Catharina Rehberg - Das Leben der Catharina R.

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Das Leben der Catharina R.: краткое содержание, описание и аннотация

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Die junge Catharina Rehberg war schon immer anders. Sie leidet an einer unheilbaren Krankheit und wächst behütet bei ihrer Mutter in Bochum auf. Ihren Vater kennt sie nicht. Während der Pubertät merkt, das Mädchen, dass sie völlig anders ist als ihre Freundinnen in der Schule. Sie ist homosexuell und verliebt sich in ihre beste Freundin. Ausgerechnet an ihrem Geburtstag kommt es zu einem Kuss mit unangenehmen Folgen für sie. Fortan wird Catharina von ihren Mitschülern, Lehrern und sogar ihrer eigenen Mutter als krank bezeichnet. Niemand will mehr etwas mit der lesbischen jungen Frau zu tun haben. Sie verlässt ihr Elternhaus aufgrund der ständigen Anfeindungen. Nur einer steht zu ihr. Der zehn Jahre jüngere Karsten hilft ihr über den nahenden Suizid hinweg. Catharina ist gezwungen, ein neues Leben zu beginnen. Weit ab von ihrem gewohnten Umfeld beginnt sie ein neues Leben, fest entschlossen ihre eigene Sexualität zu verleugnen. Wird sich dort für sie alles zum guten wenden? Dieses Buch beschreibt Catharinas Erlebnisse und Erfahrungen von Anfang der 70er Jahre bis heute.

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Die ers­te Nacht war noch et­was un­be­quem und kühl. Schlaf be­kam ich nicht ge­ra­de viel. Drau­ßen war es be­reits kurz vor Mit­tag, als ich mich aus mei­ner De­cke schäl­te und in den Gar­ten sah. Es war An­fang März und die Son­ne war noch nicht stark ge­nug für ein biss­chen Wär­me zu sor­gen. Lo­thar war be­reits wie­der wach und rauch­te einen scheuß­lich rie­chen­den Zi­ga­ril­lo. Ich bat ihn, auf mei­ne Sa­chen auf­zu­pas­sen, wäh­rend ich weg war. Er be­ru­hig­te mich mit der Aus­sa­ge, dass hier nichts weg­kom­men wür­de, trotz­dem nahm ich die Tü­te mit mei­nen Wert­sa­chen vor­sichts­hal­ber mit. Ich hat­te ei­ne drin­gen­de Verab­re­dung mit dem klei­nen Kars­ten und woll­te ihn nicht ent­täu­schen. Gera­de noch recht­zei­tig er­reich­te ich die Grund­schu­le, be­vor der Un­ter­richt zu En­de war. Als er mich vor dem Schul­hof war­ten sah, blitz­ten sei­ne blau­en Au­gen. Sei­ne Ta­sche mit den Schul­sa­chen ließ er ein­fach fal­len und rann­te zu mir.

Auf der Stein­trep­pe re­de­ten wir län­ger mit­ein­an­der. Er woll­te wis­sen, was ich vor­hat­te und warum ich jetzt wo­an­ders woh­nen wür­de. Ich ver­such­te, es ihm so gut wie mög­lich zu er­klä­ren. Für ihn war ich im­mer noch die große Ca­tha­ri­na und er konn­te nicht ver­ste­hen, warum mich al­le für krank hiel­ten. Das Pro­blem war, dass ich es ihm selbst nicht rich­tig er­klä­ren konn­te. Ich er­zähl­te ihm, dass ich mei­ne Freun­din Em­ma ge­küsst hat­te, und dar­auf die Höl­le über mich her­ein­brach. Für Kars­ten war das ganz nor­mal. Mit sei­nem kind­li­chen Ge­müt er­klär­te er mir, das es doch ganz nor­mal sei, je­man­den zu küs­sen, wenn man ihn mag. Wel­ches Ge­schlecht spiel­te doch da­bei über­haupt kei­ne Rol­le. Er küss­te mich ja auch, weil er mich moch­te. Er konn­te noch nicht be­grei­fen, was jetzt so schlimm an ei­nem Kuss war. Ich be­glei­te­te ihn noch fast bis nach Hau­se. Dann mach­te ich mich wie­der auf den Weg zu mei­ner neu­en Be­hau­sung.

