Und da der Kunde König und der König von Verkäufern und Herstellern als dieser behandelt werden will, müssen sich diese auch zukünftig darauf einstellen.
Bis es aber so weit ist, werde ich weiter Untertan bleiben, der für kleines Geld einen Schwingsessel erwirbt, welcher sich nach dem Zusammenbau als mit viel zu kurz geratenen Armablageflächen entpuppt- einer Absage an die Gemütlichkeit demzufolge, die mir als Bucher „gemütlicher Schwingstunden“ vielleicht nicht passiert wäre.
Vorerst und bei näherer Betrachtung der Lage schwanke ich zwischen lobenswerter Materialressourceneinsparung zugunsten der Natur und einer verabscheuenswerten Materialreduktion zur Gewinnmaximierung.
Expressgüter
1 Filme
In unruhigen Träumen steige ich aus dem Expressgutwaggon eines Zuges auf dem Bahnhof Lengefeld- Rauenstein und zerre Miklos und Mortimer hinter mir her.
Wider Willen werde ich zur Attraktion der An- und Abreisenden, während den beiden das völlig egal zu sein scheint, sind sie doch nur Statisten in einem Film, der in meinem Kopf abläuft.
Mein Bekannter Mirko (weder verwandt noch verschwägert mit Miklos und Mortimer) war neulich mit seiner Frau im Annaberger Kino einer von neun, beziehungsweise zwei von acht, Besuchern in einem brandaktuellen Horrorfilm.
Saalauslastung unter zehn Prozent.
Ziemlich ausgelastet dagegen waren die Expressgutwaggons zu DDR- Zeiten, und gerade der Transport von Filmen lief auf Hochtouren.
Nach Tiefenrecherchen meinerseits in Stapeln gelaufener Expressgutkarten vom Bahnhof Lengefeld- Rauenstein lagen die Kreisfilmstellen Werdau, Annaberg- Buchholz, Freiberg, Aue und der Gloria Filmpalast in letztgenannter Stadt ganz weit vorn im Empfang von Filmrollen.
Knapp gefolgt vom VE Lichtspielbetriebe Karl- Marx- Stadt.
Die Bezeichnung Lichtspiele in Sachen Kino gab es auch in Geyer, Jöhstadt, Bockau, Markersdorf, Oberwiesenthal, Pockau- Lengefeld, Hainichen, Seiffen, Geringswalde und Lugau.
Ein Lichtspielhaus stand in Schlettau und Volkslichtspiele waren in Wilkau- Haßlau, Waldenburg, Neumark und Scheibenberg angesiedelt.
Kreative Namenserweiterungen schrieben sich Limbach und Bärenstein zu (Apollo- Lichtspiele), ebenfalls Zöblitz und Pobershau mit Capitol- Lichtspiele.
Unvermeidlich die Kur Lichtspiele für Bad Elster, politisch angehaucht die Lichtspiele Roter Stern Gersdorf und Fortschritt Lichtspiele Oelsnitz/Vogtland, weltmännisch die Kosmos Lichtspiele Neuhausen, mondän die Astoria Lichtspiele in Gornsdorf und die Central Lichtspiele in Crottendorf.
Ein simples Klubhaus in Raschau erhielt genauso Filme wie die Theater der Freundschaft in Olbernhau, Schneeberg und Stollberg, zur Genesung wurden im Sanatorium Warmbad Vorführungen gegeben, während in der VEB Feinspinnerei Venusberg der eine und andere Streifen den gepeinigten Arbeitern Entspannung verschaffen sollte.
Dass Film und Theater nicht getrennt zu sehen sind, bewiesen die Filmtheater Marienberg, Siebenlehn und Elterlein.
Mit exotischer Bezeichnung begrüßte das Tivoli in Lunzenau, das Union Theater in Oederan und das Central Theater in Werdau seine Gäste.
Tauschpartner war in allen Fällen das Central Theater in Lengefeld, das über den eingleisigen Umschlagbahnhof Lengefeld- Rauenstein Filme empfing oder weiter reichte.
Dort, wo ich mit den zwei Ziegen auf dem mittlerweile leeren Bahnsteig stehe, die inzwischen ihren Unmut, ob dieser wiederkäuenden Segmentiererei von alten Verflechtungen, durch heftiges Schütteln ihres Hauptes bekunden.
Mann, bin ich froh, dass auf den Karten nicht noch die ganzen Filmnamen und ihre Hauptdarsteller vermerkt sind, Filmlänge, Regisseur, Erscheinungsjahr…
1 Geschmiedetes
Miklos und Mortimer zählt man zu den Pecora, zu Deutsch: Stirnwaffenträger, obwohl sie zwei überaus zahme und keineswegs krawallgebürstete oder gar kriegerisch veranlagte Ziegen sind.
