Mit der zweiten neu bearbeiteten Auflage wird zum einen der Entwicklung der Kosten- und Leistungsrechnung im Krankenhaus Rechnung getragen, die geprägt ist durch die zunehmende Bedeutung des instrumentalen Charakters der Kosten- und Leistungsrechnung. Zum anderen werden Fragestellungen der Kostenträgerrechnung aufgegriffen, die sich aus der Novellierung des Krankenhausfinanzierungsrechts durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) und durch die erwartete Novellierung der Bundespflegesatzverordnung ergeben.
Mit dem vorliegenden Buch wird eine systematische Einführung in die Kosten- und Leistungsrechnung in Krankenhäusern gegeben. Dabei wird der praktischen Umsetzbarkeit besondere Beachtung geschenkt, so dass dieses Lehrbuch vor allem für die Anwender der Kosten- und Leistungsrechnung im Krankenhaus gedacht ist. Daneben ist es auch für diejenigen geeignet, die sich in Studium oder Selbststudium mit den Aufgaben und der Methodik der Kosten- und Leistungsrechnung in Krankenhäusern vertraut machen wollen.
Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass die Rahmenbedingungen für die Kosten- und Leistungsrechnung in Form des Krankenhausfinanzierungsrechts derzeit noch in Bewegung sind. Aber gerade in einer derartigen Situation gewinnt die Auseinandersetzung mit dem Instrument Kosten- und Leistungsrechnung, mit dessen Hilfe das Leistungs- und Kostengeschehen im Krankenhaus transparent gemacht und abgebildet wird, an Bedeutung, denn nur bei Kenntnis der Zusammenhänge zwischen Leistungen und Kosten lassen sich Bestimmungen des Krankenhausfinanzierungsrechts in ihren möglichen materiellen Auswirkungen abschätzen und so umsetzen, dass die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser gewährleistet wird.
Unser Dank gilt Frau Brigitte Kier für die mühevolle Schreibarbeit und Herrn Christian Kier für die Anfertigung der Abbildungen.
Braunschweig und Nienburg, im Oktober 1993
Joachim Hentze
Erich Kehres
I Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung im Krankenhaus
Hauptaufgabe der Krankenhäuser ist die stationäre Behandlung von Patienten, die neben der Diagnose und Therapie auch Unterkunft und Pflege der Patienten umfasst.
Daneben werden in unterschiedlichem Umfang ambulante Patienten behandelt sowie Forschung und Lehre betrieben. Die ambulante Behandlung im Krankenhaus ergänzt die ambulante Behandlung durch niedergelassene Ärzte.
Vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus verbinden die ambulante Behandlung durch niedergelassene Ärzte und die stationäre Behandlung im Krankenhaus.
Rechtsgrundlage für den Umfang der von Krankenhäusern wahrzunehmenden Aufgaben und ihrer Finanzierung bilden das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) 1 , die Bundespflegesatzverordnung (BpflV) 2 und das Krankenhausentgeltgesetz (KHEntG) 3 sowie die Krankenhausbuchführungsverordnung (KHBV) 4 .
Krankenhäuser sind überwiegend gemeinwirtschaftliche Betriebe, die durch die Wahrnehmung der ihnen zugeordneten Aufgaben öffentliche Bedürfnisse befriedigen und Aufgaben der Daseinsfürsorge übernehmen.
Die gesellschaftliche Bedeutung des Angebotes von Krankenhausleistungen hat zur Folge, dass im Krankenhaus die Bedarfsdeckung oberste Maxime wirtschaftlichen Handelns ist. Das bedeutet eine Dominanz des Sachziels. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass Krankenhäuser zu mehr als einem Drittel inzwischen in privater Trägerschaft sind und damit auch eine privatwirtschaftliche an Formalzielen orientierte Steuerung, inkl. entsprechender Interessen der Anteilseigner, einhergeht. 5 Auch ist die Formalzielorientierung bei frei-gemeinnützigen und öffentlichen Krankenhäusern in den letzten Jahren sicherlich deutlich stärker geworden. Dies geschieht nicht zuletzt auf Grundlagen eines ansteigenden Wirtschaftlichkeits- und Wettbewerbsdrucks 6 . Krankenhäuser werden wirtschaftlich dadurch gesichert, dass ihre Investitionskosten im Wege öffentlicher Förderung übernommen werden, »leistungsgerechte« Erlöse aus Pflegesätzen sowie Vergütungen für vor- und nachstationäre Behandlung und für ambulantes Operieren erhalten (Duale Finanzierung). 7 Zu den Pflegesätzen zählen insbesondere auch die Fallpauschalen im Sinne des Krankenhausentgeltgesetzes.
