Seine Kratzspuren am Hals und die verbundene Hand hatten ihn verdächtig gemacht.
Als man ihn nach seinen Verletzungen befragte, antwortete er:
„Er sei heute Mittag mit dem Fahrrad am See gewesen, vom Waldweg abgekommen und in eine große, buschige Dornenhecke gestürzt. „Nachdem ein Polizeiarzt die Verletzung untersucht hatte, wurde ein Hautabstrich bei ihm durchgeführt. Sein Auto müsste er dalassen, um eventuelle Spuren zu sichern, befahl der Kripobeamte, der ihn erneut verhört hatte.
Gegen 4:00 Uhr wurde auch er von einer Polizeistreife nach Hause gebracht.
Jetzt stand er an dem schmiedeeisernen Gartentor, vor seinem Bungalow. Drinnen im hell erleuchteten Wohnzimmer sah er seine Frau und seine beiden Kinder, wie sie unruhig auf und ab liefen. Trotz der lauen Sommernacht stand Karl-Heinz Kramer der kalte Angstschweiß auf der Stirn. Sein Körper zitterte unentwegt. Was war nur geschehen mit ihm?
Wie angewurzelt am Boden stand er völlig erschöpft von dem anstrengenden Verhör da und starrte geistig verstört hinein, in das Innere seines hell erleuchteten Wohnzimmers.
>>Wo, steht ihr Fahrrad? <<, unterbrach ihn einer der Polizeibeamten in seinen schrecklichen Gedanken.
>>Hinter dem Haus, an der Garage <<, antwortete Kramer teilnahmslos, öffnete die Gartentür und ging langsamen Schrittes voraus an seine Haustür.
Als die Polizeibeamten sein Fahrrad in der Dunkelheit mit der Taschenlampe anstrahlten, sahen sie, dass es voller schlammiger nasser Erde war.
>>Das Rad nehmen wir mit! Ende der Woche können sie es auf dem Polizeirevier wieder abholen<<, meinte der Streifenführer und gab es seinem Kollegen, der es an den Streifenwagen schob. >>Kann ich jetzt hineingehen in mein Haus<<, fragte Kramer.
>>Na klar! Aber wir gehen mit! <<
>>Wieso gehen sie mit? <<, fragte er überrascht und sah den Oberwachtmeister der Schutzpolizei ängstlich an.
>>Ihre Kleidung und die Schuhe, die sie heute Nachmittag anhatten, möchten wir noch mitnehmen. Oder haben sie etwas zu verbergen? <<, legte der Polizeibeamte gleich nach.
>>Nein, aber meine Frau und Kinder. Was denken sie von mir? <<, antwortete er jetzt leise und schloss die Haustür lautlos auf.
Kaum hatte er die Türe geöffnet, war auch schon seine Frau da. Ansbert, sein Sohn stand hinter seiner Mutter und Claudia, suchte ängstlich Schutz an der Seite von ihr.
>>Was ist geschehen Papa? <<, fragte Ansbert ängstlich um seinen Vater.
>>Ich weiß es nicht! <<, erwiderte Karl Heinz Kramer nervlich am Ende seiner Kräfte, senkte den Kopf und ging an ihnen vorbei die Innentreppe des Hauses hinunter in den Waschraum.
>>Wo geht er hin? <<, fragte Anita Kramer.
>>Wir brauchen die Kleidung, die ihr Mann heute Mittag anhatte, als er in die Schule ging<<, antwortete der Polizeibeamte ohne eine Erklärung abzugeben.
>>Die Kleidung ist schon in der Waschmaschine! <<, erwiderte Anita Kramer so laut, dass man es bis in den Keller hören musste.
Nach wenigen Minuten kam Karl-Heinz Kramer mit seinen vom Lehm verschmutzten Kleidern und den noch schmutzigen Schuhen zurück. Seine Schuhe waren durchnässt und an den Schuhsohlen hingen schlammige Schilfreste.
>>Ich habe sie aus der Waschmaschine herausgenommen<<, sagte er, nur um die Aussage seiner Frau zu bestätigen.
>>Die Unterwäsche und das Hemd oder was sie noch sonst anhatten auch! <<, forderte der Streifenbegleiter befehlend, als er sah, dass es nur eine Hose mit Jacke war, die er mit nach oben gebracht hatte.
Kommt, wir gehen in das Wohnzimmer<<, sagte jetzt Anita Kramer, um ihre Kinder vor weiteren Aufregungen zu schützen.
Nachdem sie die Wohnzimmertür hinter sich geschlossen hatte, zog sich Karl-Heinz Kramer nackt aus.
Was war nur aus ihm geworden? dachte er mit Tränen in den Augen, während er den Beamten, das letzte Kleidungsstück übergab, das er auf seinem Leib trug.
