Alle Kriminalbeamten hörten jetzt seiner Darstellung zu dem Mordfall, angespannt zu!
>>Und was ist mit dem Sperma, an seinen Schuhen! <<, fragte einer der SOKO Beamten dazwischen.
>>Das kommt noch! <<, antwortete Kranzinger und redete weiter.
>>Nach seinen Angaben, hatte er sich im hohen Schilf ganz in der Nähe ein paar spielender Kinder, die in Begleitung ihrer Eltern am See waren, versteckt. Nach einer Weile der Beobachtung sah er eine Frau, die ihr kleines Kind nackt auszog. Er berichtet: Seine sexuelle Erregung wäre plötzlich so stark gewesen, dass er sich selbst befriedigen musste.
Dabei wäre das Sperma auf seine Schuhe gelangt. Danach wäre er umgehend nach Hause gefahren behauptet er. <<
>>Und wie kam es zu dem Sturz mit dem Fahrrad? <<, fragte Kriminalpsychologin Eva Maria Brandel.
>>Er wollte angeblich so schnell wie möglich vom See weg.
In den Gedanken, dass ihn jemand im Schilf bei seinen sexuellen Handlungen beobachtet hatte, trat er unentwegt in die Pedale, kam vom Weg ab und stürzte in eine große buschige, Dornenhecke.
>>Was stimmt! <<, bestätigte Kommissar Schuldheiß von der Spurensicherung.
>> Das heißt! <<, übernahm jetzt Hauptkommissar Obermayer wieder das Wort.
>>Wir müssen Kramer beweisen, dass seine Aussage teilweise erfunden ist um seine Haut zu retten.
Laut Staatsanwaltschaft bleibt Karl-Heinz Kramer bis auf weiteres in Untersuchungshaft. Einen Anwalt hat er abgelehnt.
Er hätte nichts verbrochen. Somit brauche er sich auch nicht zu verteidigen, antwortete er, als man ihn auf einen Rechtsbeistand aufmerksam machte. <<
Nach einer Weile der Überlegung, wie es mit den Recherchen weiter gehen sollte, verteilte Obermayer die ersten Ermittlungsaufgaben.
Jetzt sah er zu Maria Brandel hin.
>>Sie, Kollegin Brandel, fahren zu Anita Kramer und prüfen die Aussage von ihrem Mann. Vielleicht weiß sie etwas von seinem geheimen Ausflug zum See.
Und danach fahren sie zu Klaras Mutter, Christine Seifert.
Eva Maria Brandel, war die Kriminalpsychologin im Team der Sonderkommission.
Dass sich hinter der unscheinbaren 26jährigen Kriminalistin eine hochintelligente Kripobeamtin verbarg, dachte man nicht, wenn man sie sah. Mit ihrer dicken Hornbrille auf der Nase, ihrer burschikosen Art und der Größe von 1,58 Metern, fand sie die nächsten zehn Jahre auch keinen Mann, lästerten Kollegen im LKA hinter vorgehaltener Hand.
Dass sie aber nach Feierabend in einem Fitnessstudio als Aerobic-Trainerin vor einer Gruppe junger hübscher Männer stand und sie anpeitschte, wusste man nicht im LKA.
>>Kleider machen Leute<<, sagte sie öfters vor ihrem Spiegel, wenn sie noch spät am Abend heimlich in die Discos im Promiviertel ging um das Nachtleben zu genießen.
Nachdem Hauptkommissar Obermayer die einzelnen Aufgaben den Ermittlungsgruppen zugewiesen hatte, erklärte er die erste Lagebesprechung für beendet.
*
Pfarrer Seefeld in Neuenburg musste seine geheime Reise nach Heidelberg noch ein paar Tage verschieben.
Er konnte jetzt unmöglich die Gemeinde verlassen.
Außerdem war Anna Heimhuber mit 86 Jahren heute Morgen verstorben. Übermorgen sollte sie auf dem Waldfriedhof direkt hinter der Kirche nach der Totenmesse beigesetzt werden. Gleich nach ihrem Tod hatte, man sie bis zur Beerdigung im Kühlhaus, in der kleinen Totenkapelle aufgebahrt.
Herbert Kranz, der arbeitslose Sozialhilfeempfänger, half der Leichenfrau beim Anziehen der Leiche und begann anschließend mit dem Ausheben der Grabstätte.
Wenn er auch des Öfteren betrunken war, Pfarrer Seefeld war froh, dass er ihm half.
Wer wollte schon die Drecksarbeit auf dem Friedhof erledigen. Denn es war harte Knochenarbeit, die nach Tod roch und mit der keiner in der kleinen Seelengemeinde etwas zu tun haben wollte.
