„Ist ja süß, nur wissen wir auch über die Tarnprojektoren solcher Kugelschiffe Bescheid. Schließlich hat mein Freund Jerome lange genug auf der Werft dieser hinterhältigen lemurischen Zicke Anuk in Nevada gearbeitet, ehe er von ihr wegen seines Hangs zu Alkohol und Glücksspiel rausgeschmissen wurde.
So – und jetzt reicht es mir langsam wirklich. Eure Drohungen beeindrucken uns nämlich nicht im Geringsten. Außerdem hält mein sehr engagierter Bordmediziner auf unserer TERRA-ONE nachher noch eine kleine Überraschung für euch dämliche Senioroffiziere bereit. Wir wollen doch nicht, dass sich eure jungen Kameraden weigern, uns als Piloten zu Diensten zu sein.“
***
Noch ehe die Überwältigung ihrer Kameraden über die Bühne ging, hatte sich die junge Mora-Lisa Kranz geistesgegenwärtig per Teleportation auf die MHORA-X2-S1 abgesetzt. Dies vor allem deshalb, weil sie die gehässigen Gedanken der auf dem Weg in die Zentrale befindlichen Eindringlinge, trotz der Kürze der Zeit, noch vor deren Ankunft hatte erfassen können.
Als sie im Inneren des Shuttles rematerialisierte, fand sie dort die mit allerlei Werkzeug an der Funkanlage herumhantierende 2. Pilotin ihrer Mutter vor, die genauso, wie sie selbst, inzwischen in ihrem Raumanzug steckte.
„Um Gottes Willen, was ist denn hier passiert, Mary?“, fragte sie entsetzt, während sie die teilweise zerstörte Inneneinrichtung des Shuttles betrachtete, die ihre Freundin Mary gerade notdürftig instand zu setzen versuchte.
„Eins der Stationsgeschütze ist urplötzlich aus dem Boden gefahren und hat völlig grundlos auf unser Raumboot gefeuert – deshalb sieht’s hier so aus. Bloß gut, dass du noch deinen Anzug trägst – der Sauerstoffgehalt hier drinnen fällt nämlich schon seit Minuten kontinuierlich. Wahrscheinlich, weil unsere schöne S1 bei dem kurzen Beschuss ein Leck davongetragen hat.“
„Alles klar – ich helf dir beim Abdichten. Hast du bereits den Notruf an das Raumkommando absetzen können, um den ich dich per Funk gebeten hatte?“
„Nein, verdammt! Erstens hab‘ ich deine Nachricht nicht gehört, weil zu dem Zeitpunkt noch die Funkanlage verrückt gespielt hat – und jetzt können wir den Notruf komplett vergessen, weil – neben unseren Triebwerken – auch die Antennen unserer Hyperfunkanlage beim Angriff auf unsere S1 zerstört worden sind.
Doch möchte ich jetzt gerne mal wissen, warum nur du es aus der Station herausgeschafft hast. Dass dort drinnen irgendwelche Eindringlinge zugange sind, ist mir schon klar, seit man auf mich geschossen hat. Und die haben unsere Leute überwältigt, denn die hätten ja niemals auf uns gefeuert.“
„Es ist noch viel schlimmer, Mary. Die Besatzung von LUNA-PRIME ist nämlich samt und sonders von diesen Schweinen umgebracht worden. Sind übrigens viel mehr, als ich ursprünglich angenommen hatte.
Und die von mir georteten 24 schwerbewaffneten und äußerst skrupellosen Verbrecher beiderlei Geschlechts waren und sind in der Überzahl. Deswegen sind mein Bruder und mein Cousin absichtlich zurückgeblieben, weil wir nur so herauskriegen können, was die Mistkerle der sogenannten TERRA-First-Nation Bewegung sonst noch an widerlichen Taten vorhaben.“
„Heißt also, dass du nach wie vor mit deinem Bruder und deinem Cousin Alec auf telepathischen Weg in Verbindung stehst, richtig?“
„Stimmt – und momentan weiß ich bereits, dass der Anführer der TERRA-First-Strolche, ein gewisser Baron Bela von Esterhazy, und sein hinterhältiger amerikanischer Kumpan Dr. Jerome Jackson in diesem Moment dabei sind, einen Kugelraumer-Prototypen aus dem Arsenal der alten Lemurer zu klauen, mit dem sie ihre auf CERES eingekerkerten Gesinnungsgenossen gewaltsam zu befreien gedenken.
