Camillo Schaefer - Musik der Habsburger

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Die «Musik der Habsburger» beleuchtet eine der faszinierendsten Dimensionen europäischer Kulturgeschichte. Zum «Weltkaisertum» aufgestiegen, feierte das pompöse Schauspiel der Prunkoper Triumphe, die ganz Europa erstaunten. Der Wiener Hof selbst wurde zur glanzvollen Bühne des Musiktheaters – die Kaiser Ferdinand III., Leopold I. und Josef I. traten als begabte Komponisten hervor, noch Karl VI. schwang bei Festaufführungen seinen Dirigentenstab. Dazu erschienen so hervorragende Geister wie Cesti und da Ponte, Gluck, Fux, Salieri, Metastasio und Mozart im Rampenlicht einer «Musik, die Himmel und die Erde gleichermaßen umspannte», und erst im 19. Jahrhundert allmählich an Geltung verlor.

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Camillo Schaefer

Musik der Habsburger

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Inhaltsverzeichnis Titel Camillo Schaefer Musik der Habsburger Dieses ebook - фото 1

Inhaltsverzeichnis

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1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

Anmerkungen

Impressum neobooks

1. Kapitel

1. Kapitel

ANSTELLE EINES VORWORTS: DIE HABSBURGER UND IHR KULTURELLES VERMÄCHTNIS

"Requiem aeternam dona eis! Domine, et lux perpetua luceat eis!- Herr, gib ihnen die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihnen!" Dieser feierliche Introitus der katholischen Totenmesse Mozarts prägt, dem Haus Habsburg in berührend zeitlosem Nachklang verbunden, an einem milden Märzabend 1989 - also mehr als sieben Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch der alten Donaumonarchie - das Bild der eleganten Wiener Innenstadt, in der dumpf die Kirchenglocken dröhnen. Von den Dächern wehen Trauerfahnen, dazwischen zeigen sich die schwarzgelben Farben mit dem Doppeladler des ehemaligen Kaiserreichs. Aus etlichen Geschäftsauslagen blicken trauerumflorte Zita-Porträts auf die am Kohlmarkt und längs des Grabens versammelte, dicht gestaffelte Menge, die nunmehr in Scharen dem Dom zuströmt, wo die letzte Kaiserin, deren Lebenszeit ganze Generationen umspannt, nach einem langen, beschwerlichen Dasein (1892-1989) aufgebahrt ist.

Wie zum Zeichen, dass der Kreis sich damit wohl endgültig geschlossen hat, steht Zitas Sarg während der Aufbahrungsfeierlichkeiten in Sankt Stephan dann auch zu Füßen des kolossalen Hochgrabs von Friedrich III., der als erster Habsburger die deutsche Kaiserkrone trug und das sich aus eigener Kraft immer wieder erneuernde, dynastische Prinzip verkörperte, das schließlich mit Karl I. (1887-1922), dem letzten Kaiser und Zitas Gemahl, endete.

Die Habsburger sind zwar aus der Geschichte, nicht aber jedoch aus dem Geschichtsbewusstsein verschwunden - vom Verlust des Ersten Weltkriegs mit allen nachhaltigen Folgen bis zurück ans Ende der Hohenstaufen den europäischen Völkern mehr oder minder schicksalhaft verbunden geblieben, haben allein zwanzig römisch-deutsche Kaiser und Könige dem Haus Habsburg angehört, das länger regierte, als sämtliche Sachsen-, Salier- und Stauferkaiser insgesamt. So liegen zwischen dem erzwungenen Thronverzicht des letzten und der Krönung des ersten Habsburgers rund sechseinhalb Jahrhunderte abendländischer Geschichte, in der mit Karl V. das Universalkaisertum Wirklichkeit geworden und die Habsburger zur klassischen europäischen Regentenfamilie aufgestiegen waren (1). Im Gegensatz zu parallelen Herrschergeschlechtern wie den Bourbonen, Romanows oder Hohenzollern, bedeutete der Begriff Habsburg aber weniger einen nationalen als vielmehr einen dynastischen Anspruch - nicht als nationale Potentaten, sondern als Dynastie sind die Habsburger zur großen europäischen Ausnahme geworden, wie denn auch die vielzitierte Artgleichheit der habsburgischen Köpfe, im Großen und Ganzen genommen, historische Wahrheit bleibt. Augenscheinlich überdauert das habsburgische Antlitz tatsächlich unversehrt die Zeitläufe - sogar noch Kaiser Franz Joseph I. (1830-1916) wird man große äußere Ähnlichkeiten mit seinem Ahnherrn Friedrich III. (1415-1493) zuschreiben. Diese Dynastie, so sagten selbst ihre zahlreichen Gegner, ruhte durch die Jahrhunderte in sich selbst (2).