Der Krankenhausprozess zur Erreichung seines Sachziels ist aber nichtdestotrotz auch ein Entscheidungsprozess, der Planung, Durchführung und Kontrolle umfasst, Informationen benötigt und sich in Zahlen niederschlägt.
Als Informationssystem der Unternehmung dient das betriebliche Rechnungswesen dazu, wirtschaftlich bedeutsame Informationen an die Informationsadressaten weiterzugeben. Die Geschäftsvorfälle und -ergebnisse sind zu erfassen, zu planen und zu kontrollieren. 8
Aus der Verschiedenheit der Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens ergibt sich eine Zweiteilung in externes Rechnungswesen (Finanzbuchführung und Jahresabschluss) und internes Rechnungswesen (Kosten- und Leistungsrechnung).
Gegenstand der Finanzbuchführung sind alle monetären Vorgänge zwischen dem Krankenhaus und der Umwelt. Die Kosten- und Leistungsrechnung erfasst den Prozess der Leistungserstellung und Leistungsverwertung, insbesondere innerhalb des Krankenhauses.
Während bei der nach außen gerichteten Finanzbuchführung die Rechenschaftslegungs- und Informationsaufgabe im Vordergrund steht, bildet die Kosten- und Leistungsrechnung den Betriebsprozess in Kosten- und Leistungsgrößen ab. Damit wird vor allem auf zwei Aufgaben abgestellt:
• Steuerung und Kontrolle des Betriebsgeschehens,
• Preisbildung.
Haberstock ergänzt diese beiden Hauptaufgaben um eine dritte Aufgabe, nämlich das Bereitstellen von Zahlenmaterial für dispositive Zwecke. Diesen Aspekt der Kosten- und Leistungsrechnung stellt auch Kosiol heraus, wenn er den instrumental-pragmatischen Charakter der Kosten- und Leistungsrechnung im Zusammenhang mit unternehmerischen Entscheidungs- und Steuerungsaufgaben betont.
Für das Krankenhaus muss die Kosten- und Leistungsrechnung im Rahmen der Planung, Steuerung und Kontrolle des Betriebsprozesses insbesondere Informationen über die Wirtschaftlichkeit zur Verfügung stellen. Die Leistungsmenge wird dabei theoretisch prospektiv mit den Kostenträgern im Rahmen der Budgetverhandlung auf Grundlage des § 4 KHEntgG vereinbart. 9 An die Stelle der Preisbildung als wesentliche Funktion der KLR, die extern durch das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) durchgeführt wird, tritt die Nachkalkulation der extern vorgegebenen Preise in Form der Fallpauschalen.
Die Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung im Krankenhaus stehen in engem Zusammenhang mit dem Krankenhausfinanzierungssystem. Daher enthält das Krankenhausfinanzierungsrecht im § 16 Abs. 1 Nr. 7 KHG die Rechtsgrundlage für die Verordnung über die Rechnungs- und Buchführungspflichten von Krankenhäusern (Krankenhausbuchführungsverordnung – KHBV). 10
Die materielle Bedeutung erhält die KHBV durch § 17 Abs. 2 KHG, der festlegt, dass die Kosten der Krankenhausleistungen nach Maßgabe der KHBV auf der Grundlage der kaufmännischen Buchführung und einer Kosten- und Leistungsrechnung zu ermitteln sind.
Hinsichtlich der Kosten- und Leistungsrechnung konkretisiert § 8 KHBV die Bestimmungen des KHG und legt die Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung im Krankenhaus fest:
(1) Betriebsinterne Steuerung
(2) Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit des Krankenhauses
(3) Ermittlung der pflegesatzfähigen Kosten (bis zum Jahr 2016 musste sie darüber hinaus die Erstellung der Leistungs- und Kalkulationsaufstellung ermöglichen).
Zu (1): Betriebsinterne Steuerung
Die betriebsinterne Steuerung stellt auf das Erreichen von Zielen ab, die operational, d. h. nach Zielinhalt, Zielausmaß und zeitlichem Bezug vorgegeben sind.
Die Kosten- und Leistungsrechnung als Kontroll- und Steuerungsinstrument erfüllt nur dann die ihr gestellten Aufgaben, wenn sie sich nicht nur auf die Analyse der Vergangenheit beschränkt, sondern die Kostenplanung einbezieht. Dieser Forderung wird nur eine zukunftsorientierte (Plan-)Kostenrechnung gerecht.
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