Nein, ich bin natürlich nicht verärgert. Ich kann lediglich mit dem Forums-Ping-Pong nichts anfangen, bleibe aber auf der Suche nach Austausch mit Schreibenden. Bin ich unter dieser Adresse fündig geworden, lieber Herr Benn? Mit vollstem Verständnis, wenn Sie einen privaten Kontakt nicht wünschen und mit herzlichen Grüßen
Isa Ketelsen
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Mail from: gerald-benn@intermail.com – Mail in absence to: all – 18.04.11 14:13:40 Subject: Vorösterlich vergebens
Liebe Besucher in meinem E-Mail-Briefkasten,
dies ist eine Botschaft aus einer anderen Welt, und sie ist auch noch automatisch generiert.
Freunde, Bekannte und Gutmenschen wissen, dass ich in der Woche vor Ostern nicht in dieser Welt lebe, also weder virtuell noch real ansprech- bzw. anschreibbar bin. Denjenigen, die überrascht oder vielleicht irritiert sind, sei gesagt, dass ich ab Ostersamstag hier wieder Position beziehe und gerne Rede sowie Antwort gebe.
Allen eine gute Zeit bis dahin,
Gerald Benn
Zugunsten der besseren Lesbarkeit pflege ich auf sprachliche Kompromisse zu verzichten. Es mögen sich selbstverständlich Menschen jeglicher geschlechtlichen Identität von mir angesprochen fühlen.
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Mail from: gerald-benn@intermail.com – Mail to: ikarus1@mundo.es – 23.04.11 09:38:52 Subject: Wieder da – doch noch nicht ganz hier
Hm – guten Tag, liebe Frau Ketelsen,
meine ersten Worte mögen Ihnen meine Entschuldigung ausdrücken, dass ich Ihnen erst heute eine Antwort (vermutlich sind’s auch mehrere) schreiben kann.
Sie konnten es nicht wissen, doch seit nunmehr 16 Jahren bin ich immer in der Karwoche “wie vom Erdboden verschwunden“ – um in dem von Ihnen geprägten Bild zu bleiben: Ich lebe nicht einmal zwischen Himmel und Hölle, ich lebe an diesen Tagen im wechselseitigen Einvernehmen mal im Überirdischen, mal im Unterirdischen. Wieder im irdischen Leben, möchte ich Ihnen natürlich umgehend meine Antwort nicht schuldig bleiben – ob’s auch umfassend ist, mag ich nicht beurteilen.
Muss ich jetzt überrascht, irritiert sein, ob Ihrer Botschaft? Zumindest würden Sie, so Sie es könnten, einige weitere Fragezeichen um mich herum schwirren sehen. Sie schreiben selber, dass Sie keine Vorstellung von dem hatten, was Sie in dem vielschichtigen Forum, in das Sie Ihr Ex zum Freischwimmer/n reinschubste, erwarten würde (pardon für die sehr saloppe Personifizierung unseres gewiss dort wirklich sehr geschätzten und gleichzeitig unberechenbarsten Forumsmitglied Mathew, der mich immer wieder aufs Unnachahmlichste überrascht). Was haben Sie jetzt für eine Vorstellung? Und was muss ich mir jetzt für ein Bild von Ihren Worten machen? Um nochmals in selbigen zu verweilen: Glauben Sie, mit mir allein gäbe es ein anderes Ping-Pong? Ich bin mir sicher, Sie kennen die Spielregeln beim Tischtennis. Dann werden Sie auch wissen, dass im Einzel sehr viel taktischere Bälle platziert werden können.
Ich möchte nun beileibe nicht, dass es Ihnen womöglich die Sprache verschlägt und Sie sich evtl. enttäuscht wieder ganz schnell von mir (und ggf. auch noch ganz aus dem Forum) verabschieden, weil dieses Fündigwerden, weil dieser Fund, den Sie zu machen glauben, nichts Wertvolles verspricht. Ich kann Ihnen jedenfalls in keinerlei Hinsicht etwas versprechen, fühle mich allerdings dennoch irgendwie geschmeichelt, dass Sie mir einen wert- und wortschätzenden Gedankenaustausch zutrauen. Eine Bitte habe ich: Bleiben Sie zu jeder Zeit ehrlich, wenn ich durchfalle – Sie erkennen schon: Mir fehlen durchaus auch die richtigen Worte, das passiert öfter.
Eine erste Enttäuschung kann ich bereits jetzt schon nicht ersparen: Das November-Paradiesische muss ich Ihnen noch vorenthalten. Meine gute Seele, die jedes meiner Worte – private wie geschäftliche – hervorragend verwaltet und fahndungssicher sofort in den verschlungenen Akten eines perfekten Ablagesystems darauf zurückgreifen kann, genießt die Ostertage im Kreise ihrer Familie. Ich bin leider der geborene Chaot und weiß es zu schätzen, was ich an Agnes, dieser guten Seele, habe – sofern sie zugegen ist und mich im Griff hat.
