Der falsche Tote
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Donnerstag, 9. Oktober
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Freitag, 10. Oktober
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Samstag, 11. Oktober
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Donnerstag, 16. Oktober
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Donnerstag, 16. Oktober
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Freitag, 17. Oktober
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Freitag, 17. Oktober
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Samstag, 18. Oktober
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Sonntag, 19. Oktober
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Mittwoch, 22. Oktober
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Donnerstag, 23. Oktober
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Freitag, 24. Oktober
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Freitag, 24. Oktober
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Montag, 27. Oktober
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Dienstag, 28. Oktober
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Donnerstag, 30. Oktober
Un-Glück? Wie kann es etwas geben, was un-möglich ist? Folgerichtig muss es heißen: Ein Glück kommt selten allein. Das wenig Hilfreiche an der – zurechtgerückten – alten Bauernweisheit: Sie verschweigt, was mit Glück gemeint ist. Dabei wissen wir längst, es handelt sich um eine trickreiche Angelegenheit.
All zu oft versteckt sich das Glück. Ist manchmal gar nicht, meist eher zufällig und im Nachhinein, gelegentlich nur unter Schmerzen zu entdecken. Und wenn du es erlebst, erweist es sich als schwer zu fassen und sehr flüchtig.
Besonders vertrackt: Unzählige Menschen fallen auf einen dummen Trugschluss rein. Sie vertrauen darauf, das Glück finden zu können. Als ob es einfach so rumliegt und auf sie wartet. An den angeblich einschlägigen Orten. Wo es sich herbeizwingen lässt. Mit dem Lotto-Zettel, beim Shopping, auf höheren Stufen der Karriereleiter, bei Reisen in fremde Städte oder ferne Länder. Dafür treiben Menschen beträchtlichen Aufwand. Und werden, wenn sie ehrlich sind, regelmäßig enttäuscht. Weil das Glück dort nicht wirklich zu finden ist.
Außerhalb.
Das Glück kannst du nicht sehen, hören, festhalten, gar heim tragen.
Es ruht im deinem Inneren, schlummert vor sich hin. Äußere Anlässe sind stets nur ein Anstoß, sich des inneren Lächelns des Glücks zu vergewissern. Schön, wenn der Anstoß als zauberhafter Anblick, freudige Begegnung, hilfreicher Hinweis, günstiges Geschäft oder zärtliche Berührung geschieht. Weniger schön, wenn sich das Glück gegen unerwartet laute, gar harte Angriffe behaupten muss.
Mein engster Verbündeter für das Wachrufen glücklicher Gefühle ist das, was Lernen genannt wird. Sich selbst glücklich machen kann gelernt werden. Durch eine heimliche Verabredung mit der Wirklichkeit. Eine kleine Mogelei. Die weckt Glücksgefühle unabhängig von Ort und Zeit. Als Schlüssel dient mir ein liebgewordener Grundsatz. Der sagt sich leicht, ist manchmal jedoch schwer zu befolgen. Wenn Lernen das Wichtigste im Leben ist, wird alles, was du tust, ein Erfolg. Zum Glück fällt mir – bei gebotenem Anlass – stets rechtzeitig seine Kurzform ein: Wieder was gelernt .
Darüber kann ich mich freuen. Wie schön. Ein Satz, bei dem das Glück in mir immer wieder wie eine kleine Sonne strahlt. Sogar was gemeinhin als Scheitern verachtet wird, bietet mir Fünkchen von Glücksgefühlen. Weil es daraus stets etwas zu lernen gibt. Was wiederum das Scheitern zum Erfolg macht. Wenn du dich oft genug daran erinnert, fängst du an, es zu glauben. Und es wird Wirklichkeit. Zuverlässig, weil es in der Natur des Menschen liegt.
Klingt reichlich philosophisch.
Mir dient es als praktische Lebensregel. Für einen zufriedenen Alltag. Die meiste Zeit jedenfalls.