Für Herbert Kranz war es bares Schwarzgeld, dass er sich nebenbei verdiente. Im Sozialamt wusste man inoffiziell von seinem Nebenverdienst. Aber man übersah es absichtlich.
>>Er sei ein armes Schwein<<, meinte Pfarrer Seefeld beiläufig, als er den zuständigen Beamten nach dem Sonntagsgottesdienst am Ausgang der Kirche sah, die Hand gab, und ihm einen schönen geruhsamen Sonntag wünschte.
Einen Tag nach der Festnahme von Karl Heinz Kramer ging Pfarrer Seefeld noch einmal zu Anita Kramer und den Kindern. Er brauchte sie doch für das Spielen der Orgel in seiner kleinen, sehr schönen Kirche.
Außerdem nach der Beerdigung von Anna Heimhuber sollte eine Totenmesse abgehalten werden. Die Angehörigen von ihr kamen von weit her angereist und sollten wie gewünscht, eine Totenmesse mit musikalischer Bekleidung erleben.
„Ja! Und wer sollte am kommenden Sonntag zum Gottesdienst die Orgel spielen?“ dachte er, während er sich durch die Reportage süchtige Menge der noch anwesenden Journalisten und Fotografen vor dem Bungalow der Kramers hindurchzwängte.
Man sah ihn von drinnen schon und hatte gewartet, bis er an der Haustür war, um ihm zu öffnen.
>>Kommen Sie schnell, Herr Pfarrer! <<, sagte Ansbert im Blitzlichtgewitter der Fotografen und ließ ihn hinein.
Als Pfarrer Seefeld ins Wohnzimmer kam, sah er, dass eine junge Frau da war.
>>Das ist Kommissarin Eva Maria Brandel vom LKA in München<<, stellte Anita Kramer sie sofort Pfarrer Seefeld vor.
Seefeld überlegte einen Augenblick. Ja, jetzt fiel es ihm wieder ein. Als sie die Vermisstenanzeige von Klara auf dem 3. Polizeirevier in Landsberg aufgaben, stand sie wenige Zeit später, etwas abseits und hatte der Vernehmung von Kramer interessiert zugehört.
>>Wir gehen zu Onkel Konradi nach Utting am Ammersee und Papa kommt nach<<, verkündete die kleine Claudia etwas freudig Pfarrer Seefeld.
>>Sie wissen, Herr Pfarrer! Peter Konradi, der Musiklehrer von der Uni München. Er hat Platz in seiner großen Villa am See und hat uns eine Bleibe bis zur Klärung der Unschuld meines Mannes angeboten<<, ergänzte Anita Kramer die für sie peinliche Aussage von ihrer Tochter.
Seefeld wusste, dass Peter Konradi der heimliche Geliebte von ihr war. Gesagt hatte sie ihm es nicht!
Aber an einem Samstagnachmittag, als Anita Kramer auf der Empore ihrer Orgelstücke für die Sonntagsmesse einübte, hatte er sie beide beobachtet.
Sie hatten sich leidenschaftlich vor seinen Augen geküsst. Außerdem hatte sie ihm in regelmäßigen Abständen während der Beichte ihre Seitensprünge angedeutet.
>>Ja, ich glaube es ist vorerst das Beste für Euch<<, antwortete Seefeld und setzte sich neben Ansbert der stillschweigend auf der Zweisitzer Couch zuhörte.
>>Haben sie etwas Ungewöhnliches in der letzten Zeit in der Gemeinde beobachtet, was mit Klaras spurlosem Verschwinden zu tun haben könnte<<, fragte Kriminalpsychologin Brandel, Pfarrer Seefeld.
>>Nichts, nein! Sie war öfter mit ihrer Mutter bei mir in der Kirche. Aber das mir da etwas Außergewöhnliches aufgefallen wäre, nein! <<, erwiderte Seefeld überlegend.
>>Gut! Dann hoffe ich, dass ihr Ehemann bald freikommt<<, antwortete die Kommissarin nebensächlich, stand auf und verabschiedete sich.
Während sie fast schon das Zimmer verlassen hatte, drehte sie sich noch einmal um und fragte: >>Ab wann sind sie in der Villa von Peter Konradi anzutreffen? <<
>>Heute Abend gegen 22:00 Uhr werden wir von Herrn Konradi abgeholt<<, antwortete Anita Kramer und schaute Pfarrer Seefeld dabei an.
>>Gut, dann weiß ich ja, wo ich sie finden kann, wenn etwas Wichtiges sein sollte<<, bemerkte Eva Maria Brandel und verließ das Haus.
Eine gute Stunde später verließ auch Pfarrer Seefeld den Bungalow der Kramers.
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