Woran wir uns im Laufe der Zeit außerdem gewöhnen? Das Unperfekte auf Formentera hat seinen Charme. Es macht selbst vor Vier-Sterne Hotels nicht halt. Das eine Mal fällt das Wasser aus, das andere Mal der Strom. Als man sich des Abends beim Essen darüber auslässt, wie man kurz zuvor eingeschäumt unter der Dusche stand und es plötzlich nur noch tropfte, müssen wir schmunzeln. Erinnerungen an den Morgen werden wach als wir es waren die dafür sorgten, dass im Lago Dorado Elektrogeräte ihren Dienst quittierten. Eines anderen Abends dann hat es den Anschein, als habe jemand für die gesamte Insel den Stecker gezogen. Wie häufiger zu dieser Stunde sitzen wir auf der Terrasse des Casablanca, eines Restaurants beziehungsweise einer Bar neben dem Hotel. Ein Cocktail an der frischen Luft reizt uns mehr als die Bespaßung durch ein Animationsteam in einem klimatisierten Salon. Auf einen Schlag ist es dunkel. Weder in den Räumlichkeiten des Lokals noch im Hotel brennt Licht. An sich nirgends, so weit die Blicke reichen. Auch das Rauschen der Air-Condition ist verstummt. Man trägt es mit Fassung. Stromausfall halt. Formenteras Energieversorgung hängt an zwei unterseeischen Kabeln. Wenig später ist es dafür um so stimmungsvoller: Kurzerhand flackern auf den Tischen die Kerzen. Dass das Babyphon weiterhin schweigt? Sowohl unsere Kinder als auch wir überleben es. Schauen wir halt gelegentlich mal um die Ecke, ob beim Nachwuchs die Welt noch in Ordnung ist. Ute und ich wurden auch ohne derartige Technik groß, sofern man bei eins-paar-und-sechzig beziehungsweise -siebzig Meter zwischen Fußsohle und Scheitel davon sprechen kann.
Dass Fomentera auch drüber hinaus seine Schattenseiten hat, darüber informiert bereits der Reiseprospekt. Für nächtliche Schritte zu Fuß wird angeraten, eine Taschenlampe mitzunehmen. Nicht jeder Winkel ist von einer Straßenlaterne ausgeleuchtet. Die Folge einer deutlich geringeren Lichtverschmutzung gegenüber „zivilisierteren“ Gegenden: bei wolkenlosem Himmel ein fantastischer Sternenhimmel. Großes Naturkino. Wer das Erkennen von Sternbildern oder fremder Galaxien zu seinen Hobbys zählt, dürfte schlaflose Nächte haben. Wir hingegen belassen es dabei, den diesbezüglich unkundigen Blick in die Unendlichkeit zu genießen, hin und wieder einen Wunsch an eine Sternschnuppe zu heften oder einfach nur mit offenen Augen zu träumen. Beispielsweise wie es wäre, auf Formentera nicht nur die Ferien zu verbringen, sondern zu leben. Ein faszinierender Gedanke. Eine Idee, wie dies zu bewerkstelligen sei, fällt leider nicht auf uns herab.
Tage, Wochen und Urlaube gehen in das Land. Zeiten unbeschwerten Seins. Schnell vorbei sind die Jahre, da wir mit Buggy, Wickeltasche oder Koffern voller Babynahrung anreisen. Selbstverständlich könnten wir Gläschen und Brei auch im balearen Supermarkt erstehen, doch wir wollen nichts riskieren. Unsere Kinder wachsen mit Lebensmittelunverträglichkeiten auf, haben eine Laktose Intoleranz und unser Wortschatz in der fremden Sprache ist lückenhaft. Dos cañas, por favor – zwei Bier bitte, daran sollte es nicht scheitern, ist für unsere beiden aber noch etwas verfrüht. Was als ständiger Begleiter erhalten bleibt: ein Inhaliergerät. Trotz eines höheren Salzgehaltes und deutlich geringerer Schadstoffe in der Luft machen auch chronische Atemwegserkrankungen unseren Knirpsen das Leben schwer. Pfeifendes und rasselndes Luftholen sind leider selbst in einem Paradies wie auf Formentera keine Seltenheit. Was Ute und ich hingegen zu spüren bekommen: mit dem Urlaubsantritt sind wir unseren Heuschnupfen los.
Wie es so ist, wenn die Kinder klein sind: die Zeit vergeht viel zu rasch. Schnell ist der Zeitpunkt erreicht, in dem die erste Einschulung bevor steht. Ein Versuch, im letzten Anlauf das drei-für-zwei-Wochen Angebot auf ein vier-für-drei auszuweiten, scheitert. Schade. Im Jahr darauf, angewiesen auf die Schulferien, wird es richtig heftig. Noch einmal gönnen wir uns drei Wochen im lieb gewonnen Hotel, doch was man uns abverlangt sprengt für mich den Rahmen. Gut zwei Monatsgehälter. Ein Betrag, der das Vierstellige überschreitet. Eine derartige Summe für zwanzig Tage Sommer, Sonne, Strand und mehr? Zwar bilde ich mir ein, nicht schlecht zu verdienen, doch alles hat seine Grenzen. Hinzu kommen weitere Kleinigkeiten, die Kurskorrekturen verlangen. Zum einen sind da die Essenszeiten. Morgens sind es Nick und Tim, die ihre Spielsachen nicht aus der Hand legen wollen, Abends haben Ute ich keine Lust zusammen zu packen, wenn es am Strand leerer wird.
Eine andere Sache ist das Hotelpublikum. Kinder im Vor- oder Grundschulalter sind nicht jedermanns Geschmack. Mit gesellschaftlichen Zwängen noch nicht so wohl vertraut ecken sie in ihrer Unbedarftheit schon mal an. Insbesondere bei Landsleuten. Den Kopf schütteln können wir nur, als sie eines Tages unter dem Sonnenschutz am Strand der Nachbarliege zu nahe rücken und von dort erbost zu hören bekommen:
„Das ist mein Schatten!“
Wie bereits erwähnt: Zeit für Kurskorrekturen, Zeit für etwas Neues.
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