Dort war­te­te be­reits Lo­thar mit ei­ni­gen Freun­den auf mich. Sie al­le woll­ten die neue jun­ge Be­woh­ne­rin ken­nen­ler­nen. Sie wa­ren al­le über­aus nett zu mir. Wil­fried, ein an­de­rer Be­woh­ner des Hau­ses, ver­such­te zu er­fah­ren, was mich in die­se Ge­gend ver­schla­gen hat­te. Ich ver­such­te, ihm nur ein biss­chen mei­ner Si­tua­ti­on zu er­klä­ren, aber das ge­nüg­te ihm nicht. Ihm war nur auf­ge­fal­len, dass ich ganz an­ders war als die an­de­ren jun­gen Frau­en, die sich sonst mal hier­her ver­irr­ten. Es hat­te kei­nen Zweck ih­nen et­was vorzu­ma­chen. Sie wa­ren schon viel zu alt und er­fah­ren ge­nug um mich aus der Re­ser­ve zu lo­cken. Al­so be­gann ich zu be­rich­ten, was es mit mei­ner Flucht auf sich hat­te und wie sich al­les so weit ent­wi­ckel­te, bis ich schließ­lich hier in der Run­de der al­ten Män­ner lan­de­te. Lo­thar be­gann laut zu la­chen und die paar Zahn­stum­mel in sei­nem Mund wa­ckel­ten schon be­denk­lich. Je­der Ein­zel­ne von ih­nen konn­te mich nur zu gut ver­ste­hen. Nils, ein et­was jün­ge­rer Be­woh­ner, ver­drück­te ein paar Trä­nen. Er be­gann mich dar­über auf­zu­klä­ren, dass er, eben­so wie ich die fast glei­che Tor­tur über­ste­hen muss­te. Sein Pro­blem war aber sei­ne Spra­che. Man ver­höhn­te ihn Zeit sei­nes Le­bens als Stot­te­rer. Es war ihm nicht mög­lich, lang­sa­mer zu spre­chen, was dann den Sprach­feh­ler bei ihm aus­lös­te. Drau­ßen wur­de es be­reits wie­der lang­sam hell. An­statt zu schla­fen, hat­ten wir uns in der Run­de an­ge­regt un­ter­hal­ten.

Aber die al­ten Män­ner ver­such­ten auch nicht, mir mei­nen Weg aus­zu­re­den. Sie un­ter­stüt­zen mich eher, mel­de­ten aber ei­ni­ge Be­den­ken an. Ich war noch jung und un­er­fah­ren. Abstrei­ten konn­te ich das schlecht als ju­gend­li­che mit 15 Jah­ren. Sie schlu­gen mir einen an­de­ren Weg vor. Ich soll­te erst ein­mal hier­blei­ben, aber trotz­dem ir­gend­wie mei­ne Schu­le zu En­de brin­gen. Das Le­ben auf der Stra­ße war, be­son­ders in den Win­ter­mo­na­ten nicht ge­ra­de an­ge­nehm und vie­le sind schon dar­an ge­stor­ben. Dar­über hat­te ich mir in mei­nem blö­den Kopf na­tür­lich kei­ne Ge­dan­ken ge­macht. Der Früh­ling hat­te ge­ra­de erst be­gon­nen und dann käme der Som­mer, aber spä­tes­tens im Ok­to­ber wür­de es wie­der emp­find­lich kalt wer­den. Zu­min­dest nachts war es im Spät­jahr nicht ge­ra­de an­ge­nehm. Aber ich hat­te ja mei­ne Schul­sa­chen bei mir, da­mit könn­te ich ja ler­nen, oh­ne in die Schu­le zu müs­sen. Ich woll­te es mög­lichst ver­mei­den, wie­der den gan­zen Tag be­lei­digt zu wer­den, nur weil mich mein ei­ge­nes Ge­schlecht an­zog und mich von ei­ni­gen Psy­cho­lo­gen da­von hei­len zu las­sen.

