Werner Siegert
15 Märchen für Erwachsene
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Inhaltsverzeichnis
Titel Werner Siegert 15 Märchen für Erwachsene Dieses ebook wurde erstellt bei
Zur Einführung Zur Einführung „Es war einmal …“ – das war einmal. Nur noch ein einziges Märchen dieser Sammlung schmückt sich mit dieser Floskel. Und auch dieses endet nicht „… und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heut’“. Nein, viele leben nicht mehr heut’. Ein gutes Ende war nicht allen beschieden. Aber alle sind gegenwärtig. Sind es überhaupt Märchen? Oder sind die Geschehnisse nicht einfach nur märchenhaft? Das sollten die Leser entscheiden. Manche schildern Begegnungen von einer Empfindsamkeit, die der kleine Wolfi im „Herbst ohne Rose“ schon gar nicht mehr versteht. „Na ja, besondere Titten scheint sie nicht gehabt zu haben!“ Damit zerreißt er die Gespinste und zerrt uns jäh in die Gegenwart. Und in die Gegenwelt all dieser Geschichten, die sie erst zu Märchen werden lässt. Was fehlt ist die Fee, die zum Schluss alles wieder heile macht. Wer sind die Protagonisten? Manchmal taucht ein „Ich“ auf, als Erzähler, als Mitwirkender, dann sind es wieder Personen mit veränderten Namen, um sie zu schützen. Es sind ja Märchen aus dem Heute. Hinter dem „Ich“ verbirgt sich nicht immer der Autor. Wenn es ein Leitmotiv gibt, dann ist es bei aller Zurückhaltung doch die Erotik, die zumindest hervor lugt oder lüstern sogar die Chaos-Theorie plausibel werden lässt. Umsponnen ist sie oft von Musik und Farben. „Sie ließ mir keine Melodie“ wurde bereits mehrfach in Wettbewerben ausgezeichnet. Lassen Sie sich märchenhaft unterhalten. Werner Siegert
Vom Gänseblümchen, das mehr als eine Rose war
S t e l l a
Kyra - oder diese kleine Handtasche
Sie ließ mir keine Melodie
Heiß geliebt
M ä d c h e n g r a s
S p e r r m ü l l
Dido
Dein Bild - welche Botschaft?
Die Konferenz der Farben
Am Ende der Vergeblichkeit
Ein Herbst ohne Rose
Die Wahrheit über die Chaos-Theorie
Auf Wiedersehen im nächsten Leben!
Impressum neobooks
„Es war einmal …“ – das war einmal. Nur noch ein einziges Märchen dieser Sammlung schmückt sich mit dieser Floskel. Und auch dieses endet nicht „… und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heut’“. Nein, viele leben nicht mehr heut’. Ein gutes Ende war nicht allen beschieden. Aber alle sind gegenwärtig.
Sind es überhaupt Märchen? Oder sind die Geschehnisse nicht einfach nur märchenhaft? Das sollten die Leser entscheiden. Manche schildern Begegnungen von einer Empfindsamkeit, die der kleine Wolfi im „Herbst ohne Rose“ schon gar nicht mehr versteht. „Na ja, besondere Titten scheint sie nicht gehabt zu haben!“ Damit zerreißt er die Gespinste und zerrt uns jäh in die Gegenwart. Und in die Gegenwelt all dieser Geschichten, die sie erst zu Märchen werden lässt. Was fehlt ist die Fee, die zum Schluss alles wieder heile macht.
Wer sind die Protagonisten? Manchmal taucht ein „Ich“ auf, als Erzähler, als Mitwirkender, dann sind es wieder Personen mit veränderten Namen, um sie zu schützen. Es sind ja Märchen aus dem Heute. Hinter dem „Ich“ verbirgt sich nicht immer der Autor.
Wenn es ein Leitmotiv gibt, dann ist es bei aller Zurückhaltung doch die Erotik, die zumindest hervor lugt oder lüstern sogar die Chaos-Theorie plausibel werden lässt. Umsponnen ist sie oft von Musik und Farben.
„Sie ließ mir keine Melodie“ wurde bereits mehrfach in Wettbewerben ausgezeichnet.
Lassen Sie sich märchenhaft unterhalten.
Werner Siegert
Vom Gänseblümchen, das mehr als eine Rose war
Es war einmal ein Gänseblümchen. Eines von Milliarden - oder sind's Billionen oder gar Trilliarden? Eines von diesen unvorstellbar vielen Blütensternchen, die jedes Jahr über saftige, taufrische Wiesen herabrieseln.
