„Das ist aber schade. Ihr Vater wird es nicht gerne hören.“, sagte Alicia, verschwand aber ohne noch ein Wort zu sagen und ärgerte sich über ihren misslungenen Auftritt.
„Wie hat sie dich genannt? Muss ich dich jetzt Stiefmami nennen?“
„Blödmann.“, lachte Jana. „Das ist nicht das erste Mal, das mich diese blöde Kuh so nervt. Diese eingebildete, aufgeblasene Person..... Ich könnte jedes mal in die Luft gehen wenn ich sie sehe.“
Jana ging im Zimmer auf und ab. „Ich sollte mich beruhigen, sonst denkst du weiß Gott was über mich.“
„Ich denke... Du bist einer der nettesten Menschen, denen ich je begegnet bin.“
Janas Gesicht färbte sich rötlich. „Du bist auch ein netter Mensch. Danke, dass du diese Frau vertrieben hast.“, sagte sie. „Ich denke, ich muss jetzt gehen.“
„Könntest du mir vielleicht zuvor ein Buch besorgen oder so? Ich sterbe vor Langeweile.“
„Na klar. Ich hätte auch selber darauf kommen können. Was ließt du den gerne?“
„Grisham.“
„Gut. Ich komme bald wieder.“
„Sie gehen?“, fragte Martha, die wiedermal nach Oscar sah.
„Ich komme gleich wieder. Der junge Mann braucht ein Buch, sonst ließt er solche Sachen.“ Jana zeigte auf die Tageszeitung.
„Wer hat´s ihnen gegeben?“
„Nicht böse sein, ich habe die junge Schwester darum gebeten.“, meinte Oscar.
„Ohne Hirn.“, ärgerte sich Martha, als sie zusammen mit Jana das Zimmer verließ. „Seine Mutter will ihn so bald es geht verlegen lassen.“, sagte sie nebenbei.
„Hoffentlich schafft Edward ihn noch zu sehen.“
„Hoffentlich. Laut dieser Zeitung ist er ja da. Ich glaube, dass wir eine undichte Stelle im Krankenhaus haben. Viel zu viele Details stimmen. Oscars Verletzungen zum Beispiel.... Davon wusste nicht mal die Polizei was. Ich glaube wohl kaum, dass Chef jemandem von der Presse diese Informationen gegeben hat.“
„Nein, sicher nicht. Aber Alicia, diese Ärztin. Ich habe gesehen wie sie mit der Polizei gesprochen hat. Sicher will sie sich bei Edward einschleimen. Diese Lobeshymnen sind nur ihr ähnlich.“
„Sie könnten so was von Recht haben. Wissen sie, dass diese Hexe Chefs Büro belagert?“
„Sie ist eine Hexe.“, lachte Jana und erzählte Martha von Alicias Besuch in Oscars Zimmer.
„Ich hätte ihr eine g´schmiert an ihrer Stelle.“
„Ich war nah dran.“, sagte Jana und ging zufrieden Richtung Aufzug.
Sie kehrte mit zwei Büchern, einer Tafel Schokolade und einem Orangennektar zurück.
„Vitamine, naschen und lesen. Und einen schönen Nachmittag.“, sagte sie zur Oscar.
„Danke Jana. Vielen Dank. Edward kann sich glücklich schätzen, dass er dich hat. Kommst du morgen?“
Sie nickte und musste daran denken, dass die meisten Menschen meinten, sie wäre die Glückliche weil sie mit Edward zusammen sein durfte.
Wieder mal, grauste es Jana davor mit ihrer Mutter telefonieren zu müssen, als sie ihre Nummer sah.
„Hallo Liebes, was machst du morgen?“
„Lernen, sonst nichts.“
„Ich dachte mir, wir kommen morgen zu dir. Ich habe dir neue Schreibtischlampe besorgt und neue Vorhänge.“
„Ja, kommt.“, sagte Jana mit wenig Freude, was Claudia nicht entging.
„Wir bleiben nicht lange. Stunde oder zwei, länger nicht. Und wenn dieser Edward da ist macht es mir nichts aus.“
„Er ist nicht da Mami und ich freue mich auf euch.“, sagte Jana mit ein wenig mehr Euphorie in der Stimme, wie sie in Wirklichkeit empfand.
Es war schon fast Mitternacht, als sie Edwards SMS las.
„Ich vermisse dich.“, schrieb er, worauf sie nicht geantwortet hat.
Schon in aller Früh ging sie ins Krankenhaus.
„Klasse Buch. Ich bin fast fertig und morgen früh werde ich verlegt.“, meinte Oscar, der nicht mehr so blass wirkte.