Wil­fried zeig­te mir dann einen an­de­ren Weg auf. Ich soll­te ein­fach nach den Som­mer­fe­ri­en ei­ne an­de­re Schu­le be­su­chen. Mei­ne neu­en Freun­de wür­den mir da­bei hel­fen. Nils, der un­ge­fähr so alt wie mei­ne Er­zeu­ge­rin war, wür­de sich als mein Va­ter aus­ge­ben und das Auf­nah­me­ge­spräch an der an­de­ren Schu­le be­strei­ten. Al­les, was wir da­für be­sor­gen muss­ten, wa­ren ein paar an­stän­di­ge Kla­mot­ten und ein biss­chen Geld. Dusch­mit­tel könn­te auch nicht scha­den und einen ver­nünf­ti­gen Haar­schnitt warf ich noch in die Run­de. Mei­ne neu­en Freun­de muss­ten la­chen. Es war nicht ein­fach, sei­ne Klei­dung in Ord­nung zu hal­ten und re­gel­mä­ßig zu du­schen, so­lan­ge es drau­ßen noch kalt war. Hät­te mir auch selbst ein­fal­len kön­nen. Lo­thar bot sich an, Nils die Haa­re zu schnei­den. Er konn­te da­mit um­ge­hen und brauch­te nur einen ver­nünf­ti­gen Kamm und eben ei­ne gu­te Sche­re. Die hat­te ich aber zum Glück schon bei mei­nen Schul­sa­chen.

Ich wür­de dann bis En­de der Wo­che nicht mehr in die Schu­le ge­hen, einen Ent­schul­di­gungs­zet­tel schrei­ben, weil ich er­krankt war und dann die­ses Schul­jahr noch über­ste­hen müs­sen. Nur auf die Milch und das Bröt­chen auf dem Pau­sen­hof muss­te ich ver­zich­ten. Ta­schen­geld be­kam ich ja nicht mehr, aber Lo­thar und die an­de­ren wür­den mich schon noch ir­gend­wie er­näh­ren kön­nen. Sie be­ka­men über das So­zi­al­amt einen ge­wis­sen Ta­ges­satz an Geld. Ko­chen war ja in un­se­rer Woh­nung ein­ge­schränkt mög­lich und Wil­fried konn­te auch da­mit ein biss­chen um­ge­hen. Nur muss­te ich das al­les noch Kars­ten bei­brin­gen. Ei­gent­lich woll­te ich ihn ja nach der Schu­le täg­lich be­su­chen und mich mit ihm un­ter­hal­ten. Im­mer­hin war er der Ein­zi­ge, der zu mir hielt und mich nicht ver­ur­teil­te. Das war ich ihm ein­fach schul­dig.

Kars­ten war mir nicht bö­se, wenn ich nicht je­den Tag vor der Schu­le auf ihn war­te­te. Sei­ne ein­zi­ge Fra­ge war, auf wel­che Schu­le ich dann ge­hen wür­de. Das hat­te ich aber noch nicht ent­schie­den und muss­te ihn ver­trös­ten. Ob­wohl er ge­ra­de mal in der ers­ten Klas­se der Grund­schu­le war, ver­stand er mich bes­ser als je­der an­de­re. Der Klei­ne war ein­fach groß­ar­tig. Für die­se ei­ne Wo­che, die ich mir frei­ge­nom­men hat­te, durf­te er sich aber täg­lich auf mei­ne Be­su­che freu­en. Kars­ten freu­te sich je­den Tag aufs Neue, wenn er mich da vor sei­ner Schu­le ste­hen sah. Er war zwar nur der Sohn mei­ner ehe­ma­li­gen Nach­ba­rin, aber in mei­nen Au­gen war er so was wie ein klei­ner Bru­der, der für al­les, was ich mach­te, Ver­ständ­nis auf­brach­te.

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