„Ja alles bestens“, antwortete Nora und wandte sich zum Gehen, als Chris sie am Ellbogen festhielt.
„Das glaube ich ihnen nicht. Irgendwas stimmt doch nicht“.
„Doch wirklich alles ok“.
„Ich bin nicht blöd Nora. Wir unterhalten uns später, in meinem Arbeitszimmer“.
Eigentlich wollte sie heute den Kindern das Schwimmen ohne Flügeln beibringen, doch Chris hatte ihre kompletten Pläne ruiniert. Wieso musste er auch zu Hause bleiben und halb nackt vor ihr herum stolzieren. Nachdem sich die beiden Erwachsenen umgezogen hatten, hatte Chris den Mädchen gesagt, dass er und Nora was zu bereden hatten und sie nichts anstellen sollten in der Zeit, in der die beiden nicht aufpassten. Er bat Nora in sein Arbeitszimmer und als sie eingetreten war, schloss er die Tür.
„Also? Raus mit der Sprache. Was ist passiert?“
„Nichts ist passiert, aber ich kann es Ihnen nicht sagen. So gern ich es möchte. Aber ich kann und darf es nicht. Verstehen Sie mich bitte. Ich würde alles kaputt machen, und das wäre es nicht wert“.
„Nora, egal was es ist … Sie können über alles mit mir reden. Sie wohnen jetzt schon ein paar Wochen hier und ich denke so viel Vertrauen sollten wir zueinander haben, dass Sie mir sagen, wenn sie Probleme haben. Ich helfe Ihnen! Schließlich bin ich Ihnen was schuldig. Sie haben ja auch mir zugehört, als es mir schlecht ging. Und ich merke doch, dass mit Ihnen was nicht stimmt. Also raus mit der Sprache!“
„Sie wollen das wirklich nicht hören. Glauben Sie mir“, Nora atmete tief durch, denn Chris Gesichtsausdruck ließ darauf schließen, dass er den Raum nicht eher verlassen würde, bis sie ihm gesagt hätte was los sei „Ok! Ich sage es Ihnen, aber sie müssen mir versprechen, das Sie mich … ach und wenn schon … werfen Sie mich raus. Ist dann eh egal“.
„Nora, ich werde sie sicher nicht rauswerfen, denn so schlimm kann es nicht sein. Jetzt reden Sie nicht so viel. Sagen Sie was los ist und gut“.
„Nix ist gut. Ich habe mich verliebt …“.
Chris fing an zu lachen und sagte dann zu ihr, dass sie deshalb so einen Terz machte, das wäre doch wunderbar. „Das ist kein Beinbruch Nora. Das ist schön …“.
„In Sie!“, fügte sie noch hinzu, und sah dann nur noch wie das Lachen und der fröhliche Ausdruck auf Chris‘ Gesicht verschwand.
„Ich sagte doch, es ist furchtbar!“, rief sie noch, bevor sie nach draußen rannte.
Sie war in ihn verliebt? Chris stand wie gelähmt an seinen Schreibtisch gelehnt, nicht fähig irgendwas zu sagen. Ihm kam alles so unreal vor, bis Fred zur Tür rein kam.
„Christopher? Ist alles in Ordnung?“
„Was? Jaja warum?“
„Nun, weil Nora gerade wie von der Tarantel gestochen und weinend an mir vorbeigerannt ist.“
„Und wohin?“
„Das weiß ich nicht. Sie sagte mir nur, ich solle mir keine Sorgen machen. Was war los?“ Chris fuhr sich über das Gesicht, bevor er Fred anblickte.
„Sie hat … sie hat mir gesagt, dass sie sich in mich verliebt hat“. Fred sah ihn mit offenem Mund an.
„Jetzt kuck nicht so blöd. Das kommt in den besten Familien vor, dass sich das Kindermädchen in ihren Chef verknallt“.
„Und du hast sie rausgeschmissen?“
„Nein! Warum sollte ich? Nur weil sie sich ein bisschen in mich verliebt hat? Das vergeht auch wieder. Du wirst sehen, wenn sie sich beruhigt hat, kommt sie wieder und alles ist vergessen“. Fred nickte nur, glaubte aber nicht daran. Nora war eine erwachsene Frau. Klar konnte sie sicher mit ihren Gefühlen umgehen, aber die Frage war nur wie lange?
„Ach noch was anderes. Charlie war heute hier. Er und Conrad waren einen heben und danach kam er schnell hier vorbei. Du glaubst nicht, wie schön das war, dass er hier war. Tat richtig gut ihn wiederzusehen und mit ihm zu reden. Abgesehen von den alten Storys, die wir als Kinder angestellt haben.“
„Das glaube ich dir. Hast du ihm von Danielle erzählt?“, fragte Fred und sah ihn traurig an.
