Auch Danima lächelt, als Tenjen es ihr erzählt, als sie ihn am Abend zu Bett bringt. Er ist schon ein besonderes Kind, und es hat viel damit zu tun, wie Ginjen umgeht mit ihm. Er straft ihn selten, obwohl Tenjen genug Unfug anstellt, manchmal denkt er einfach nicht daran, was er Thain Deramo versprochen hat damals bei Prinz Kasrims Verbindungsfeier, als Ginjen ihn zu ihm geschickt hat, damit er sich richten lasse von ihm, weil er seinen Eid gebrochen und ihm nicht gehorcht hat. Auf die zu hören, denen er Gehorsam schuldet, so wie auch Prinz Kasrim ihm gesagt hat, dass ein Ilan’ki seinen Befehlen gehorcht. Meist sind es lässliche Sünden, Tenjen ist kein bösartiges Kind. Ab und zu unbedacht, seine Fußstapfen im Schnee zu hinterlassen ist allemal wichtiger als Schule, und er hat geholfen, die Schafe wieder einzutreiben, als sie fortgelaufen sind, weil er die Abkürzung durch ihren Pferch genommen und das Tor hinter sich nicht richtig verschlossen hat. Und er kann, was viele Kinder können, er löst sich einfach in Luft auf, die Männer der Garde verzweifeln manchmal fast an ihm. Und sind heilfroh, wenn er gesund und munter wieder auftaucht, wie sollen sie seinem Vater erklären, dass sie ihn aus den Augen verloren haben, wenn sie doch nichts anderes zu tun haben als auf ihn zu achten? Aber der kennt seinen Sohn, viel Gefahr droht ihm nicht in Beth’lai, er ist bekannt in den Dörfern am Fluss und selten allein, er ist der Anführer der Kinderschar. Und er liebt Waniri abgöttisch. Er hat an ihrem Korb gesessen, als sie noch ein Säugling war, er ist mit ihr gekrabbelt über den Boden, an seinen Händen hat sie laufen gelernt. Er spielt mit ihr, er singt für sie, er ist geduldig mit ihr und er ist untröstlich, wenn sie weint. Er hat sich so sehr eine kleine Schwester gewünscht wie Dorimi, es hat fast sein kleines Herz gebrochen, als es eine Zeitlang so ausgesehen hat, dass sie wieder fortgeht von ihm. Danima hat selbst lange krank gelegen nach der Niederkunft, Selima hat es ihr später berichtet, wie er gesessen hat an ihrem Korb und sie gebeten, bei ihm zu bleiben. Er wird sie beschützen, ein guter großer Bruder sein, und wie schön es da ist, wo sie wohnen wird mit ihm. Und als es endlich besser geworden ist mit ihr, sie kräftiger geworden ist, da war er gar nicht mehr fortzubringen von ihr. Nur wenn sie getrunken hat an der Brust der Dienstmagd, weil Danima sie nicht selbst hat nähren können, da hat er sich überreden lassen, das hat er gekannt von Dorimi und Kirini, dann sind die Frauen lieber unter sich. Und die feuchte Windel gehört in einen Eimer, den später die Waschfrau abholt, sie wird nicht geknotet um den Pfahl des Banners. Das macht man nur, wenn man auf Reisen ist. Und der Barar von Beth’kalar.
Und Ginjen ist ihm ein guter Vater, er nimmt sich Zeit für ihn, er hört zu, wenn Tenjen ihm etwas berichtet, er erklärt ihm geduldig, warum er etwas nicht tun soll. Er nimmt ihn mit sich, wenn er reitet in die Dörfer entlang des Flusses, weil es etwas zu besprechen gibt mit den Dorfvorstehern, es sind jetzt drei, es leben doppelt so viele Menschen in ihnen wie damals, als der Bezirk von Narn’kalar zu der Marunan Beth’lai geworden ist. Der Ruf des Nun’thain, dass jeder willkommen ist, der sein Glück versuchen will in der neuen Provinz von Beth’anu, hat viele angelockt, und den meisten ist es hier besser ergangen als in ihrer alten Heimat. Sie sind zu Untertanen des Mar’thain von Beth’narn geworden, an ihrem Leben hat es nichts geändert, und auch wenn Ginjen noch nicht gelernt hat, zu regieren wie ein Marun, er tut es immer noch wie der Da’in, sie fühlen sich wohl unter seiner Herrschaft.
