach dem gelungenen Start gerade die Steuerung der MHORA-X2-S1 von seinem Cousin Alec-Robert MacLeod übernahm, hatte Lisa ihrem Bruder leise zugeflüstert: „Meinst du nicht, wir hätten Mutter besser um Erlaubnis bitten sollen, ehe wir uns ungefragt eins ihrer Shuttles ausborgen?“
„Nöh, eigentlich nicht, du Angsthase. Denn wir stehen ja unter Aufsicht ihrer beiden Chefpiloten Rando und Mary. Außerdem ist dieses Shuttle Eigentum der JDEF, und wir waren uns doch einig, unsere Eltern nach ihrer langen ANDROMEDA-Reise mal so richtig ausschlafen zu lassen. Zweitens befinden wir uns ganz offiziell auf einem genehmigten Trainingsflug, den unser Fluglehrer Oberst Ackermann für heute Vormittag extra für uns angesetzt hat.
Mach dir also keine Gedanken, wir sind am Nachmittag wieder pünktlich zuhause – darauf werden allein schon unsere drei Aufpasser achtgeben. Darüber hinaus bin ich auf diesem Flug als Übungskommandant eingeteilt worden. Deswegen setzt du dich gleich mal mit Bobby an die Navigations- und Funkkonsole. Ihr müsst nämlich auf unseren Kurs und die routinemäßigen Funkmeldungen an die terranische Flugkontrolle achten“, hatte Alex-Max prompt erwidert, während die drei Seniorpiloten verhalten vor sich hinlächelnd weitere Einträge in ihre Bewertungskladden schrieben.
„So Leute, aufgepasst – jetzt leitet ihr die Mondumrundung ein. Und wenn ihr die anständig hinbekommt, hängen wir vielleicht noch eine zweite Runde dran“, hatte Oberst Ackermann nach einer Weile gesagt, bevor er mit einem Blick auf den Bordchronometer noch hinzufügte:
„Wir liegen ein bisschen vor unserem Zeitplan – wenn ihr also Interesse habt, könnten wir noch kurz auf der Mondrückseite auf dem Landefeld von LUNA-PRIME runtergehen und eine Stippvisite im sogenannten Friedhof der Raumschiffe 10machen. Ein paar der alten phaetonischen Raumer lagern ja schließlich immer noch dort. Und wenn wir schon mal hier sind ...“
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