Darf ich Sie bis nächste Woche vertrösten? Wobei ich – um ehrlich zu sein – Ihre Erwartungshaltung auch ein Stück weit dämpfen möchte. So prickelnd ist mein “Novemberblues“ nun wirklich nicht – im Gegensatz zu Ihren temperamentvollen Tempi ist mein Paradies von verhaltenspassiven Passagen durchwoben.
Liebe Frau Ketelsen, wenn Sie damit leben können, und möglicherweise dann noch mit weiteren Worten hier in unserem evtl. neu konstituierten Tandemforum? ... (vielleicht gibt’s Schlimmeres, wenn ich bspw. an meinen nächsten Zahnarzttermin denke?)
...dann sende ich Ihnen begrüßenswerte Grüße
Gerald Benn
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Mail from: ikarus1@mundo.es – Mail to: gerald-benn@intermail.com – 23.04.11 11:52:58 Subject: E ntschuldigung
Sehr geehrter Herr Benn,
es war keine gute Idee von mir, dass ich privat an Ihr Domicilium geklopft habe. Ich fühle mich, als hätte ich Sie in Ihren österlichen Ritualen gestört und Sie dadurch aus der Fassung gebracht. Am Anfang verband uns “ein fehlendes Fragezeichen“, jetzt trennen uns die vielen, die ich mit meiner Mail bei Ihnen ausgelöst habe. Ich bedauere es, dass ich Sie offenbar verunsichert und in eine missliche Lage gebracht habe.
Sie haben mich gebeten ehrlich zu sein, und das ist eine meiner leichtesten Übungen: Ich fühle mich, als möchten Sie mir eine Absage erteilen und finden nicht die richtigen Worte. Die Lockerheit der Begegnung im Forum ist weg. Schade! Aber das habe ich mir selbst zuzuschreiben, weil ich Ihnen offensichtlich zu nahe getreten bin und Ihre private Grenze touchiert habe. Mat’s Worte im Forum werden ein Übriges dazu beigetragen haben, ein Bild von mir entstehen zu lassen, von dem man lieber etwas weiter abrücken möchte.
Bitte entschuldigen Sie die Störung. Es wird nicht wieder vorkommen. Vielleicht hört man sich mal wieder zwischen Himmel und Hölle … ganz öffentlich … ganz unverbindlich … ganz neutral? Es wäre mir eine Freude.
Mit österlichen Grüßen
Isa Ketelsen
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Mail from: gerald-benn@intermail.com – Mail to: ikarus1@mundo.es – 23.04.11 16:03:19 Subject: Scherben
Oh, oh, da habe ich ja wieder mal was angerichtet?! Was mir andere schon so oft vorgehalten haben und dann auch meist nachtragen: das Elefantöse im Porzellanladen – schon am Eingang gleich mit der Tür ins Geschäft poltern.
Liebe Frau Ketelsen,
um in Metaphern zu bleiben: Die berühmte Sache mit dem Fettnapf... und wie es aussieht, habe ich mich bis Oberkante Unterlippe ganzkörperlich reingesetzt. Ich will und werde nichts beschönigen, war allerdings bis zum Lesen Ihrer Worte vorhin überzeugt, einen durchaus höflichen, moderaten, angemessenen und auch neugierig-interessiert-motivierenden Ton in meinen Worten gewählt zu haben. Nun sieht’s anders aus.
Es gelingt mir wohl nicht mehr, zwischen geschäftlichen und privaten Worten einen – in unserem Falle natürlich als erwünscht gedachten – Unterschied in der Modulation machen zu können. Andererseits werde ich meiner bereits erwähnten Agnes nicht auch noch meine private Korrespondenz zum justierenden Feintuning geben wollen. Bedauerlich, ja geradezu enttäuschend, wie meine Worte bei Ihnen ankamen. Ich bin jetzt keineswegs so vermessen, Ihnen zu unterstellen, dass Sie sensibler sind, als ich mir Sie vorstellen konnte. Nein, umgekehrt wird ein Schuh draus: Ich war wohl zu unsensibel, da ich Ihnen mit dieser Wortwahl etwas vorgesetzt habe, was als unverdaulich zu bezeichnen ist.
Ich werde mich auch nicht damit rausreden, dass die kontemplative Abgeschiedenheit meinen Geist so arg zugesetzt haben könnte, um – zurück in dieser Welt – zu suggerieren, nicht mehr alle Sinne beieinander zu haben. Lippenbekenntnisse werde ich keine geben können, dazu kenne ich mich zu gut. Wenn ich jetzt schreibe, ich gelobe Besserung, soll es nicht nur als eine solche klingen. Doch bis zu einem gewissen Grad wird sich mein polternder Geist immer zu Wort melden, immer einmischen wollen. Wenn ich’s mit meiner letzten E-Mail Ihnen gegenüber schon zum Ausdruck bringen sollte, hat es mich im Nachhinein sehr traurig gemacht.
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