Wann er das nächste Mal vorbeikommt, weiß er noch nicht, aber wir können schon mal eine große Portion Roggen zurechtmachen, denn an Brotgetreide fehlt es so ziemlich überall in seinem Einzugsbereich.
Der Sonnabend kam und alles was irgendwie konnte war beim Drescheinsatz, die Erwachsenen mit dem Dreschflegel, die Heranwachsenden reinigten mit der Schleudermaschine das Getreide von der Spreu, sackten das gereinigte Getreide in die Säcke, banden das leergedroschene Stroh zu Strohbündeln und brachten es auf die Strohböden. Die Roggenspreu kam auf den Misthaufen, die Weizen- und Haferspreu kam auf den Heuboden, damit wurden die trocken stehenden Kühe während der Wintermonate zum guten Heu beigefüttert, was den heranwachsenden Kälbern keineswegs geschadet hat.
Bald nach dem Frühstück heute, habe ich für uns ein goldenes Hühnerei zum Einwechseln in Goldflocken und zwei Hühnerei große Glassteine aus dem Gottesschatz für alle Eventualitäten, falls ich den Gottesmann treffen sollte und er etwaige Rechnungen beim Gotteshaus offen stehen hätte. Die Markthändler staunten nicht schlecht, als Didilind von den trockenen Hülsenfrüchten, von jeder der drei Sorten gleich jeweils fünf zehn Kilo Säcke mitnahm. Drei von jeder Sorte bekam die Holzarbeiterküche, zwei von jeder Sorte bekam unsere Küche, die auch für unsere Tagelöhner und die Praktikantinnen mit kochen musste. Dann kaufte Didilind noch alles was die Holzarbeiterküche für die Versorgung der Holzarbeiter vom Salz bis…. hin braucht. Alles ließ sie sich, was sie für die Holzarbeiter braucht auch quittieren, um dann mit dem Zimmermann abrechnen zu können, obwohl sie das Holzarbeitergeld in einem eigenen Lederbeutel verwahrte. Als wir in die östliche Ecke des Marktplatzes kamen, sah ich einige Erdarbeiter, den Baumeister und bisschen im Hintergrund unsern Gottesmann, der sich scheinbar mit einem anderen Gottesmann unterhielt. Worum es da ging, hat mir unser Gottesmann bald erzählt, als er uns im Marktgeschehen eingeholt hat. Es war der Gottesmann, dessen Restschulden für sein Gotteshaus wir beim Baumeister beglichen haben, was er vor seinem Treffen mit unserm Gottesmann noch nicht wusste, es aber bei ihm erfuhr, denn bevor er zum Baumeister hinwollte, ohne die ausstehenden Schulden bezahlen zu können, unsern Missionar um Rat und Hilfe anzuflehen. Und da erinnerte mich, unser Missionar, dass er für den Bauplatz morgen zweiundzwanzig Golflocken brauchen werde, die er aber nicht habe, was ich mir schon gedacht habe, denn solange er etwas Goldflockiges in seinen Taschen hat, ist er immer recht großzügig und spendabel zu denen, die weniger als er haben, denn mit den Bäckersleut‘ hat er wirklich zwei Prachtexemplare gefunden, die ihm bestimmt noch nichts, weder Kost noch ein bisschen Übernachtung in Rechnung gestellt haben. Wenn jemand die ‚Bäckersleut‘ nach dem Warum fragte, sagten sie immer, das der Missionar ihnen bis heute noch keine Unkosten bereitet hat. Im Gegenteil, seine Anwesenheit hat uns bisher und der Bäckerei nur viel Segen gebracht. Doch jetzt kam auch ich zu Wort und fragte ihn, unsern Missionar, ob da bei diesem Bauplatz auch der Platz für ein Wohnhaus für den Gottesmann da ist, denn der Gottesmann muss auch die Möglichkeit haben sich zurückziehen zu können, um sich auf das Wesentlich zu besinnen, auf Gott und die Menschen, die er zu betreuen hat, seine ihm anvertrauten Talente, die er zu ihm da oben führen soll, für die er einmal auch vor seinem Richter Rechenschaft ablegen werde müssen. Und da kam der Gottesmann, dessen Schulden für sein Gotteshaus ich mit Gottes Handgeld beglichen habe und er sagte, dass er eben vom Baumeister komme, der mir sagte, dass seine großen Schulden, die ihn immer mehr drückten, und ihn nicht mehr schlafen ließen, hier von einem noch größeren „Schuldenbegleicher“ beglichen wurden, und weiter fragte er, wie er das wieder gut machen kann? Da musste ich lächeln und sagte, dass der Dank nicht mir gebührt, sondern unserm Chef da droben, der mich wegschickte, um die Goldflocken in anderer Form aus dem Wasser zu holen, um damit die beiden Gotteshäuser, die Wohnhäuser unseres Chefs da oben im Himmel hier auf Erden zu bezahlen. Bevor wir uns trennten gab ich unserm Missionar nicht nur die 22 Goldflocken für den Kirchenbauplatz, sondern dreißig für etwaige unvorhergesehene Eventualitäten, die bei unserm Missionar immer wieder eintreten.
