Kurzes Zögern. Die Hand wurde wieder erhoben.
„Es kommt – es kommt aus der Türkei“, erklärte Praha schnell.
„Ja, ja; es kommt aus der Türkei. Mein Ehrenwort !“
„Dein Ehrenwort?! Du redest von Ehre, du Lump?! Was verstehst du von einem Ehrenwort?! - Wer übergibt dir das Heroin ?“
Verzweifelt sah Praha in die Runde. Wieder hob sich die
„Nein, nicht ! Ich – ich rede ja! Ich werde reden ! Das, das Heroin gibt mir ein, ein – Sie müssen wissen, dass ich Zigeuner bin; ein Roma – und...“
„Ja; das Heroin bekomme ich von einem anderen Roma, äh – Zigeuner. Er bringt es mir – und ich verkaufe es hier.“
„Du lässt es hier verkaufen, wolltest du wohl sagen. Oder?“
„Ja, ja; Sie haben recht. Sie wissen ja schon alles. Ich lasse es verkaufen – von meinen Straßenverkäufern.“
„Woher kommt dieser andere Zigeuner ?“
„Aus Jugoslawien.“
„Jugoslawien ist groß. Von wo dort genau ?“
„Aus dem Kosovo; von dort komme auch ich.“
„Sag’ mir seinen Namen; doch denke daran: Jede Lüge wird dich teuer zu stehen kommen. Wir wissen sehr viel über dich !“
Der Maskierte nannte nun den Namen von Praha’s Frau, beschrieb Diese und beschrieb sodann sehr genau Praha’s Wohnung.
„Also; antworte: Wie ist sein Name?“
Leichenblass nannte Praha nun einen Namen.
„Sei dir gewiss, dass wir dies überprüfen werden, bevor wir dich freilassen.“
Praha nickte stumm. Etliche belanglose Fragen wurden noch gestellt - dann abermals:
„Wie ist der Name jenes Zigeuners, der dir das Heroin bringt ?“
Praha nannte den gleichen Namen wie schon zuvor.
„Die Adresse?“
Auch die nannte Praha nun.
Der Professor, Welcher Name und Adresse notiert hatte, tippte Karl an den Arm und gab ihm ein Zeichen, mit ihm zu kommen.
Auch Kurt Wagner schloss sich den Beiden an, um wieder zurück ins Clubhaus zu gelangen, nachdem sie Overalls und Masken abgelegt hatten. Kurt Wagner und Karl Liebknecht nahmen wieder ihre Plätze an der Bar ein, während der Professor sich entschuldigte und das Vereinshaus wieder verließ, nachdem er die beiden Zurückbleibenden aufgefordert hatte, sich doch selbst mit Getränken zu versorgen.
Kurt Wagner goss für Karl sowie sich selbst ein und setzte sich dann wieder an die Seite des neugewonnenen Kameraden.
„Der Professor wird jetzt versuchen, herauszufinden, ob ein Mann diesen Namens in jener Ortschaft im Kosovo existiert. Da er reisen kann, muss der Mann einen Pass besitzen und somit registriert sein. Also stehen die Chancen gut, eine entsprechende Auskunft zu erhalten“, erklärte Wagner, „der Professor hat gute Beziehungen zu Mitarbeitern verschiedener deutscher Behörden, so dass ihm Manches zugänglich wird, was dem Normalbürger üblicherweise vorenthalten bleibt.“
„Was soll nun mit Praha geschehen ?“
„Nun; wir sprachen bereits darüber. Es besteht die Möglichkeit, dass wir ihn noch gebrauchen können, um an weitere Hintermänner zu gelangen. Oder auch an Gleichgeartete in anderen Städten.“
Wagner kratzte sich am Kinn.
„Wir müssen das Ende der Befragung abwarten und dann noch einmal darüber beraten.“
Der Wirt des Germania nippte an seiner Schorle.
„Wie denken Sie nun über unseren Verein, Herr Liebknecht“, wollte er dann wissen, „sind Sie im Großen und Ganzen mit unseren Zielen einverstanden?“
„Ich denke, die Antwort ist ein klares Ja“, erwiderte Karl, „mit den Zielen auf jeden Fall und ich denke, auch mit der Art, wie Sie mit solchen Leuten umgehen. Sie luden mich ja zur Versammlung, welche im nächsten Monat stattfinden soll, ein. Ich denke, dort werde ich noch einiges mehr über Ihre Überzeugungen erfahren. Was ich bisher von Ihnen und dem Professor zu hören bekam, interessiert mich außerordentlich.“
Es war bereits 18.30 Uhr, als der Professor wieder erschien.