Wofür sie jedoch die Hilfe erfahrener Raumpiloten benötigen. Diese Dreckskerle haben für diesen Zweck zwar einige in Ungnade gefallene JDEF-Angehörige anheuern können, aber die sind – wie ich gerade dem Gespräch ihres Anführers mit deinem Mann und Oberst Ackermann entnehme – bei Weitem nicht qualifiziert genug, um einen Kugelraumer der ODIN-Klasse zu fliegen.“
„Den Start dieses Schiffes müssen wir in jedem Fall verhindern, Lisa. Oder sollen wir hier herumsitzen und auf unsere Rettung warten? Du und deine Verwandten müssten doch in der Lage sein, das sich abzeichnende Fiasko zu unterbinden.“
„Im Prinzip wäre das zwar möglich – aber mein lieber Bruder hat sich nun mal in den Kopf gesetzt, die gesamte Organisation dieser nationalistischen Verbrecher auffliegen zu lassen. Und dafür muss er länger in deren tiefsten Gedanken graben können. Denn es scheint so zu sein, als ob einer ganzen Reihe von deren Sympathisanten auf TERRA bereits unbemerkt die Infiltration in terranische Regierungsbehörden gelungen wäre.
Und da ich nach wie vor auch die Gedanken dieses Barons und dieses Doktors überwache, glaube ich, dass sie in dieser Beziehung nicht gelogen haben. Deswegen sind diese Informationen so unglaublich wertvoll und lohnen daher auch das Risiko, dass unser Team dort drinnen gerade eingeht.“
„Soweit kapiert, Lisa – doch wir zwei sitzen hier auf der Rückseite des MONDS fest und uns geht langsam die Atemluft aus. Was schlägst du also vor, was wir tun sollen, wenn gleich ein Kugelraumer an uns vorbeirauscht.
Du weißt ja sicher, dass dieser altlemurische Kugelraumer mit unseren Piloten am Steuer per Nullfeldsprung 11problemlos direkt in den lunaren Orbit springen und anschließen verduften kann, ohne dass wir das mit unserem weidwund geschossenen Shuttle unterbinden können.
Und wie zum Teufel stellst du dir das telepathische Verbindunghalten zu deinem Bruder und Alec vor, wenn sich der erbeutete Raumer demnächst mit Höchstgeschwindigkeit und noch dazu im Stealth-Modus 12von hier entfernt? Die sind dann doch in Nullkommanix außer Reichweite.“
„Keine Sorge, Marianne. Maxi, Alec und ich haben darüber bereits eingehend auf telepathischem Wege nachgedacht. Und ich erzähl‘ dir auch gleich, wie wir das anzustellen gedenken. Doch jetzt ziehen wir uns zuerst mal in die gehärtete Zentralekapsel unserer S1 zurück und aktivieren den Verschlusszustand und anschließend die Notversorgung, damit wir genügend Zeit gewinnen.
Parallel zu meiner Verbindung mit Maxi und Bobby espere ich nämlich bereits die ganze Zeit nach meiner Mutter. Ich wette nämlich, dass sie und mein Daddy schon in Kürze mit ihrem Explorer hier auftauchen werden. Vor allem, weil ich annehme, dass unser Flugkontrollzentrum schon längst mit Suchschiffen nach unserem Verbleib fahndet.
Immerhin sind wir, was unsere Graduierungsfeier zum Junioroffizier der JDEF angeht, inzwischen seit gut einer halben Stunde überfällig. Und ab sofort stellen wir uns tot – also verschwinden wir jetzt schnellstens in den abgeschirmten Kommandoraum dieses Wracks und schalten die Tarnung ein. Ich hoffe nur, dass unsere abgeschirmte Stromversorgung noch bis zum Eintreffen meiner Mom durchhält.“
„Dafür garantiere ich, Lisa. Das Einzige, was hier momentan nicht mehr funktioniert, sind unsere Triebwerke, die Waffen und unser Funk. Sag mir also bitte, wenn du den Start dieses gekaperten Schiffs spürst. Unsere Ortungsanlage arbeitet nämlich ebenfalls nicht mehr so präzise, wie sie das noch vor der Zwischenlandung auf diesem gottverdammten Landefeld getan hat“, sagte Marianne Starke, als sie mit Mora-Lisas Hilfe kurz darauf die Shuttlezentrale abriegelte.
„Und solange wir auf den Explorer meiner Mom warten, setze ich mich schon mal an mein Tablet und fertige ‘ne erste Liste all der Namen dieser nationalistisch verbohrten Idioten an, die mir Alex-Max und mein Cousin Bobby bis dato auf telepathischem Weg bislang schon durchgegeben haben.
Schade nur, dass wir die nicht sofort an unsere JTSA 13-Zentrale in Rom übermitteln können. Denn wenn es stimmt, haben Karl Schwarz und seine Agenten von der Terranischen Abwehr demnächst einige offensichtliche Versäumnisse zu korrigieren.“
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