»Ja, das ist der Plan.«, antwortet Erik.
»Wir sollten uns dann mal demnächst zusammensetzen. Ich mach hier Verfahrenstechnik und wir sollten uns abstimmen.«, erläutert Gunter seinen Vorstoß.
»O. K.,« erwidert Erik. »Ich muss mir erst mal einen Überblick verschaffen, aber ich denke, dass das ab Morgen gehen sollte.«
Erik nimmt die Tasse aus dem Regal und blickt dabei etwas angeekelt auf den Zustand derselben. Die Farbe Blau lässt sich nur noch erahnen. Diese Tasse hat schon lange kein Spülbecken mehr gesehen.
»Wo ist denn hier die Küche«, fragt Sven in die Runde, um ein höhnischen Gelächter zu ernten.
»Hast Du in Deinem Haus keine Küche?«, wird er von Siegfried spöttisch gefragt, der etwas abseits an seinem Schreibtisch sitzt.
»Falls es Dir noch keiner gesagt hat: Wir haben hier keine Küche oder so etwas. Solche Auflagen gibt es in Indien nicht. Natürlich gibt es hier eine Toilette. Wo das Wasser aber herkommt, will keiner so genau wissen, so dass es auch keine Option ist. Komm bloß nicht auf die Idee, irgendwelches Wasser, das nicht abgepackt ist, zu trinken oder für unseren Kaffee zu nehmen. Außer, Du willst gleich wieder nach Hause. Wasser zum Trinken oder Kochen sollte nur aus mitgebrachten Plastikflaschen verwendet werden.«, beschließt Siegfried seine Vorlesung.
»O. K., danke und Du heißt?«, fragt Erik.
»Siegfried«, erwidert er, wobei er die Hand zum Gruß hebt.
Erik schnappt sich nun eine volle Plastikflasche und eine Hand voll Papiertücher, um seine neue Tasse zu reinigen. Als er das Klo findet, stinkt es so bestialisch, dass es Erik den Atem verschlägt. Dort wird er sicher nicht seine Tasse reinigen. Also läuft er die Treppe nach unten, um den Abwasch vor dem Eingang im Freien durchzuführen. Irgendwann gibt er allerdings mit seinem Versuch auf, den regelrecht eingebrannten Belag zu entfernen. Als er sich dann endlich den heißen Kaffee eingießt, hofft er nur, dass der dunkle Belag nicht durch den heißen Kaffee aufgelöst wird. Nach dem ersten Schluck fällt ihm ein, dass er Gaby anrufen wollte, wenn er endlich angekommen ist.
»Wo ist denn das Telefon?« fragt Erik in die Runde. Als Antwort erhält er nur ein erneutes, höhnisches Lachen von den Kollegen.
»Telefon? Schön wär’s.« lacht Gunter. »Willkommen im vorigen Jahrtausend. Wir haben hier kein Telefon!«, erläutert Peter.
»Wenn Du unbedingt telefonieren willst, kannst Du es ja mal in Anta in der Post versuchen.«, ruft Siegfried durch den Raum, »Meistens klappt es aber nicht oder Du hörst nur die andere Seite, die können Dich aber nicht verstehen. Wir haben es inzwischen aufgegeben.«
Na prima. Erik hat Gaby versprochen, sich sofort zu melden, wenn er angekommen ist. Er hat nicht damit gerechnet, dass es hier kein Telefon gibt. Wenn Gaby ewig nichts von ihm hört, wird sie sicherlich denken, dass ihm etwas passiert ist. Ich muss mal sehen, wie ich das mit der Post in Anta hinbekomme, überlegt er sich, während er den letzten Schluck Kaffee trinkt.
»Wie macht ihr das denn, wenn ihr etwas aus Deutschland braucht?« fragt Erik in die Runde.
