Natürlich gibt es Autoren, die als Entdecker erfolgreichsind. Aber sie wurden das nur, weil auch sie Lehrgeld zahlten und Erfahrung sammelten – in Form von reichlich Papier in reichlich vollen Schubladen. Oder weil sie Geniessind. Aber, sorry, Sie und ich und die anderen Leser dieses Buchs gehören nun mal nicht zu diesem erlauchten Kreis.
Alle erfolgreichen Romane fußen auf einer grundlegenden Struktur, die sich über die Jahrhunderte zu einer funktionierenden Struktur gelungenen Erzählensentwickelt hat. Das geschah nicht etwa, weil die Autoren das so wollten. Vielmehr haben die Zuhörer und Leser diese Evolution bestimmt.
Keine starre Struktur ist das, aber sie ist doch so fix, dass sich das Wesentliche nicht von einem Jahrzehnt zum nächsten ändert. Weil sich die Menschen nicht so schnell ändern. Was mancher als starre Regeln schmäht, hat in Wahrheit weniger mit dem Schreiben zu tun als mit der Art, wie Menschen auf Geschichten reagieren. Stimmt schon, auch das menschliche Skelett ist stark einschränkend, was seine Bewegungsoptionen anbelangt. Aber es funktioniert bei Milliarden von Menschen ausgezeichnet und zuverlässig.
Ein Kennzeichen eines schlechten Autors ist seine Selbstüberschätzung. Vor allem die, über den gewachsenen Strukturen zu stehen. Mit viel Realismus und ein wenig Demut kommen Sie weiter. Und mit einem überzeugenden Exposé sowieso.
Dabei müssen Sie Ihren Plan oder Ihr Konzept (oder wie Sie das für sich nennen), nicht zu einem Exposé ausformulieren. Vielen Autoren genügt bereits ein ausführliches Konzept. Die zusätzliche Hilfe, die ein Exposé bietet: Es zwingt zu einer klaren Formulierung und damit zu klaren Gedanken und klaren Entscheidungen. Je mehr Schwierigkeiten Sie damit haben, desto wichtiger wird das Exposé für Sie – als Disziplinierungund als wunderbare Hilfestellung.
Leider machen die Verlageden Autoren die Sache mit dem Exposé nicht gerade einfach. Unterschiedliche Verlage möchten oft auch unterschiedlich ausführliche Exposéshaben, die einen womöglich mit einer Charakterübersicht, die anderen mit einer halben Seite zu der Frage, warum ausgerechnet Sie der beste Autor für dieses Thema sind.
Selbst wenn Sie bereits einen Verlag haben und dort kein komplettes Manuskript anbieten, sondern nur das Konzept für einen Nachfolgeroman, wird mancher Verlag von Ihnen neben dem Kurzexposé ein längeres von zehn oder sogar zwanzig Seiten verlangen. Oder der Verlag will gleich eine Outline mit Übersicht über die Kapitel.
Man liest immer wieder von Autoren, deren detaillierte Outlineauf hundert und mehr Seiten angewachsen ist, bevor sie auch nur eine einige Zeile für den eigentlichen Roman tippen.
Manche Verlagewollen eben möglichst früh möglichst viel Einflussauf ein Werk haben. Das ist einerseits verständlich, für den Autoraber mindestens lästig, oft sehr anstrengend und zeitaufwendig.
Dem Romantut das in vielen Fällen gut. Nicht in allen. Wenn ihm zu viele reinreden, verliert der Autor den Fokus auf die Themen, die ihn umtreiben, er verliert die Leidenschaft, die er zum Schreiben einer mitreißenden Geschichte braucht. Der Plot funktioniert, aber der Roman wird tot geboren.
Als Autor sollten Sie wissen, was für Sie selbst zutrifft. Hilft Ihnen das Strukturierte? Oder behindert diese Struktur Sie eher? Bevor jetzt alle rufen, Struktur behindert mich! , probieren Sie es erst einmal aus.
Ich bin der Meinung, und so sind auch meine Erfahrungen aus den zahlreichen Plot-Gutachten, die ich bislang für Autoren erstellt habe, dass dem Großteil der Autoren eine gute Struktur hilft, einen besseren Roman zu schreiben. Häufig sorgt sogar erst die Struktur dafür, dass ein Roman zu Ende (!) geschrieben wird.
