zur Pflicht mir will erheben,
den Himmelsthrone zu besteigen,
verhassten Vater zu beerben.
(Er macht sich an den Aufstieg.)
GAIA (wieder zu sich kommend mit letzter Kraft) .
Verflucht sollst sein, Uranion!
Die gleiche Missetat als wie der Vater du begehst!
So hör mich an, bevor du schwindest:
Der Tag wird kommen, da du fällst,
gestürzt vom eignen Kinde.
Dieser Tag ist nicht mehr fern,
auf dass du dich erfreuen magst
an kurze Zeit nur auf dem Thron.
Dies ist der Spruch der Gaia, Mutter Erde.
(Sie bricht zusammen.)
KRONOS (sein Lachen hallt durch den Tartarus) . (Ab.)
(Eine Weile ist alles still.)
Eine WUNDERSCHÖNE JUNGE FRAU erwächst aus dem abgeschlagenen Gemächt des Uranus. Gras wächst aus jedem ihrer Schritte.
APHRODITE. Wo bin ich?
Was bin ich?
Bin ich geworden, erst entstanden?
Oder war ich immer da?
Wie grässlich finster's um mich ist.
Was ist dies hier für eine Welt,
wo düster Fels den Blick versperrt?
(Sie erblickt die Gaia.)
Was seh ich dort am Grunde liegen?
Ist dies die Mutter, die sich streckt?
Sie, die alles hier geschaffen?
(Sie erblickt den Ikas.)
Und wer ist dieser tapfre Mann,
so wohl geformt,
so stark und schön?
Sie rührn sich nicht,
sie denken gar nicht dran zu zeigen,
dass unter Lebenden sie stets noch weilen.
(Sie erblickt den kriechenden Uranus.)
Doch halt!
Einer scheint sich noch zu plagen.
Sprich auf, wer bist,
was kann die Liebe für dich rühren?
URANUS (stöhnend im eigenen Blute) .
(Er schweigt.)
APHRODITE. Hast wohl den Ton verloren,
wie mir scheint.
Was ziehst du dich durch schrecklich Blut,
was ist geschehn,
dass ach so arg versehrt du bist?
URANUS. (Er schweigt noch immer.)
APHRODITE. Ich geb's auf.
So will er nicht sprechen,
will ich ihn nicht zwingen.
Wie trist und grausam diese Welt,
in die das Schicksal mich geboren.
(Sie hebt den Blick gen Himmel.)
Was soll ich hier, oh Schicksal schlecht?
Was gibt’s zu tun für Göttin mich?
So sagt mir doch: Was ist der Plan,
für den ihr erst geschaffen mich?
(Der Ikas beginnt sich zu rühren.)
Verstehe. Dies also die Antwort ist.
Was ist mit dem, der sich dort rührt?
Was kann die Liebe für ihn tun?
Soll ich ihn kosen, lieben, küssen?
Ihm Labsal sein nach schwerem Kampf?
So lass dich streicheln, edler Held,
dass üble Wunde heilen will.
(Eine grässliche, tiefe Stimme ertönt:)
IKAS (mit dem Gesicht zum Boden) .
Halb ersoffen, tot und madig,
so lieg ich hier und bin voll Zorn.
Was ist in mir, das scheußlich wächst?
Ein Fieber, das mich fast zerreißt.
Ein Durst, ein Hunger, üble Gier,
auf was?
Auf Tod? Auf Rache?
Fehdegroll?
Ich kann kaum an mich halten.
Kronos! Kronos! Wo bist du hin,
in deinem krummen Streben?
Mit bloßen Zähnen möcht ich dich zerreißen.
Der Zorn, der Groll, er bringt mich um!
(Er erhebt sich mit schwarzer Haut. Blut und Geifer laufen ihm aus den Augen.)
Was brennen mir die Augen schlimm!
Ich seh die Welt nur noch in rot!
(Nattern wachsen ihm aus dem Kopf.)
Was zischt es so aus meinem Scheitel?
Was wabert da, was faucht und schnappt?
(Seine Arme werden dicker.)
Was spüre ich Titanens Kraft?
Wenn's sein muss, ringe ich ihn nieder.
(Flügel erwachsen aus seinem Rücken.)
Auf meinem Rücken juckt's und flattert's,
bald heb ich in die Lüfte mich.
(Er breitet die Flügel aus und betrachtet seinen Schatten.)
Beim Zeus!
