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EINE ERKLÄRUNG DES AUSSTOSSENS UNREINER WINDE UND DER MEDITATION ÜBER EINEN HOHLEN KÖRPER
Wie im Titel angedeutet, hat die erste Stufe der Meditation zwei Teile:
(1) Ausstoßen unreiner Winde
(2) Über einen hohlen Körper meditieren
Der Zweck dieser zwei Übungen ist es, uns von geistigen und körperlichen Hindernissen zu befreien und unseren Geist und unseren Körper klar und luzid zu machen.
AUSSTOSSEN UNREINER WINDE
Das Ausstoßen unreiner Winde wird durch die Reinigungspraxis des neunmaligen Ausatmens erreicht. Wir beginnen diese Praxis, indem wir die Spitze unseres linken Daumens gegen die Innenseite der Basis unseres linken Ringfingers drücken und dann eine Faust machen, indem wir die vier Finger über unserem Daumen schließen. Die Faust wird dann auf die rechte Seite des Brustkastens gelegt, so daß sich der Arm bequem über den Bauch legt. Der Arm ist leicht nach oben gedreht, um der Rückseite der Faust zu ermöglichen, auf der rechten Seite des Körpers auf der Höhe des rechten Ellbogens zu ruhen.
Dann machen wir mit der rechten Hand die gleiche Faust, strecken aber den Zeigefinger aus. Mit der Rückseite des ausgestreckten Zeigefingers drücken wir auf das linke Nasenloch, um es zu verschließen, und atmen dann voll und tief durch das rechte Nasenloch ein. Während wir sanft einatmen, visualisieren wir, wie die inspirierende Kraft aller Buddhas und Bodhisattvas durch unser rechtes Nasenloch in der Form von strahlendem weißem Licht eintritt, das sich im unzerstörbaren Wind und Geist im Zentrum unseres Herzkanalrades auflöst. Wir bleiben so lange wie möglich auf dem Höhepunkt der Einatmung.
Für die Ausatmung bewegen wir unseren ausgestreckten rechten Zeigefinger zum rechten Nasenloch und verschließen dieses, indem wir mit der Vorderseite des Fingers darauf drücken. Dann atmen wir alle unreinen Winde in drei gleich langen, aufeinanderfolgenden Atemstößen durch das linke Nasenloch aus. Während wir ausatmen, visualisieren wir, daß alle unsere unreinen Winde, besonders diejenigen der linken Körperhälfte, in der Form von tief schwarzem Rauch ausgestoßen werden. Wir haben nun drei der neun Ausatmungen abgeschlossen.
Während unser Finger immer noch auf das rechte Nasenloch drückt, atmen wir noch einmal langsam, sanft und tief ein. Wir visualisieren, daß strahlend weißes Licht durch unser linkes Nasenloch einströmt. Es bringt die inspirierende Stärke aller Buddhas und Bodhisattvas und wird im unzerstörbaren Wind und Geist beim Herzen absorbiert. Wir halten den Atem an, bis kurz bevor es unangenehm wird. Dann bringen wir den ausgestreckten Zeigefinger zurück zum linken Nasenloch wie vorher und atmen die unreinen Winde durch das rechte Nasenloch in drei gleich langen Atemstößen vollständig aus. Wir visualisieren, daß dabei alle unsere unreinen Winde, besonders diejenigen der rechten Körperhälfte, ausgestoßen werden.
Nachdem jetzt sechs der neun Ausatmungen abgeschlossen sind, legen wir unsere Hände in der Haltung des meditativen Gleichgewichts in unseren Schoß, wobei die Handflächen nach oben zeigen, die rechte Hand auf der linken ruht und die Daumenspitzen sich fast berühren. Wir atmen sanft und tief durch beide Nasenlöcher ein, während wir die gleiche Visualisierung wie vorher durchführen. Dann atmen wir durch beide Nasenlöcher dreimal aus. Wenn diese drei Ausatmungen abgeschlossen sind, stellen wir uns intensiv vor, daß alle unsere Kanäle, Winde und Tropfen sehr geschmeidig und angenehm sind.
Diesen Zyklus kann man so oft wiederholen, wie man möchte, wenn nötig eine ganze Sitzung lang. Es ist sehr wichtig zu versuchen, diese Meditation mit einsgerichteter Konzentration auszuführen, wenn sie von Nutzen sein soll.