„Ja, das musste ich. Er lief ja direkt zu Nora und quasselte sie voll. Ich musste sie doch von diesem Verrückten retten. Sicherlich kommt er noch mal her, dann kannst du ihn auch begrüßen“. Fred hielt sich mit der Hand ans Herz und lachte.
„Du liebe Zeit - die magischen drei C wieder auf einem Haufen. Ob ich das Überleben werde?“, lachte Fred und ging wieder raus an die Arbeit. Und auch Chris konnte sich, wenn er genauer darüber nachdachte, ein Grinsen nicht verkneifen.
„Es hat sich viel geändert – sehr viel“, murmelte er vor sich hin, bevor er aufstand um sich um seine Mädchen zu kümmern. Nora lief und lief, bis sie schließlich vor dem Haus ihrer Freundin Jenny stand. Nach kurzem Überlegen klingelte sie und als diese öffnete, warf sie sich schnurstracks ihrer Freundin weinend in die Arme.
„Jenny, ich bin so blöd. So bescheuert! Wie konnte ich nur?“
„Hey, was ist denn los. Komm erzähl mir, was passiert ist“.
Nora setzte sich auf einen Stuhl in Jennys Küche und erzählte ihrer Freundin was sie getan hatte, und dass sie jetzt wahrscheinlich wieder einen neuen Job bräuchte.
„Oh Jenny, ich kann ihm doch nie wieder in die Augen sehen“.
„Jetzt übertreib mal nicht. Du hast deinem Chef gesagt, dass du in ihn verknallt bist. Na und? Das kommt in den besten Familien vor. Er wird dir nicht den Kopf abreißen und ich glaube auch nicht, dass er dich deswegen rauswirft“.
„Denkst du wirklich?“
„Süße, ich kenn deinen Chef zwar nicht, aber wenn er dich jetzt rauswirft nur weil du ihm gesagt hast, das du dich in ihn verguckt hast und ich kenn deinen Geschmack, dann ist er es nicht wert. Sieht er denn wirklich so heiß aus?“
Nora erzählte ihr von Chris. Dass er Augen hatte, so schön wie das Meer. Lippen so zart wie Aprikosen, und einen Körper wie sie ihn sich nur in ihren Träumen vorstellen konnte.
„Hmm, wenn der so aussieht wie du ihn beschrieben hast, dann kann ich mir gut vorstellen, dass du jede Menge Ablenkung brauchst um nicht über ihn herzufallen. Und ich weiß auch wie … Los komm, nimm deine Tasche … wir gehen shoppen“.
Jenny entführte Nora in die Stadt und danach noch in irgendeine Kneipe, wo sich Nora zwar nicht volllaufen, aber doch ein oder zwei Gläser Hochprozentiges genehmigte. Das tat gut! Hoffentlich hatte Chris den Vorfall schon vergessen? dachte sie sich immer wieder, während sie einen nach dem anderen zischte. Und am Ende doch voll bis unter die Kante war.
Unterdessen lief Chris im Wohnzimmer des Hauses, wie ein Tiger im Käfig, auf und ab. Draußen war es schon dunkel, die Kinder lagen schon seit Stunden in ihren Betten und schliefen, während Nora noch immer nicht zu Hause war. Er hätte ebenso gut schlafen gehen können, doch an Schlaf war nicht einmal zu denken, solange Nora nicht da war. Nicht einmal angerufen hatte sie? Langsam aber sicher machte sich Chris große Sorgen. Was wenn etwas passiert war? Sie irgendwo im Graben lag, verletzt oder sogar schon tot? Nein, daran durfte er nicht einmal denken! Sie würde wieder kommen. Hoffte er! Es brachte alles nichts. Chris lief jetzt schon seit Stunden Furchen in den Teppich, doch Nora blieb aus. Daher beschloss er, sich hinzulegen. Er würde hören, wenn sie die Treppe hochkommen und in ihr Zimmer gehen würde. Und dann würde er ihr eine Szene machen oder einfach nur dankbar sein, dass sie wohlauf war.
„Los mach schon. Geh jetzt da rein. Stell dich deiner Verantwortung und gut. Er wird dir schon nicht den Kopf abreißen“. Nora hatte panische Angst. Im Haus war es zwar stockdunkel, doch Nora spürte, dass Chris wach in seinem Bett lag und wartete. Wahrscheinlich war er so wütend auf sie, dass er mit den Zähnen knirschte.
„Gute Nacht Jenny und danke für alles“, lallte Nora etwas und musste sich auch ziemlich zusammenreißen, um gerade stehen zu bleiben. Nora brauchte nicht viel Alkohol, um betrunken zu werden. Es reichte sogar schon ein Glas Sekt und sie fing an zu kichern, beim Zweiten fing sie dann schon an zu lallen. Und was dann ein paar kurze anrichten konnten, war katastrophal.
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