Welch Hadesmonsters Schatten trübt den Grund?
So bin das wirklich ich,
der mit Harpyienflügeln gleich
sich hier erhebt im Tartarus?
APHRODITE (mit weit aufgerissenen Augen) .
Vorbei. Die Liebe ihn hier kann nicht retten.
Wie schrecklich bist du anzuschaun?
(Sie wendet sich ab.)
BESTIEN-IKAS (die Aphrodite erblickend) .
Wer ist da, der dort bei mir steht?
So gehe er mir aus dem Weg,
auf dass es schadlos für ihn ende.
Den Kronos töten muss ich, schnell,
bevor die Wut mich selbst zerreißt.
(Er streckt den Arm nach der Hippe aus. Die Waffe fliegt ihm in die Hand.)
Auf dass er schmecke Schmerz des Vaters.
In tausend Stücke hack ich dich.
Du schlimmster Sohn von tausend Übeln,
dem Ikas du nicht mehr entkommst!
(Er erhebt sich in die Lüfte und fliegt davon. Ab.)
APHRODITE (dem Ikas nachsehend) .
Bei allem Heilgen: Was war das?
Was hat sich grauslich dort erhoben,
vor meiner eignen Augen Licht?
Welch schrecklich Wesen ist entflogen,
dort hoch hinauf in ferne Luft?
So hätt ich's nicht gesehn,
ich tät's kaum glauben.
GAIA (sich aufrappelnd) .
Schaumgeborne, weißt du nicht,
was Uranusblut so schlimm gebiert?
Giganten stark, wärn auferweckt,
Titanen, mächtig, zu zerstörn.
Von Erinyen borgt er sich,
die Flügel, Nattern, giftgen Geifer.
Was von Meliaden er jetzt hat,
das lässt sich trefflichst nur vermuten.
So hoffen wir,
dass noch ein Scherflein Gutes in ihm steckt,
sonst sind wir allesamt dahin.
(Sie legt sich wieder hin.)
APHRODITE. (Sie schweigt.)
URANUS erreicht kriechend die GAIA.
URANUS (ihre Hand nehmend) .
Ich Narr, ich Tor, ich dummer Mann.
Was hab ich nur an dir verbrochen?
Mein eigner Sohn mein Feind nun ist
und immer war, so will's mir scheinen.
Die eigne Frau im Rachedurst
ersinnt gar schrecklich Pläne.
So lieg ich hier, entmannt, entzweit,
und starre dort auf das Gemächt,
das prächtig mich einst schmückte.
So sag an, alles will ich tun,
um mich mit dir nur zu versöhnen.
Doch du, mein Sohn, nun hör mich schmähen:
Mit Rackern wirst du dich erheben
gegen den, der bald am höchsten ist.
Ihr werdet fallen, allesamt,
gemeinsam dann in Ketten liegen.
Tief drunten hier
im Tartarus.
Doch will nun schweigen ich,
mich kümmern um die zittrig Gattin,
auf dass ich lerne, das zu sein,
was immer schon ich sein gewollt:
Geliebter Ehemann und Vater,
ein Gatte und ein großer Freund.
Ein Vorbild allen, die dort wandeln,
wo Gott und Mensch sich gerne trifft.
Verzeih mir, Gaia,
Gnade, Sohn,
ich hab die Welt nur schlecht gemacht.
(Er legt den Kopf gegen Gaias Schulter und beginnt zu weinen.)
APHRODITE. Nun bin ich sprachlos,
weiß nicht, was zu sagen.
Es rührt mich an,
Titanens Vater wein' zu sehn.
Was wohl erwachsen mag
aus des Himmels Tränen?
Die Bestie Ikas,
was tät ich geben drum zu sehn,
was diese nun vollführt.
So werd ich denken mich
an die Gestade der Erde,
des Himmels,
wo immer er auch sei.
Wie spannend ist's zu sehn,
was Gottes und Titanens Wahn
der Welt nun mag bescheren.
Auf, auf! Auf dass dies Trauerspiel,
sein wohlverdient schlecht Ende nehme.
(Sie verschwindet. Ihr Kichern tönt noch eine Weile nach. Aphrodite ab.)
DRITTER GESANG - Die Verschlingung der Kroniden
Himmelsfeste des Uranus.
KRONOS. Sämtliche Kroniden: ZEUS, POSEIDON, HADES, HESTIA, DEMETER, HERA.
Читать дальше