„Praha scheint die Wahrheit gesagt zu haben. Ein Mann des genannten Namens existiert tatsächlich und wohnt am genannten Ort. Auch kommt er des Öfteren nach Deutschland, wie man mir bestätigte.
Meine Herren, ich denke, es wird doch etwas spät werden. Falls Sie Beide nach Hause fahren möchten, da Sie doch morgen früh aufstehen müssen, so werden wir Sie morgen über den Fortgang der Dinge informieren. Herr Liebknecht mag ja vielleicht in seiner Mittagspause
im Germania vorbeischauen. – Wäre es Ihnen so recht, Herr Liebknecht ?“
Es war ihm recht, denn die Einzelheiten, welche jetzt noch besprochen werden mussten, konnte er wirklich auch morgen noch erfahren. Im Germania gefiel es Karl ausnehmend gut und außerdem konnte man dort auch noch gut essen.
Die Beiden verabschiedeten sich also vom Professor, der sich aufmachte, den Fahrer zu schicken, während Karl und Kurt schon im Fond des Mercedes Platz nahmen.
Endlich Zuhause angekommen, stellte sich Karl Liebknecht unter die Dusche und genehmigte sich anschließend, zum Abschluss dieses ereignisreichen Tages, noch ein kaltes Bier.
Montag; Mittagspause. Karl saß im Nebenzimmer des Germania und ließ sich vom Wirt während des Essens über den Ausgang des gestrigen Abends berichten, während die junge Aushilfsbedienung sich alleine um die Gäste kümmerte.
„Man versicherte Praha, dass er rund um die Uhr überwacht würde – und man sich, sollte dies sich als notwendig erweisen, auch um seine Frau und restliche Familie im Kosovo kümmern werde. Man verlangte von ihm, sich seinem Drogenkurier gegenüber normal zu verhalten und Diesen nicht zu warnen. Vermutlich wird er jetzt bald bei Ihnen auftauchen, um Sozialhilfe zu beantragen. Machen Sie es ihm ruhig etwas schwer, damit wir sehen, wie viel in etwa er auf der Hohen Kante hat; wie dringlich es ihm also ist.
Man zeigte Praha eine Stelle, an welcher er ein bestimmtes Zeichen zu hinterlassen hat – es ist übrigens auf dem Parkplatz – sobald der Drogenhändler seine Ankunft gemeldet hat. Wollen sehen, ob er es wirklich tut. Wir sind außerdem überzeugt, dass Praha Kontakte zu anderen Großverkäufern pflegt.
Da aufgrund seines demolierten Wagens eine Menge Kosten auf ihn zukommen, muss er sich nun schleunigst nach einer Verdienstmöglichkeit umschauen. Alles Geld, das sich in dem Wagen befand sowie auch das Heroin, wurde von den Männern, welche ihn in der Nacht zurück auf den Parkplatz fuhren, entfernt.“
„Er wird sich in den Allerwertesten gebissen haben, als er seinen Wagen in Augenschein nahm. Die Abschleppkosten muss er dazu auch noch tragen.“
Karl unterbrach die Ausführungen des Wirtes.
„Habe ich Sie richtig verstanden? Ich soll die Bearbeitung seines Antrages möglichst verzögern, damit Sie herausfinden können, ob Praha genügend Erspartes besitzt ?“
„Richtig“, gab Kurt Wagner zurück, „außerdem wird er dadurch vielleicht veranlasst, weitere Fehler zu begehen, wie beispielsweise sich in einer anderen Umgebung wieder einige Kleinverkäufer anzustellen.
Wir wollen Praha so weit als nur möglich benutzen; ihm sozusagen die Daumenschrauben anlegen, sobald er den geringsten Fehler macht, um uns weitere Informationen verschaffen zu können.“
Karl versprach, sein Möglichstes zu tun, um die Abwicklung der Bearbeitung des Antrages Praha’s so lange als möglich zu verzögern.
Mittwoch, 29.Februar. Naim Praha saß Karl Liebknecht in Dessen Dienstzimmer gegenüber.
„Wie weit ist mein Sozialhilfeantrag ?“
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