Die Hörner sind halt da und sie können sich nicht dagegen wehren, sind faktisch von Geburt an gehörnt, im Gegensatz zu menschlichen Extrembodystylern, die sich Hörnerimplantate auf den Schädel schrauben lassen, um damit ihre Umwelt zu erschrecken.
Mit subdermalen Implantaten und Waffen hatte ein besonders reger Schmiedemeister aus Lippersdorf absolut nichts zu tun, behaupte ich jetzt mal kühn.
Denn laut Expressgutkarten verausgabte er sich auch an Feiertagen, um am ersten Mai 1969 drei Bunde Rohraufh. nach Dessau schicken zu können, kurz darauf am siebten Mai vier Bunde Rohraufh. nach Staßfurt in den VEB Maschinen- und Apparatebau folgen zu lassen und um letztendlich (und als wäre das noch nicht genug) mit drei Bunde derselben Sorte in Richtung VEB Mitteldeutscher Feuerungsbau nachzulegen.
Von den Rohraufh. (Aufhängern, vermutlich) nun zu Hängeankern aus der Schmiede des Schmiedemeisters aus Lippersdorf und nicht etwas aus der Klavierschmiede von Steinway & Sons , die Pianisten als die Beste weltweit erachten oder aus der Schmiede von Techno Superstar Sven Väth , der einen Raresh zum Wunderkind der Electro-Minimal-Techhouse-Szene formte, schmiedete, was auch immer.
Freuen über angesprochene Hängeanker durfte sich der VEB Maschinenbau Halle und die Buna- Werke in Leuna, wobei die drei Bunde Hängeanker mit 78 Kilogramm um sieben Kilo schwerer ins Gewicht fielen als die drei Bunde Rohraufh. zum VEB Feuerungsbau.
Günstig kam dagegen der VEB Chemieanlangenbau Erfurt- Rudisleben weg, der nur ein Bund Rohraufh. für viermarkachtzig Frachtgebühr nach 231 Kilometer Schienenweg in Empfang nehmen konnte. Der Vollständigkeit halber: Gewicht sechs Kilogramm.
Im selben Jahr ließ sich der VEB Feuerungsbau nicht lumpen und bestellte noch unverpackte Ösensch. in Lippersdorf, sieben Jahre später kam auch der VEB Kraftwerke Völkerfreundschaft Hagenwerder auf den Geschmack und orderte ein Bund Rohraufh. und nur paar Wochen später schien sich ein regelrechter Run in der Republik auf die Rohraufh. des Lippersdorfer Schmiedemeisters anzubahnen, denn selbst der VEB Vereinigte Sodawerke Bernburg kam nicht umhin, sich ein Bund zu gönnen.
Irgendwann bekam er Orden und eine Vorruhestandurkunde überreicht. Vermutlich ohne dass die Gratulanten wagten, sich seinem Händedruck von über zehn Bar auszusetzen.
1 Welpen
Ein anderer Bekannter von mir schwört auf Liebesschaukeln, behauptet zumindest eine zu besitzen und mit seiner Frau zu nutzen, immerhin zwei Einzelwürfe folgten, ob die diese dann zum Zwecke des Austobens auch mitbenutzen dürfen, weiß ich nicht, keine Antwort erhielt ich auf die Frage, ob die Schaukel neu oder gebraucht erworben wurde.
Bei seinen aberwitzigen Geizeskapaden durchaus berechtigt, weiterführend sogar interessant: wenn Vorbesitzer, dann hat man sie doch hoffentlich mal von Angesicht zu Angesicht gesehen, oder auf Bildern wenigstens.
Horst aus Reifland schickte Ende der sechziger Jahre Joachim aus Groß Kreuz ein Klappstühlchen. Väter unter sich und ihre Erfolgsnachrichten und Aussichten auf Kommendes.
Ein Klappbett aus dem FDGB- Heim Rauenstein fuhr nach Halle und diente fortan als Schlafstatt für einen Hallenser oder eine Hallenserin. Ohne dass ich es durch den Kakao ziehen möchte: mehr hat ein Klappbett auch nicht drauf.
Wer weiß, ob man überhaupt auf diesem Klappbett schlafen konnte, hart wie sonst was, schmal wie sonst was und Höllenlärm, wenn man seinen Körper nur zwei Millimeter hin und herschiebt. Da stand wahrscheinlich ganz Halle- Neustadt nachts in den Betten und in hunderten Schlafzimmerfenstern flammte Licht auf.
Aus den Schlaflaboren in die mit Flüssigkeiten und Säften. Die Tierarztpraxis sendete aus Untersuchungsgründen nicht näher bezeichnete Milch und nicht näher bezeichnetes Blut an das Tiergesundheitsamt in Karl-Marx-Stadt.
Einen ganzen Wurf mit fünf Welpen wurde auf einen Schlag eine Lengefelderin los und sendete sie im Verschlag an das Impfstoffinstitut in Roßlau, wo man schon mal die Spritzen aufzog.
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