Der Nun’thain von Beth’draket hat mit Ginjen am Tisch in der Halle gesessen, als Tenjen sich neben ihn gesetzt hat, er hat die Worte gehört, die er seinem Sohn gesagt hat. Er hat sein Lächeln gesehen, mit dem er ihm hinterhergesehen hat, der Kleine war ein wenig skeptisch, er hat nicht so recht glauben wollen an das, was sein Vater ihm gesagt hat. In seiner ruhigen Art, und man hat gespürt, er liebt seinen Sohn. Er ist ein Vater, wie ihn sich Dereno selbst gewünscht hätte, und er hofft, dass er seinen Kindern ein ebenso guter sein wird. Noch hat er nur eine Tochter mit Sirima, Denira, ein liebes kleines Mädchen, sie ist jetzt fünfzehn Monde alt, aber nach dem, was Sirima ihm angedeutet hat heute Morgen, wird sie nicht ihr einziges Kind bleiben. Er erinnert sich noch daran, wie er Ginjen das erste Mal begegnet ist, er ist gekommen mit der maranischen Familie aus Beth’nindra zu einer Feier der Jahreswende. Er hat ihn zuerst für einen Verwandten des Thainan gehalten, er sieht Tenaro ein wenig ähnlich, auch wenn er eine Handbreit kleiner ist als er, er hat fast zierlich gewirkt neben ihm, aber man hat das Eisen gespürt, aus dem er geschmiedet ist. Das Erste, das auffällt an ihm, sind seine leuchtend blauen Augen, Tenjen hat sie auch, und gekleidet war er wie die Menschen aus Beth’nindra. Er hat fremd gewirkt und doch vertraut mit seinem hellen Haar, das ihm damals noch in einem geflochtenen Zopf auf den Rücken gefallen ist, selbst seine Haut hat den leichten Bronzeton gezeigt, der den Männern aus dem Hause ab’Daikim zu eigen ist. Ein stiller Mann, ruhig und höflich, er hat nicht viel gesprochen am ersten Abend und in Melaks Halle am nächsten Tag, und bei der Audienz, die der Thain ihm gewährt hat am Tag nach der Feier, ist er nicht dabei gewesen. Aber er hat Sirima und Danima tuscheln hören über ihn, Ginjen’sa, der erste Sohn des Da’in von der Ebene der Pferdeherren, und was bitte schön ist ein Da’in? Aber er hat schöne Augen. Die er nicht von Sirima gelassen hat in den ersten Tagen, Dereno hat ihn mitsamt des Sohnes des Schatzkanzlers und des Brudersohns der Mar’thaini von Beth’nindra zu den Demoni in die Hölle gewünscht. Aber es ist Danima, die er erwählt hat zu seiner Frau, er erinnert sich immer noch gern daran, was Ginjen der alten Nun’thaini von Anu’betain gesagt hat, als Danima fast geweint hat, weil sie sich sehr abfällig darüber geäußert hat, dass sie ein Kind trägt vor der Zeit. Dass es so sein muss da, wo er herkommt, eine Frau seines Volkes wird sich nicht verbinden mit ihm, wenn er ihr nicht bewiesen hat, dass er ihr ein Kind geben kann. Zu einer Tradition ist es nicht geworden in Beth’anu, wie der alte Thain Deramo befürchtet hat, die meisten Kinder werden geboren zur rechten Zeit, aber es hat ihr endlich einmal den Schnabel gestopft, der alten Schnatterente.
Dereno sieht Sirima sitzen mit Danima im Garten durch die geöffneten Fenstertüren, sie werden sich viel zu erzählen haben. Sie sind schon früher Freundinnen gewesen, Danima hat eine Zeitlang als Sirimas Hoffrau gelebt in der Feste, und sie haben sich lange nicht gesehen. Sirima ist ihm gefolgt als seine verbundene Frau, nicht in die Schlacht, er hat sie nicht mitgenommen auf die Ebenen hinter der Grenze von Beth’nindra, sie ist gereist an den Sitz des Nun’thain in Beth’draket drei Tage nach ihrer Verbindung. Es war Thain Deramo, der sie verbunden hat vor der Statue in seiner Feste, damit sie wenigstens noch ihre erste Nacht haben miteinander, bevor Dereno mit den Männern der Entsatzarmee aus Beth’draket auszieht in die Unwägbarkeit der Schlacht. Sie haben sie gemeinsam gebettet, aber es war nicht das fröhliche Getümmel wie sonst, zu sehr waren die Gedanken der Männer und Frauen beschäftigt mit dem, was auf sie zukommt. Tage und Drittteile, die sie voneinander getrennt sind, ohne zu wissen wie es dem Liebsten ergeht, ob er zurückkommt oder sie weinen müssen, wenn die Schlacht geschlagen ist. Dereno hat Sirima gebeten, zu reisen in sein Haus, es gibt keine Hausfrau dort und sein alter Vater liegt krank und allein. Es würde seine Sorgen mindern zu wissen, dass er nicht auf Gedeih und Verderb der Gnade der Dienstboten ausgeliefert ist, sie sind manchmal ein wenig nachlässig, und die Frau, die den Haushalt führt seit mehr als zwanzig Jahren, meint zu oft, sie wäre die Hausherrin dort. Sirima hat seinem Wunsch entsprochen, eine verbundene Frau folgt ihrem Mann, und sie hat ihre eigene Schlacht dort geschlagen. Sie ist wie die Armeen der drei Länder siegreich daraus hervorgegangen, sein Vater hat es ihm berichtet, als er zurückgekehrt ist mit dem Rest der Männer aus Beth’draket.
Читать дальше