Am Nachmittag waren wir wieder in der Struth. Frieda und Luzia haben heute eine große Klasse Suppe gekocht die sie vorher mit Didilind abgesprochen haben und allen wieder geschmeckt hat und satt gemacht hat. Einer der Tagelöhner, ich glaube dass er der Jüngste von ihnen war und schon ein bisschen mit Luzia schäkerte, meinte, als er die leeren Teller zurückbrachte, „schade, dass man nur einen Magen im Bauch hat und keinen Vorrat von dem guten Essen schon mal für schlechtere Zeiten in ihm vorlagern kann, wenn die Suppen nicht mehr so nahrhaft sind und die Portionen wieder kleiner und wässriger ausfallen. Den Polier habe ich schon mal nach der Herkunft des jungen Mannes gefragt, ob da in ihm vielleicht ein verkappter Bauer steckt wie in den Holzarbeitern vor ein paar Jahren, die hier geblieben sind bei den Witwen und meine Landarbeiter zur meiner vollen Zufriedenheit spielen. Nur für Luzia hätte ich schon gerne einen, es muss nicht unbedingt ein Junker sein, es sollte schon ein freier, eigenständigen sein, der ihrer auch würdig ist. Hoffentlich hat sie schon vergessen, dass sie eigentlich ein reiches Mädchen ist, ein Mädchen mit einem großen Goldschatz, von dem vorerst niemand etwas wissen muss! Denn wer sie heiraten will, der soll sie heiraten und nicht ihren Goldschatz. Der Goldschatz, ihr Goldschatz kommt dann später so beiläufig dazu. Und da sagte mir meine innere Stimme, dass sie heute nichts mehr von ihrem geerbten und gefundenen Reichtum weiß, den sie einst mit Dienstag in den Bächen gefunden haben und mit uns teilten. Ich musste danach unwillkürlich an Dienstag denken, der an diese gemeinsamen Goldfunde mit Luzia sicher noch nicht vergessen hat, dass er hoffentlich sie nicht daran erinnern wird und sie danach ein anderes Verhalten zur Schau trägt. Und da sagte mir wieder meine innere Stimme, dass ich wegen Dienstag keine Angst haben muss, denn er wird ganz bestimmt nicht, wenn er nicht von uns darauf angesprochen wird, darüber mit niemandem reden. Und übrigens, Luzia hätte bestimmt noch zwei drei Jahre Zeit für ihr Eheglück! Und danach ist mir die Waldmannszeit und die Zeit danach durch meinen Kopf gegangen, wie sie zu uns kam und nur den Giftanschlag ihres Vater überlebt hat, weil sie mit uns fort war, die grünen, wildwachsenden Erbsen auf dem Feld zu ernten und wie sie uns immer mehr, das kleine Mädchen ans Herz gewachsen ist und wir sie bald werden ziehen lassen müssen, mit wem? Und da überkam es mich, denn ich merkte fast so etwas wie Eifersucht auf den Mann, der sie bekommt, nicht dass ich das Weib in ihr entdeckt hätte, nein sie war mir wie eine richtige Tochter ans Herz gewachsen, der es nicht schlechter gehen sollte als sie es bei uns hat aber auch nicht an so ein Leben, wie es damals im Waldmannshaus einmal war. Doch Didilind weckte mich plötzlich aus meinen Träumereien und ein Wort gab das andere, keine bösen, bis sie mir sagte, dass ich sicher in einigen Monaten wieder Vater werden würde und ich sie schelmisch fragte, ob der kleine Nachwuchs ihr schon verraten habe, ob es ein zweites kleines Didilindchen werden würde oder vielleicht ein kleines Prinzeschen mit ihrem Prinzen? Doch Didilind erwiderte mir: „Gott sei’s gedankt, dass wir es nicht im Voraus wissen, denn sonst wäre die Überraschung weg, und ohne Überraschung ist der Spaß nur halb so groß, und die Schmerzen bei der Geburt dann doppelt. Doch dabei blieb es vorerst. Aber ich konnte es doch nicht lassen schon vorab den kleinen Backofen zu streicheln, in dem unser drittes eigenes Kind langsam aber sicher gebacken wird; jeden Tag ein bisschen mehr den Backofen und den Inhalt streicheln. Jeden Abend, wenn ich mit meinem Chef da droben mein Schwätzchen hielt, habe ich unwillkürlich ihm da oben gedankt und