ÜBER EINEN HOHLEN KÖRPER MEDITIEREN
Der Zweck dieser Stufe der Meditation ist es, Behinderungen und Probleme zu beseitigen, die in Verbindung mit unseren Kanälen, Winden und Tropfen entstehen. Wenn diese drei nicht richtig funktionieren, besteht die Gefahr, verschiedene Krankheiten zu bekommen. Außerdem kann es sein, daß diejenigen, für die die Meditation der Vollendungsstufe neu ist, ihre Körperelemente aus dem Gleichgewicht bringen, indem sie zu stark forcieren und sich überanstrengen. Diese Störungen werden jedoch nicht auftauchen, wenn wir unsere Kanäle, Winde und Tropfen mittels dieser Meditation geschmeidig machen.
Wie weiter unten erklärt wird, gibt es zwei Methoden, die Winde durch die Meditation des Inneren Feuers in den Zentralkanal zu bringen: die friedvolle Methode und die kraftvolle Methode. Die kraftvolle Methode verwendet Körperkraft, um die Winde rasch und stark in den Zentralkanal zu bringen. Obwohl diese Methode unter Umständen sehr wirksam ist, kann sie auch gefährlich sein, indem sie zu einem Ungleichgewicht unserer Winde führt und geistiges und körperliches Unwohlsein hervorruft. Wenn wir über unseren Körper als hohl meditieren, werden wir davor geschützt sein. Es ist wichtig zu verhindern, daß die Übungen der Vollendungsstufe zu einem Ungleichgewicht unserer Winde führen, weil uns weder ein Arzt noch ein Heilmittel helfen kann, wenn dies geschieht.
Die friedvolle Methode, die Winde in den Zentralkanal zu bringen, mag etwas länger dauern, ist aber ein viel sanfterer Vorgang. Wenn die Winde auf diese Weise in den Zentralkanal gebracht werden, treten sie sehr sanft und ruhig ein, ohne die geistigen und körperlichen Nebenwirkungen, die daraus entstehen können, daß die Kanäle, Winde und Tropfen gestört werden. Diejenigen, die diese friedvolle Methode erfolgreich praktizieren können, müssen nicht über den Körper als hohl meditieren, weil sie nicht durch Krankheiten der Winde oder der Kanäle gefährdet sind.
Je Tsongkhapa erklärte, daß die friedvolle Methode der kraftvollen überlegen ist. Er zeigte auf, daß sie nicht nur die oben erwähnten Hindernisse umgeht, sondern auch ein kraftvollerer Weg ist, das Klare Licht zu erfahren. Die friedvolle Methode verstärkt die einsgerichtete Konzentration, und daher bewegen wir uns ganz natürlich und sanft von einer Freude zur nächsten, wenn wir die unten erklärten vier Freuden praktizieren. Außerdem steht im Urtext des Hevajra-Tantras und seinen Kommentaren geschrieben, daß wir es auf friedvolle Weise tun sollten, wenn wir über Inneres Feuer durch Halten der Vasenatmung meditieren.
Schließlich gibt es noch einen weiteren Nachteil der kraftvollen Methode, der hier erwähnt werden sollte. Wenn wir diese Meditationen kraftvoll und voller Erwartung ausführen, mögen wir tatsächlich in der Lage sein, die Winde relativ schnell in den Zentralkanal zu bringen, aber der Aufwand an körperlicher Bewegung, der mit dieser Methode einhergeht, kann dazu führen, daß wir noch nicht einmal die ersten Zeichen deutlich erkennen, die auftauchen, wenn die Winde sich im Zentralkanal auflösen, und wenn wir die ersten Zeichen nicht erkennen, werden wir das letzte Zeichen, das Klare Licht, nicht klar erkennen können. Aus all diesen Gründen ist die friedvolle Methode die bevorzugte Praxis.
Die Meditation über unseren Körper als hohl wird folgendermaßen ausgeführt. Zuerst betrachten wir unseren Körper, als sei er in seiner normalen Form - aus Haut, Fleisch, Knochen, Blut und so fort gemacht - und dann stellen wir uns intensiv vor, daß der ganze Inhalt unseres Körpers zu Licht schmilzt und sich allmählich in Leerheit auflöst, und daß nur unsere Haut wie eine leere Schale zurückbleibt. Wenn diese Meditation einmal stabil ist, stellen wir uns vor, daß unsere Haut klar und durchsichtig wird, ohne körperlichen Widerstand wie ein Regenbogen. Wenn wir während irgendeiner Stufe unserer Praxis Probleme durch Windkrankheiten erfahren, sollten wir diese Meditation ausführen, bis die Schwierigkeit nachläßt, selbst wenn es mehrere Tage oder Wochen dauert. Am Schluß der Meditationssitzung sollten wir die Visualisation unseres Körpers als Körper der Gottheit wieder aufnehmen.
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