Wenn bei Ihnen die Frage im Zentrum steht, wie Sie den besten Roman schreiben, den Sie draufhaben – dann sollten Sie es mit einer Planung versuchen, die Ihrem Roman zumindest eine grobe Strukturgibt. Ganz gleich, ob Sie Selfpublishersind oder im Verlagveröffentlichen.
Und Leser finden Sie auf diese Weise auch sehr viel leichter. Versprochen.
Wie aber sieht es bei literarisch anspruchsvollen Romanenaus, bei denen die Sprache im Zentrum steht und die Geschichte, sofern vorhanden, erst an zweiter Stelle kommt? Autoren solcher Texte finden ihren Verlag meist auf andere Weise. Das können verlangt eingesandte Manuskripte sein, angestoßen von der Empfehlung eines befreundeten Autors, der in diesem Verlag veröffentlicht. Oder die Lektorin fragt beim Autor an, weil der sie beim letzten open mike oder in Klagenfurt so beeindruckt hat: »Hast du nicht noch einen Roman in der Schublade?« Allein über das Exposé verkaufen diese Autoren ihre Romane eher selten.
»Und was ist mit mir?«, fragt Valerie, die Sachbuchautorin.
Bei dir, liebe Valerie, fällt das Urteil eindeutiger aus. Ein Sachbuch, und mehr noch ein Ratgeberoder ein Fachbuch, braucht Struktur sogar dringenderals ein Roman. Das Drauflosschreiben ohne Plan führt hier garantiert in den Abgrund. Das Exposé hilft, die Gedanken zu strukturieren. Dem Verlag zeigt es, dass der Autor zu dieser Ordnung fähig ist. Der Leser wird sie zu schätzen wissen. Bei Verlagsautoren genau wie bei Selfpublishern.
Linktipps:
Einen guten Einstieg ins Schreiben eines Exposés gibt André Hille von der Textmanufaktur in dem Artikel » Wie schreibe ich ein Exposé? «. Hille arbeitet übrigens auch als Literaturagent – er sollte es also wissen :-)
http://j.mp/1sp2B2O
Bei der Textmanufaktur findet sich auch ein Interview mit dem Lektor Olaf Petersen, damals Kiepenheuer & Witsch, mit dem bezeichnenden Titel » Pitching is selling not telling the story «:
http://j.mp/1vcxXLZ
Über » 10 Fehler, die man bei einem Exposé vermeiden sollte « informiert Marcus Johanus:
http://j.mp/1n1MXHo
Als Beispiel für ein Exposénebst Anschreiben finden Sie auf der Bonusseitezu »KLÜGER PUBLIZIEREN« das Exposé meines Romans » Die kleine Göttin der Fruchtbarkeit « (als Paul Mesa). Mit dem Exposé konnte ich einen Literaturagenten überzeugen, der kurz darauf den Roman an das Rowohlt-Imprint Kindler verkaufte, wo das Buch als Spitzentitel erschien:
http://www.schriftzeit.de/kp
Buchtipps:
Wie Sie das Exposé für Ihren Roman schreiben, erklärt Hans-Peter Röntgen in seinem Ratgeber » Drei Seiten für ein Exposé «.
Weitere Beispielexposésfinden Sie im » Handbuch für Autorinnen und Autoren « aus dem Uschtrin-Verlag:
http://www.handbuch-fuer-autoren.de
Falls Sie Ihr Exposé und insbesondere den Plot Ihres Romans von einem Profi begutachten lassen möchten, bevor Sie Verlage anschreiben, finden Sie im Web zahlreiche Adressen guter Lektoren.
Auch ich helfe Ihnen dabei gerne weiter. Erste Informationen finden Sie hier:
http://schriftzeit.de/ihr-roman-gutachten
Noch mal der dringende Rat:Wenn Sie sich ein Jahr sinnloser Arbeit und viel Frust ersparen wollen, schreiben Sie erst das Exposé und dann den Roman! Als (schlechtere) Alternative empfehle ich Ihnen zumindest ein ausführliches Konzept.
Fazit: Das Exposé
Für Autoren, die in einem Verlag veröffentlichen möchten, ist ein Exposé unverzichtbar. Für sie und auch für Selbstverleger durch seine strukturierende Funktion ist es bei Romanen fast immer sehr hilfreich, bei Sachbüchern unerlässlich.
Читать дальше