gebeten, dass alles wieder gut ausgehen möge, dabei immer wieder den kleinen Backofen ganz sachte gestreichelt und Didilind anschließend berichtet, ob der gute Kuchen seit gestern im kleinen Backofen wieder etwas größer geworden ist. Der Winter kam und die zwei Häuser waren fertig. Für das eine Haus hatte ich bald ein landwirtschaftlich bewandertes Ehepaar, mit zwei kleinen Kindern, die auch bald ihre Scheu vor allem Neuen ablegten und sehr lieb waren und für die ich bald der gute Onkel, manchmal auch der Opa war, das zu den gleichen Bedingungen da einzog wie die anderen Mitarbeiter und nach kleinen, anfänglichen Startschwierigkeiten, bald zur vollen Zufriedenheit von Egbert mit arbeiteten. Die Praktikantinnen waren daheim und alle unter der Haube. Auch Luzias Schmeichler war wieder weit weg von uns. Und da kam mir so der Gedanke, dass Frieda Luzia beim Käse machen helfen könne und Frieder mir beim Buttern, was ich unbedingt mit Didilind bald absprechen muss, denn ich habe so das Gefühl, dass wir Luzia bald an einen Mann verlieren werden, so schwer es mir sicher fällt sie herzugeben. Und ich glaubte auch, dass sie, Luzia auch schon ihre wahren Eltern vergessen hat. Denn seit dem letzten Winterquartier in der Fremde unterwegs, hat sie nichts mehr von ihnen erzählt, besonders von ihrer Mutti, mit der sie immer wieder, während sie vorn auf dem Kutscherbock saß, ihre Schwätzchen hielt. Und da kam mir wieder der Gedanke, ob wir sie nicht daran erinnern sollten, dass sie gar nicht unsere Tochter ist, sonder ein Pflegekind, das auf ganz ungewöhnliche Art zu uns gestoßen ist. Und da sagte mir meine himmlische Stimme: „Dass wir ihr das nicht sagen sollen, sie hat momentan alles in ihrem Leben vergessen was früher einmal war, was sicher nicht an das jetzige Dasein heranreicht: das Waldmannshaus, der Raubüberfall, den Treck vor den Slawen, den Verlust ihrer wahren Eltern und ihres kleinen Bruders. Didilind und du, ihr seid einfach ihre Mama und Papa. Andersherum würdet ihr nur umsonst ihr inneres Gleichgewicht unwiederbringlich durcheinander bringen. Um euch beide herum hat sie ihre eigene Welt aufgebaut, mit der sie immer noch nicht nur sehr zufrieden ist, sondern auch sehr glücklich, besonders die vielen Schlittenfahrten und in keiner anderen Welt einfach leben möchte. Lass sie weiter eure große Prinzessin sein und reißt keine alten verheilten, Wunden auf, die riesengroße Narben hinterlassen würden! Trotzdem werdet ihr sie bald verlieren. Im Winter, im Kommenden, wird hier ein junger Mann, der sich im Schneetreiben verirrt hat bei euch einkehren. Seinen verschollenen und totgeglaubten Bruder habe ich ihr zum Ehemann auserwählt. Geht recht behutsam mit ihm um, mit dem, der bei dem schneetreibenden Wetter bei euch einkehren wird. Auch er wird in den ersten Stunden mit Luzias natürlichem Gehabe nicht viel anfangen können, denn er kommt aus einer vornehmen und stocksteifen Familie, die so steif ist, dass sie ihre Schuhriemen nicht mehr selbst zubinden oder lösen können. Habt Geduld, denn er wird an seinem stolzen Gehabe und Luzias natürlicher Unbefangenheit genesen und dann im Grabe landen. Doch sein Bruder, der später vorbeikommt, er wird unterhalb eures Anwesen mit Luzia den Landjunker spielen, das dann Jan mit seiner Schwester übernehmen werden, denn dieser, von seiner Steifheit genesene wird als der rechtmäßige Erbe auf dem Vermögen der Trippelfelzer eingesetzt. Durch ihn und Luzia kehrt in das Anwesen der Trippelfelzer ein neuer Wind ein nach deinem Motto, dass der Mensch hilfreich und gut sein soll. Sie werden es auch bald weit bringen, mit meinem Segen, der auch bei euch immer war und besonders mit eurer finanziellen Mithilfe, denn beide, Jan aber auch Luzia haben einen Schatz bei euch liegen, den ihr ihnen als Mitgift, als Start ins neue Leben mit geben werdet !Sage das auch deiner Didilind. Und das war sehr gut von dir gedacht, dass du Frieda und Frieder schon mal beim Käsemachen und beim Buttern einarbeitest!