War es besonders schön? Vielleicht war's schöner als die zwanzig oder dreißig Schwestern, die der Blick eines Menschen auf einmal erfassen kann. Aber sicher gab es noch viel schönere zwischen dem Holzzaun auf der einen Seite der Wiese und dem Schulhaus, in dem Kinder fröhlich lärmten.
Auf einmal legte sich ein Schatten über die Blümchen. Einige wurden gar zertreten, geknickt und plattgedrückt. Eine Männerhand senkte sich herab, zögerte und wählte sich dann just diesen Blütenstängel, um ihn - sorgsam, ganz unten am Stiel - abzupflücken. Das Gänseblümchen ward emporgehoben und - welch' eine unverhoffte Auszeichnung! - als eine Liebesgabe in die zartgliedrigen Finger einer jungen Frau übergeben.
Sanft hielt sie es zwischen Zeigefinger und Daumen, führte es an ihre Nase, als ob es gelte, den Duft einer Rose einzuatmen. Die Fingerkuppen wurden heiß. Der ganze Körper schien zu zittern. Ein Strom floss durch alle Gliedmaßen. Ja, es war - so erinnert sich das Gänseblümchen heute noch, im Blumenhimmel - als ob mit seiner Hilfe in einen eben noch fast müden, ohnmächtigen und von traurigen Gefühlen erfüllten Menschen mit einem Mal Herzenswärme strömte, wie Frühlingssonne über Winterboden.
"Meine Blütenblätter, sie wurden zu Hoffnungsstrahlen. Der Saft aus meinem Stängel ließ das Blut pulsieren. Ein Lachen erklang - zuerst noch ein wenig schüchtern und ungläubig, aber dann voller Herzlichkeit."
Ja, und dann erzählte dieses Gänseblümchen eine ganz lange Geschichte von jener Art, wie sie sonst nur die stolzen, hohen, blutroten Rosen zu berichten wussten. Liebe war entbrannt. Das kleine Blütenbotenmädchen hatte ein Feuer entfacht.
"Eine Liebe ohne Dornen sollte es werden", seufzte es, als wolle es alles noch einmal von vorn beginnen." Aber dann war ich auch nicht besser als die Rosen. Zuerst, da barg mich diese junge Frau in ihrer Hand wie ein zerbrechliches Geschmeide, an dem auch nicht der geringste Schaden entstehen sollte. Insgeheim küsste sie mich. Strich mit mir an ihren Lippen und Wangen entlang. Begann, leise zu singen.
"Alle Gänseblümchen dieser Welt", verhieß der Mann - als ob er einen Zauber aussprechen wollte - "sollen dir immer und immer wieder das eine sagen: Ich liebe dich!"
"Ach, das war wunderschön. Jahr für Jahr erstrahlten wieder viele Tausende Liebesbotengänseblümchen. Und viele meiner Schwestern zierten Briefe und Geschenke.
Ja, ich dachte - oh, wie überheblich, muss ich heute bekennen - dass wir Gänseblümchen uns viel besser eignen als die Rosen, um Liebe, nichts als Liebe zu verkünden. Aber heute weiß ich, dass auch unsere Kraft und unser Zauber welken. Die Liebe welkt wie wir. Und eines Tages sieht die Frau uns nicht mehr, verschließt die Augen über unserer Botschaft. Die Hände des Mannes erlahmen, die uns pflücken und verschenken wollen. Da können noch so viele von uns erstrahlen, überall, für jeden, noch neben den ärmsten Hütten.
Niemand bräuchte lange nach Worten zu suchen, wenn er uns nur sprechen ließe. Ach, könnte ich nur noch ein einziges Mal, wie damals, einen Menschen hoffen, lachen, singen machen!"
Männertreu, Vergissmeinnicht, Löwenmäulchen und Levkojen, ja selbst die Rosen nickten nur bei diesem Wunschtraum ihrer unscheinbaren kleinen Freundin, und gaben sich ganz ihren eigenen Gedanken hin.☺
Es war mir so peinlich. Ich wollte im Bus meine Fahrkarte bezahlen und hatte vergessen, Geld einzustecken. Die paar aus den Taschen gekramten Münzen reichten nicht. Es fehlten 30 Cent. Also Aussteigen? Ich stand da mit rotem Kopf. Alle Fahrgäste, so hatte ich jedenfalls das Empfinden, schauten auf mich, den eleganten Herren, der die 30 Cent nicht hatte und auch keine größeren Scheine .... Er müsse eine Anzeige machen. Ich müsse eine Strafgebühr bezahlen. Da bliebe ihm wohl nichts anderes übrig, sagte der Schaffner. "Und wenn ich jetzt aussteige?" fragte ich zaghaft. Ich sei ja schon eine Strecke gefahren, entgegnete er streng.
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