1 ...8 9 10 12 13 14 ...23 (Vergeben Sie an Verlag oder Selfpublishing je nach Wichtigkeit 1, 2 oder 3 Punkte.)
Ihre Entscheidung:
Verlag: ___ Punkte; Summe: ___ Gesamtpunkte
Selfpublishing: ___ Punkte; Summe: ___ Gesamtpunkte
Das Exposé: Ein Konzept ausarbeiten und festschreiben
Mit Exposé ist nicht immer das Gleiche gemeint. Für die einen ist es die Gesamtheit aus Konzept, Pitch, Personenliste, kurzer und längerer Zusammenfassung der Handlung und Informationen zum Autor einschließlich Kurzvita und Bibliografie. Ich nenne es mal das Exposé im weiteren Sinn. Das Exposé im engeren Sinnmeint lediglich die Zusammenfassung der Handlung, also die Synopsis des Plots auf ein bis fünf Seiten – in Ausnahmefällen und meistens auf Anfrage des Verlags auch deutlich mehr.
Ich betrachte das Exposé hier als eine für Dritte bestimmte, knappe, geordnete, übersichtliche, leserliche, überzeugende und durchaus mitreißende Darstellung des Konzepts. Ein Exposé formuliert das Konzept und schreibt es fest.Wobei fest nicht heißt, dass Sie das Exposé nicht durch etwas noch Besseres ersetzen oder im Lauf der Arbeit weiter an Ihr Werk anpassen können. Und sollten.
Info:Kurze Exposés (im engeren Sinn) von bis zu drei Seiten werden meist nur von neuen Autoren gefordert, die sich unaufgefordert an eine literarische Agentur oder einen Verlag wenden. (Beachten Sie dazu die Vorgaben, die sie auf den Websites fast aller Verlage und Agenturen finden.) Wenn Sie erst einmal bei einem Verlag unter Vertragsind, fallen diese Exposés im engeren Sinn oft deutlich länger aus. Manche Verlage wollen zehn, zwanzig und noch mehr Seiten, um auch die Details im Plot beurteilen zu können und entsprechend einzugreifen und eigene Änderungen vorzuschlagen. (Siehe unten.)
Diese Synopsissteht im Zentrum auch des Exposés im weiteren Sinn. Vermutlich ist daher diese uneinheitliche Verwendung des Begriffs entstanden. Das Meiste, was ins Exposé i. w. S. hineingehört, ist wenig anspruchsvoll: Seine Adressdaten und die Liste der eigenen Veröffentlichungen sollte man noch ohne Weiteres hinbekommen. Mit dem Konzept – Genre, Umfang, Zielgruppe, Pitch – haben wir uns schon weiter oben befasst. Bleibt die Synopsis.
Die sehen wir uns etwas genauer an. Der Einfachheit halber nenne ich sie im Folgenden Exposé .
In der Praxis:Verlagsautor Volker ist ein Drauflosschreiber. Er entdeckt seine Geschichte erst beim Schreiben. Die Folge davon ist, dass er sehr viele Versionen seines Textes schreiben muss, bis dieser ihn zufriedenstellt. Wenn Volker mit dem Schreiben loslegt, hat er kaum mehr als ein paar vage Ideen. Die Richtung, in die seine Geschichte läuft, kennt er nur grob.
Ein Exposé zu schreiben, bevor er den Roman beginnt, ist für ihn unmöglich. Sagt er. Ein Exposé zu schreiben, nachdem der Roman fertig ist, ist noch schwieriger, denn er sieht vor Fichten den Forst längst nicht mehr. Seine neue Lektorin im Verlag aber will vor seinem nächsten Roman erst ein Exposé. Volker ist ratlos.
Dabei hat Volker es noch gut. Autoren, die erst auf der Suche nach einem Verlag sind, brauchen die Suche ohne ein Exposé gar nicht erst anzutreten. Sie selbst meinen ja zu wissen, worum es in ihrem Roman geht. Dieses jedoch auf zwei, drei Seiten zusammenzufassen, will ihnen nicht gelingen. Zu sehr sträubt sich die ungeordnete Fülle des Stoffs dagegen. Zu sehr machen sich jetzt Versäumnisse bemerkbar, zu spät erkennt der Autor, dass sein Plot nicht funktioniert – oder, noch schlimmer, er spürt es, ignoriert es jedoch. Die Wahrheit wäre auch zu schmerzhaft. Ein, zwei Jahre für nichts und wieder nichts an einem Traum gearbeitet? Kein Wunder, dass viele Autoren beim Erstellen eines Exposés verzweifeln. Tatsächlich ist es nicht das Exposé, an dem sie verzweifeln, sondern die Fehler, die sie beim Schreiben Ihres Romansgemacht haben und die sich jetzt rächen.