“ Heute Abend im Bett, als ich meine Streicheleinheiten Didilinds Backofen verabreicht habe und die neuesten von mir am Backofen festgestellten Veränderungen da selbst ihr erzählt habe, erzählte ich ihr auch alles, was ich heute von meiner himmlischen Stimme in einem langen Gespräch gesagt bekam, was sich bis nächstes Jahr bei uns verändern wird in Puncto Luzia, dass auch du und ich zu ihr weiterhin vorerst ihre Mama und ihr Papa wie gehabt sein sollen. Und so hat sich nichts weiter verändert, die Ernte war wieder sehr gut, nichts ist auf dem Feld kaputtgegangen, kein Regen aber auch kein Blitz hat etwas auf dem Feld oder anders wie kaputt gehen lassen. Nur dass bei uns die ersten Ochsen zum Ackern und Eggen eingespannt wurden. Es hat mitunter recht lange gedauert, bis der eine oder der andere von den Ochsen es kapiert hat und seinem Ochsensein entsagte und beim Ackern schön in der Reihe marschierte, eine Runde nach der andern, bis er die Eintönigkeit der Feldarbeit kapiert hat. Und bevor auch der letzte Acker umgeackert war, musste auch niemand mehr die Ochsen vorne am Kopf beim Ackern oder Eggen führen, sondern sie liefen von einer Leine geführt, die der Ackerknecht sich wie bei den Pferden um den Hals hängen konnte. Alle Ochsenkutscher waren mit dem Umgang der Ochsen zum Schluss hochzufrieden, denn bei einer Runde waren zwei Furchen, nicht nur geschält, sondern zusätzlich in einem Arbeitsgang zugleich auch zur Freude der Ackernden sauber und einwandfrei umgeackert. Als der Getreidehändler bei uns vorbeischaute, fragte ich ihn, wie die Tendenz beim Getreide aussieht, nach mehr oder weniger, den Buttermann, wie da die Tendenz nach mehr oder weniger aussieht, genauso auch den Viehhändler nach lebenden oder geschlachtetem Vieh? Und alle drei Sparten berichteten mir, dass die Tendenz bei ihnen steigend sein dürfte, was so viel heißt, ich darf noch ein bisschen vergrößern, denn von den ehemals jungen Leuten haben die ersten geheiratet und wollten gerne bei mir weiter arbeiten und nicht nur wo anders einen neuen ungewissen Arbeitsplatz suchen, oder gar auch einen Neuanfang starten, denn bei mir war ihnen der Lohn schon mal sicher und keiner hat irgendwie Not leiden müssen und über den kleinen Zuverdienst während langen Wintermonate konnte sich auch keiner meiner Mitarbeiter beklagen, denn die warmen, selbstgemachten Wintersachen aus der selbstgesponnenen Schafswolle wurden gern gekauft, denn das waren noch hausgemachte Wertsachen. Noch klappte es mit der Arbeit, aber das Wohnen wurde bei ihnen daheim immer enger, was so viel heißt, es müsste wieder etwas Neues gebaut werden und du, Eberhard, musst dir langsam Gedanken machen, wie das mit den altgewordenen Mitarbeitern einmal weitergehen soll. Du kannst sie doch jetzt auf ihre alten Tage nicht einfach auf die Straße setzen und sie ihrem Schicksal als Bettler überlassen. Neben dem Backhaus in der Mitte der Struth, habe ich eine Windmühle aufstellen lassen. Egal woher der Wind kam, er konnte immer das Windrad antreiben, es drehte sich halt, typisch für ein Windrad nach dem Wind. Die Mitarbeiter konnten reihum, wenn es Wind gab immer ihr Getreide hier mahlen und sie es auch dann nicht weit hatten bis zum Backhaus, das ich hier vor Jahren schon habe bauen lassen, um hier auch ihr Brot backen zu können. Der Zimmermann bekam auch den Auftrag, hier bei uns in der Struth drei weitere Häuser für meine jungen Arbeiter zu bauen, nach dem alten schon bekannten Schema.
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