Habsburger tragen die Kronen Spaniens, Italiens, Ungarns, Böhmens, der Niederlande, Deutschlands sowie Österreichs, sie erscheinen nicht nur als Multiplikatoren des Übernationalen - sie sind es. Maximilian I. (1459-1519) erheiratet sich Burgund, die Hochzeit seines ältesten Sohnes Philipps des Schönen (1478-1506) bringt das bis in die neue Welt mit reichen Kolonien gesegnete Spanische Erbe an das Haus Habsburg; eine weit verzweigte Reihe ähnlich dynastischer Hochzeiten führt in Verbindung mit glückhaften Umständen zu weiteren großen Ländererwerbungen. Für die österreichische Linie Habsburgs war die Heirat Erzherzogs Karl II. von Innerösterreich (1540-1590) mit Maria von Bayern (1571) womöglich von noch größerer Bedeutung, legte sie doch den Grundstein für den Weiterbestand des Hauses. Alle österreichischen Habsburger ab Ferdinand II. sind somit Nachkommen dieses Paares (3).

Während durch die Verehelichung Maximilians I. mit der Erbtochter Maria von Burgund (1477) auch eine geistige Verbindung mit der burgundischen Welt gelingt, deren Hofhaltung zur glanzvollsten ihrer Zeit zählt, wird Maximilians einziger Sohn Philipp nach Spanien entsendet, und erst sein Enkel Ferdinand I. (1503-1564), kehrt land- und volksfremd wieder in die Heimat zurück. Dessen Bruder Karl V. (1500-1558), geboren und erzogen im belgischen Gent, darf sich nun rühmen, dass in seinem Reich die Sonne nicht untergeht.

Auch das habsburgische Hofzeremoniell, das man später allgemein als das >Spanische< bezeichnet, ist in Wahrheit burgundischer Herkunft. In der Zeit danach werden unter Maria Theresia (1717-1780) auch französische Elemente in dieses >Spanische< Zeremoniell aufgenommen, das, um dem Hofleben das Gepränge angemessener Grandezza zu verleihen (4), unter Leopold I., Josef I. und Karl VI. darauf seine strengsten und unabänderlichsten Formen erreicht. Ebenso wird die spanische Sprache, welche sich gleichzeitig mit dem Spanischen Zeremoniell am Wiener Hof eingebürgert hatte, allmählich durch die italienische, dann, wie an allen übrigen Höfen durch die französische und seit Maria Theresia durch die deutsche Sprache verdrängt.

Sämtliche Zeremonialangelegenheiten am habsburgischen Hof sind von den so genannten Hofämtern geregelt, deren gesamtes Zeremonialwesen das Obersthofmeisteramt vereint, das auch die entsprechenden Protokolle als Nachschlagewerke führt (5). Für alle regelmäßig wiederkehrenden Anlässe ist das Hofzeremoniell damit bereits festgelegt - so legt dieses sogar die Sitzordnung bei den Vorstellungen, die Beschaffenheit der Stühle, Teppiche, Baldachine usw. fest. Bei außerordentlichen Ereignissen wird es nach Bedarf neu geordnet. Die Größenordnung einer Veranstaltung ist dabei stets vom Anlass des zu feiernden Ereignisses abhängig. Nur Trauerfälle, Kriege oder Pestzeiten unterbrechen bisweilen den schier unablässigen Fortgang des höfischen Lebens und seiner Musikfeste, die den Herrschenden immerhin derart wichtig sind, dass Leopold I. etwa extra anordnet, die Hoftrauer um die verstorbene Prinzessin Luise von Savoyen erst nach seiner eigenen Geburtstagsoper zu beginnen (6).

Ab 1753 verbietet das habsburgische Hofzeremoniell beispielsweise bei den Kirchenandachten jeglichen Gebrauch von Pauken und Trompeten, erlaubt jene jedoch weiterhin bei den Tauffeiern der kaiserlichen Familie, nur darf die Hofkapelle die besagten Instrumente nicht mehr in voller Lautstärke, sondern bloß >temperiert< spielen. Das Hochamt in der Hofkirche anlässlich so genannter >Hervorsegnungsfeiern< zelebrierte ab dieser Zeit einer der Bischöfe bei getragener, schöner Vokal-Instrumentalmusik, aber ohne Pauken und Trompeten. Zum Abschluss dieser Taufzeremonien gehörte regelmäßig auch das >Te Deum Laudamus<.

Bei derartigen Hochzeiten, Geburten, Taufen und sonstigen Habsburgischen Festlichkeiten, für welche späterhin immer namhaftere Musiker und Dichter programmatische Werke schufen, entstanden diese in enger Verbindung mit der antiken Triumphidee, dem >Trionfo<, das den Helden auf pompöse Weise am Ende mit Lorbeer krönte. War die Musik nach der Minnesängerzeit bis ans Ende des Mittelalters fast ausschließlich noch Sache von Mönchen, Kapellensängern, Organisten und kirchlicher Kreise gewesen, setzte um 1600, geprägt von den nationalen Eigenheiten der Völker, jedoch eine neue, umwälzende Entwicklung zur weltlichen Musik ein. Ungefähr gleichzeitig mit diesem Umschwung entstehen die neuen Kunstformen der Oper, des Oratoriums sowie der Sonate, die kunstvolle Ausgestaltung der bereits entwickelten Tanztypen und deren Zusammenstellung zu Variationen, welche sich bald zur Orchestersonate und Orchestermusik sowie gewaltigen Vokalwerken, Orgel- und Klavierkompositionen entwickeln.

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