„Ich hoffe dein Vater kommt noch rechtzeitig.“
„Wenn nicht, dann soll es einfach nicht sein. Er hat mich gestern angerufen. Er ist mir so fremd und ich ihm genauso, glaube ich.“
„Na ja, er hätte es jetzt ändern können.“ Gleichzeitig bereute sie was sie gesagt hat und lenkte mit dem Satz ab: „Deine Mum freut sich sicher schon auf dich.“.
„Ja. Ich habe ihr versprechen müssen nie wieder auf ein Motorrad zu steigen.“
„Und? Wirst du es halten?“
„Ich glaube schon. Ja, doch. Ganz sicher. Ich könnte es nicht mal mehr. Es wird mich für immer an den Unfall erinnern. Lukas liebte Motorräder und das schnelle Fahren. Er ist vor zwei Jahren schon einmal mit einem blauen Auge davongekommen.“
Oscar wirkte nachdenklich. „Er war mein bester Freud. Mein Vertrauter. Am Mittwoch ist Beerdigung. Ich hoffe ich kann hingehen.“
„Auch wenn nicht, der gute Wille zählt.“
Die dunklen Augen des jungen Mannes füllten sich mit Tränen. „Ich habe meinen besten Freund verloren. Oh Gott, ich kann es nicht glauben, dass er nicht mehr da ist.“
Jana setzte sich am Rande seines Bettes hin und nahm Oscars Hand in ihre, ohne etwas zu sagen. Es gab nichts was ihn trösten konnte. Sie stellte sich vor wie es ihr ergehen würde, wenn Lydia oder Markus was schlimmes zustoßen würde.
„Es tut mir so leid für dich.“, sagte sie nach Minuten Stille.
„Das Leben ist gerade nicht nett zu mir.“ Oscar wischte seine Tränen ab.
Danach sprachen sie über das Buch, das Oscar gelesen hat.
„Scheiße, wie schnell ist die Zeit vergangen?“, sagte Jana, als Oscar das Mittagessen gebracht wurde. „Meine Eltern kommen zur Besuch, ich muss gehen.“
„Schade.“
„Wann wirst du morgen geholt?“
„In aller Früh, denke ich.“
„Grüß deine Mutter von mir.“
„Mache ich. Vielleicht kannst du uns mal besuchen.“
„Edward würde sich sicher freuen, wenn ich seine Exfrau besuche.“, lachte Jana.
Die Beiden tauschten Handy Nummern aus und versprachen einander im Kontakt zu bleiben.
Zum eigenem Erstaunen, genoss Jana den Nachmittag mit ihren Eltern. Claudia hat selbstgemachten Kartoffelsalat und Schnitzel mitgebracht, wovon jede Menge übrig blieb zur Freude von Jonas und Dominik.
„Deine Mum kann öfters vorbeikommen. Die kann echt gut kochen.“
„Ich weiß.“, sagte Jana stolz.
Nachdem sich Janas Eltern verabschiedet haben, nahm sie ihre Farben raus und fing an zu malen.
Sie ignorierte wieder Edwards SMS- en und überlegte sogar die Beziehung zu beenden.
Es ging ihr durch den Kopf, dass sie in diesen zwei Tagen mehr aus Oscars Vergangenheit erfuhr, wie aus Edwards Leben in fast neun Monaten. Sie rechnete nicht mal mehr damit, dass Edward am kommenden Tag wie versprochen kommen würde.
Doch dieser schaffte es gerade noch, seinen Sohn zu sehen. Bevor der Krankenwagen losfuhr, wechselten Vater und Sohn paar Worte miteinander.
Wie zwei Fremde sahen sie sich an, ohne zu wissen, was sie miteinander reden sollten.
„Also, alles Gute Oscar und grüß deine Mutter von mir.“, sagte Edward, der fast erleichtert wirkte als der Krankenwagen davonfuhr. Eine Art Ohnmacht machte sich in ihm breit, die er sich selber nicht erklären konnte. Ob es Schuldgefühle waren oder die Erkenntnis, dass ihm sein Sohn wie ein Fremder vorkam, wusste er nicht.
Er ging in sein Büro und wollte eigentlich seine Ruhe haben, als Alicia an die Tür klopfe.
„Hallo Edi, es tut mir so leid was deinem Sohn passiert ist. Ich wusste gar nicht, dass du einen hast.“
„Er ist ja schon erwachsen und führt sein eigenes Leben.“, sagte Edward trocken.
„Ja sicher und es wird ja wieder alles gut bei ihm. Ich habe mir seine Akten angesehen.“
„Ja, ja. Er wird wieder.“ Edward runzelte seine Stirn.
„Na gut, ich wollte dir nur sagen, wie leid es mit tut, aber jetzt störe ich dich nicht weiter.“
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