>>Gut, das war es vorerst! Sie halten sich zu unserer Verfügung. Am besten wäre es, wenn sie morgen früh in ihre Schule gehen und den Unterricht so weiterführen, als sei nichts geschehen<<, schlug der Oberwachtmeister vor.
>>Gute Nacht und Danke! <<, sagte Kramer leise, dass man ihn kaum verstehen konnte.
Danach verließen die Polizeibeamten mit seinen Kleidungsstücken das Haus. Beschämend stand er jetzt nackt im hell erleuchteten Flur seines Bungalows. Sein Gehirn war leer und total ausgebrannt!
Plötzlich ging die Wohnzimmertür auf. Es war seine Frau, die hinter sich die Türe zuzog und auf ihn zukam. Einen Meter vor ihm blieb sie stehen.
>>Karl-Heinz, sag mir bitte, dass es nicht wahr ist! Du hast doch selbst eine kleine minderjährige Tochter. <<, sagte sie verzweifelt, zu tiefst enttäuscht von ihm.
Sie konnte es nicht glauben, dass ausgerechnet ihr Mann zu so einer Tat fähig war. Als er ihr keine Antwort gab, brach sie laut schluchzend in Tränen aus, ging ganz nah an ihn heran und trommelte ihm mit beiden Fäusten auf die nackte Brust. Außer jeglicher Kontrolle seines Geistes umfasste Karl Heinz Kramer plötzlich seine Frau mit der linken Hand hinter dem Rücken und zog sie mit aller Gewalt an sich heran.
Dann hielt er ihr mit der rechten Hand gewaltvoll den Mund zu. Sein fester starrer Blick bekam einen vom Hass erfüllten bösartigen Ausdruck und die Pupillen seiner Augen spiegelten den Zustand seiner gebrochenen Seele, in diesem für ihn unerträglichen, schrecklichen Augenblick.
>>Sei ruhig und sage nichts mehr. Ich kann es nicht mehr hören! <<, schrie er laut unbewusst, während der Speichel ihm unkontrolliert aus dem linken Mundwinkel lief.
Jetzt sah er jähzornig in ihre weit von der Todesangst geöffnete Augen.
Anita Kramer spürte, dass sie dem Tod ganz nahe war.
Vergeblich rang sie nach Luft.
Eilig waren Ansbert und Claudia, nachdem sie die Schreie ihres Vaters gehört hatten, herbeigeeilt, um zu sehen was geschah. >>Lass sie los! Sie bekommt keine Luft mehr! <<, rief Ansbert verzweifelt, als er sah, dass seine Mutter die Augen nach oben drehte.
Jetzt sah er die Blumenvase, die auf dem Sideboard im Flur in seiner Nähe stand.
In panischer Angst um das Leben seiner Mutter nahm er sie und schlug seinem Vater von hinten gewaltvoll auf den Kopf. Claudia stand hilflos schreiend daneben, hielt sich beide Ohren zu und schaute auf den Boden, um das Geschehen zu verdrängen.
Sofort ließ Karl-Heinz Kramer seine Frau aus der Umklammerung frei, verdrehte seine Augen, und fiel seitlich bewusstlos wie ein gefällter Baum zu Boden.
Anita Kramer, die verzweifelt laut röchelnd nach Luft rang, griff sich völlig in Todespanik geraten, an den Hals.
Ihre Tochter lief weinend davon.
Ansbert, stand jetzt völlig im Schock mit dem Rücken an der Wand, atmete schwer, senkte seinen Kopf zu Boden und weinte.
In der rechten Hand hielt er immer noch die Blumenvase.
>>Ich habe ihn getötet! <<, stammelte er, immer wieder.
Anita Kramer war jetzt wieder bei vollem Bewusstsein. Schnell, kniete sie sich auf den Boden, drehte ihrem Mann den Kopf zur Seite und griff ihm an die Halsschlagader.
>>Er lebt! <<, sagte sie, legte ihm ihre linke Hand unter den Kopf und streichelte ihm zärtlich über die leichenblassen Wangen.
Jetzt erst bemerkte sie die Platzwunde an seinem Kopf. Ansbert stand wie versteinert neben ihr und sah ohne jede Regung dem Geschehen zu.
Schnell, ruf einen Arzt an. Dein Vater lebt noch! << befahl sie und schüttelte ihren Sohn an den Beinen, der immer noch unter Schock regungslos dastand.
Plötzlich öffnete Karl-Heinz Kramer langsam seine Augen. >>Wo bin ich? Was ist geschehen? << waren seine ersten Worte, als er das verschwommene Gesicht seiner Frau über sich sah. Sein Kopf dröhnte vor Schmerz. Jetzt bemerkte er die verletzte Stelle an seinem Kopf.
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