Die Erklärungen der Kollegen zeigen Erik, dass das kein einfaches Unterfangen ist. Schriftliche Kommunikation mit der Firma oder sonst wem in Europa dauert mindestens in der Regel etwa eine Woche. Wenn es schnell geht! Und das, obwohl ein ständiger Kurierdienst zwischen Delhi und der Baustelle existiert. Na ja, Kurierdienst ist gut. Derselbe besteht aus einem einzigen Inder, der sein Leben aktuell in der Eisenbahn verbringt. Er pendelt ständig zwischen Büro und Baustelle. Er steigt am Abend in Delhi in den Zug, morgens in Kota wieder aus. Der Zug fährt weiter nach Bombay oder eher Mumbai, wie es ja jetzt heißt. Aus der Gegenrichtung fährt ein entsprechender Zug in Mumbai los, der dann am Nachmittag in Kota ankommt. Diesen nutzt der Bote dann, um wieder nach Delhi zurück zu fahren. Wenn man eine Frage hat, die ein Experte im Stammhaus beantworten soll, oder man dringend Material benötigt, so gibt man sie dem Boten, der am Abend damit nach Delhi fährt. Am nächsten Morgen kann er das dann im Büro in Delhi abgeben. Von dort wird das dann per Fax nach Deutschland versendet. Das ist allerdings oft eine Vollbeschäftigung für die Sekretärin, da es sehr häufig zu Abbrüchen und Fehlern bei der Übertragung kommt, so dass ein Fax oft mehrmals hintereinander in die Maschine gefüttert werden muss, bis es irgendwann erfolgreich übermittelt wurde. Die Abteilung in Deutschland, bei der das Fax dann ankommt, sucht dann jemanden, der sich um den Inhalt kümmern kann. Durch die Zeitverschiebung ist das jedoch nicht mehr am selben Tag möglich, so dass eine Antwort frühestens am nächsten Tag vorliegt. Dann ist der Bote aber gerade wieder auf der Baustelle. Also kann er die Antwort erst am Tag vier in Delhi wieder in Empfang nehmen und eine Antwort erreicht erst nach fünf Tagen die Baustelle. Vorausgesetzt, der Experte kann sofort eine Lösung oder Antwort präsentieren. Das ist aber gerade bei schwierigen Fällen nicht sofort möglich. Dann dauert die Bearbeitung im Stammhaus schon mehrere Tage, die dann noch hinzugerechnet werden müssen. Manchmal transportiert der Bote auch nur Zeitungen.
Grundsätzlich läuft alle Kommunikation über das Büro in New Delhi. Telefonieren ist aus der Post in Anta nicht effektiv möglich und wird daher nicht wahrgenommen. Es wäre vielleicht möglich, ein Kabel zur Postverteilstation in Anta zu legen, aber die aktuelle Qualität, die ja Erik schon erleben durfte, würde das nicht rechtfertigen. Somit hat sich keiner ernsthaft mit dieser Idee auseinandergesetzt. Ein Fax zu versenden scheitert an der fehlenden Technik im Postoffice in Anta. Wenn es erforderlich ist, dass man selbst nach Deutschland telefonieren möchte, fährt man am besten nach Delhi und telefoniert dort von einem Hotel aus. Die Preise sind horrend, aber durch die Satellitenverbindung in vernünftiger Qualität. Die günstigste Methode ist immer noch die Kommunikation über den Boten.
Irgendwann beschließt Peter, dass die Pause vorbei ist und setzt sich am Tisch auf. Dabei spricht er laut mit jedem kurz durch, was heute ansteht, so dass alle gleichzeitig erfahren, was vorgesehen ist. In den Augen von Erik verläuft die Morgenbesprechung recht lässig. Peter fragt im Grunde nur, ob es etwas Besonderes gibt und was die Kollegen brauchen und das war es. Im Grunde weiß auch jeder, was er zu tun hat. Da ist ein Besserwisser, der einen bevormundet, absolut fehl am Platz. Der wesentliche Punkt, um den es heute geht, ist der erwartete Stillstand des Kraftwerkes aufgrund des fehlenden Gasdrucks. Sobald die Anlage steht, lassen sich verschiedene kritische Arbeiten erledigen, für die man den Stillstand benötigt. Sobald die Anlage steht, werden alle anderen Arbeiten eingestellt und die kritischen Stillstandsarbeiten vorgezogen. Kurz nach dieser Besprechung zerstreut sich die Gruppe über die Baustelle, so dass Erik mit Peter allein im Raum ist.
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