Die Zauberformel für ein glückliches Leben durch Lernerfolg verdanke ich einem Trainingskurs als Verhaltens-Coach. Vor ein paar Jahren an der Universität von Santa Cruz, einem beschaulichen kalifornischen Städtchen gut hundert Kilometer südlich von San Francisco. Seitdem musste sich meine Formel für Zufriedenheit gelegentlich auch außerhalb einer Coach-Sitzung mit Kunden bewähren.
Unter harten, sogar brutalen Bedingungen.
Dann, wenn du am wenigsten damit rechnest.
So spielt das Leben nun mal.
Dummerweise mangelt es vielen Zeitgenossen an einer ähnlich offenen Einstellung zu ungewohnten Lernangeboten. Ihnen reicht, was sie wissen. Neue Einsichten können dabei nur stören. All zu oft fühlen sich solche Mitmenschen beleidigt, antworten mit Nichtbeachtung, gar mit Anflügen von Verärgerung oder echten Wutausbrüchen. Nur weil du ihnen, behutsam freundlich oder knallhart schonungslos, Lernanstöße gibst. Die sie bitter nötig haben.
Sie wussten es bis dahin nur noch nicht.
Einmal mehr findet diese manchmal entmutigende Erkenntnis unverhofft eine drastische Bestätigung.
Am heutigen Donnerstag um die Mittagszeit.
Mit dröhnendem Höllenlärm.
Wie gesagt, ein Glück kommt selten allein.
Dieses Mal nähert es sich gleich in vierfacher Ausfertigung. Und liefert den Auftakt zu einer Reihe einprägsamer, unerwartet nachhaltiger Lerngelegenheiten. Wenngleich sich die weiteren Schritte erst mit zeitlichen Abständen ergeben. Reich an hässlichem Getöse, erschreckendem Nachhall und traurigen Gewissheiten.
Kurz gesagt, ein nichtalltäglicher Kurs in Sachen Lernen im Alltag.
Er beginnt im Main-Taunus-Zentrum am westlichen Stadtrand von Frankfurt am Main; ein weitläufiger Einkaufstempel mit Läden, Boutiquen und Restaurants nahe der Autobahn 66 in Richtung Wiesbaden. Die Einführung in das neue Lernfeld erwartet uns mit ungeahnter Wucht in der Ebene D 10 im langgestreckten Parkhaus 2 dieses Ladenzentrums, gute fünfzig Meter links vom Ausgang Treppenhaus 3.
Mein Privatleben ist meine Sache.
In Grenzen, zugegeben. Die Liste der eindeutig zweideutigen Bemerkungen, die hinter meinem Rücken gedacht oder gemurmelt werden, dürfte inzwischen alles umfassen, was auch nur entfernt zu passen scheint. Je oller, je doller; Gockel im Hühnerhof; Hahn im Korb – als die eher freundlichen Betitelungen. Alter Lüstling mit jungem Gemüse; liebeskranker Kater; blinder Trottel, der sich von raffinierten Miezen ausnehmen lässt ...; wer bietet mehr? Nur weil ich unsere Wohnung im Vordertaunus-Städtchen Steinbach selten mit weniger als zwei Frauen verlasse.
Leute, bevor ihr weiter lästert: Dazu gehören immer alle, die daran beteiligt sind. Als könntest du dir einfach aussuchen, mit wem dich das Leben zusammenführt. Übrigens, an diesem Oktobertag gehören zwei weitere jungen Damen zu meinem Gefolge.
Zugegeben, von Ferne betrachtet bietet mein Privatleben Anlass zum Naserümpfen. Für uns selbst ist jedoch alles einfach und bestens geregelt. Etwa mit Mahina Ling, gelegentlich Mai gerufen; eine exotische Schönheit auf den zweiten Blick. Zum ersten Mal begegnet bin ich ihr im Oktober vorigen Jahres in San Francisco. Der Zufall hatte mich dort in eine versuchte Kindesentführung verwickelt. Als Dankeschön und Sicherheitsvorkehrung schenkten mir die vermögenden Eltern der kleinen Janey Selbstverteidigungsunterricht in einer bei uns wenig bekannten Kampfsportart. Erteilt von einer schwer durchschaubaren, beinharten Trainerin mit ein paar Tropfen chinesischen Bluts in den Adern.
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