In der Praxis:Mein eigener Traum von einem vermeintlich genialen Fantasy-Roman zerplatzte an eben dieser Unausgegorenheit. Bei einem zweitägigen Seminar stellten wir Teilnehmer unsere Exposés vor. Mein Text war am ersten Tag noch gar nicht an der Reihe. Doch hatte ich da schon genug gelernt, um in der Nacht nicht schlafen zu können. Ich wusste, dass mein Roman auf seiner ganzen epischen Breite von achthundert Normseiten nicht funktionierte. Überarbeitung? Keine Chance. Alles in die Tonne und mit einem Konzept ganz von vorn beginnen? Diese Aussicht erschien mir wie die Aufforderung, ohne Seil, Bergerfahrung und Kondition die Zugspitze zu besteigen – nachdem ich schon dachte, so gut wie oben zu sein, nur um zu erfahren, dass ich fälschlich den Feldberg im Schwarzwald bestiegen hatte. Zu einem neuen Aufbruch besaß ich weder die Kraft noch die Überzeugung, die Arbeit würde sich rentieren.
Besser machen es die Planer, die ihr Exposé aus dem Konzept heraus erstellenund dann, während des Schreibens, immer wieder anpassen. Dann steht am Ende etwas Schlankes und Flottes da und kein Wust mühsam auseinanderklabüsterter Ideen. Dann ist auch der Weg zum Verlag viel schneller zu bewältigen – und mit weit mehr Aussicht auf Erfolg.
Der Selbstverlagscheint da für die Entdecker unter denAutoren eine gute Alternative. Oder?
In der Praxis:Sergej zumindest sieht das so, auch er gehört zur Zunft der Drauflosschreiber, jeder Gedanke an Planung erscheint ihm wie Blasphemie: Das Hochheilige des literarischen Schaffens darf nicht zerstört und profan werden.
Sergej schreibt seinen Roman, er schreibt ihn fertig und darauf ist er, zurecht, auch stolz. Dann will er das Buch bei neobooks veröffentlichen – und wird während des Publishing-Prozesses von der Eingabe-Maske seines Browsers mit der Frage konfrontiert, worum es in seinem Buch geht. Das solle er bitte in dreißig Worten darlegen. Und falls er im internen Wettbewerb des zu Droemer-Knaur gehörenden Selfpublisher-Hebammen-Services um einen Verlagsvertrag antreten wolle, müsse er sogar ein – er traut seinen Augen nicht, aber da steht es – müsse er sogar ein Exposé schreiben!
Sergej hat ein Problem. Doch dieses Problem hat nichts zu tun mit den Ansprüchen von neobooks oder epubli oder BookRix und Konsorten. Sergejs Problem ist der Plot seines Romans. Der nicht funktioniert. Was Sergej jedoch nicht sieht. Weil er nie gezwungen war, seinen Text zu erklären, ihn zusammenzufassen und das Zentrale darin zu sehen, konnte der Text wild wuchern – der Forst mit lauter Bäumen ist in Wahrheit ein Dschungel.
Irgendwie schafft Segej es, sich um die Fragen der Publisher-Dienste herumzumogeln, und bald schon steht sein Roman » Catherine Déneuves Grammophon « überall im Web zum Download bereit. Nur, niemand kauft es.
Sergej hat nicht bedacht, dass sein chaotisches Werk in Konkurrenznicht zu anderen chaotischen Werken steht – sondern vor allem zu den professionellen, strukturierten und dramaturgisch besseren Büchern anderer Autoren. Tausenden davon. Für diese Autoren erweist sich der Druck, den die Suche nach einem Verlag oder einer Agentur bei ihnen aufgebaut hat, als nützlich.
Ich will hier niemanden überreden, seinen Roman im Detail zu planen. Sie sollten sich nur bewusst sein, dass der erste, ohne Plan heruntergeschriebene Roman in neunundneunzig von hundert Fällen in der Schublade versauern wird. Was nicht schlimm ist, sondern unter » Lehrgeld« firmiert, das jeder Schriftsteller zahlen muss.
Читать дальше