1 ...8 9 10 12 13 14 ...24 Es war die letzte Tour mit unserem Opel Kadett. Denn einige Wochen später kauften wir Doris und Carsten ihren zwei Jahre alten Mitsubishi Colt GTI ab. Ein tolles Auto. Mit einer komfortablen Ausstattung - und ziemlich schnell.
**********
Wir waren sehr stolz auf unseren kleinen Sohn und er machte enorme Entwicklungssprünge. Nun war er auch bereits drei Jahre alt geworden. Dadurch, dass Ina jedes zweite Wochenende zum Dienst im Krankenhaus eingeteilt war und natürlich auch regelmäßig Nachtdienste hatte, verbrachten Bastian und ich viel Zeit miteinander. Ich versorgte ihn dann in allen Belangen und egal was ich auch machte - er war immer dabei.
Wenn ich den Rasen mähte, saß er auf dem Rasenmäher und fuhr die Runden mit. Wenn ich irgendwas werkelte, hatte auch Bastian mein Werkzeug in der Mangel. Es nervte natürlich, wenn ich laufend meinen Schraubenzieher suchte und ihn nicht finden konnte. Obwohl ich das Teil doch gerade noch hinter mich gelegt hatte.
Wenn ich meine Schraubenkiste mit dem Sortiment von verschiedenen Größen kurz abstellte und nicht hinsah, kippte Sohnemann den kompletten Inhalt auf dem Rasen aus. Dann hatte ich eine unsortierte Schraubenmischung.
Überhaupt fand er alles toll, was Papa machte. Bastian meinte, Papa kann alles, Papa weiß alles. Ich war für ihn der Größte.
Endlich war jemand da, der erkannte, was ich doch für ein Genie war! Das gefiel mir, führte bei Ina allerdings manchmal zu Irritationen.
Einmal sprach sie mich an, nachdem sie mit Bastian unterwegs gewesen war. »Sag mal, was hast Du dem Jungen bloß wieder für einen Blödsinn erzählt!?«
»Blödsinn?«, fragte ich überrascht, »ich hab keine Ahnung, was Du meinst.«
Ina erklärte mir, was passiert war.
»Ich geh mit ihm durch die Siedlung und auf einem Grundstück sehen wir, dass eine Frau den Rasen mäht. Kannst Du Dir vorstellen, was dieser Knirps auf einmal zu mir sagt?«
»Nö, keine Ahnung!« Ich sah Ina fragend an.
»Da sagt Bastian doch zu mir: Mama, Frauen können garkeinen Rasen mähen. Das können doch nur Männer!«
Ich war von den Socken und grinste. »Ina, ich schwör Dir. Sowas hab ich nie zu ihm gesagt!« verteidigte ich mich.
Bastian liebte es, von mir ins Bett gebracht zu werden. Und das wiederum störte Ina überhaupt nicht. Denn irgendwann müsste auch für sie mal Feierabend sein.
Für Bastian hieß ins Bett gebracht zu werden – it´s Showtime!!
Ich tobte vor seinem Bett herum, zog Grimassen, versteckte mich um ihn zu erschrecken, oder erzählte ihm einen Haufen Blödsinn. Bastian stand in seinem Bett, lachte und war voller Begeisterung.
Und dann musste ich ihm aus seinen Bilderbüchern vorlesen.
Er hatte ein Büchlein, das hieß »Boris Bär«. Auf jeder Seite war ein Bild, und darunter standen zwei Zeilen in Reimform. Das Buch hatte vielleicht 12 oder 14 Seiten und ich musste ihm jeden Abend daraus vorlesen, während er sich die Bilder ansah. Er konnte den ganzen Text auswendig, aber trotzdem musste ich vorlesen. Immer und immer wieder!
Wenn ich ihn dann doch in den Schlaf bekam und danach im Wohnzimmer bei Ina aufkreuzte, musste ich mir einiges anhören.
»Was habt ihr beiden bloß wieder da oben fabriziert. Ist ja kein Wunder, wenn Bastian nicht einschläft, … bei der Toberei, die Du da wieder veranstaltet hast.« Und doch freute sie sich, dass ich mich so intensiv um ihn kümmerte.
»Du bist zwar oft ziemlich bescheuert«, sagte sie einmal zu mir, »aber trotzdem ein toller Vater.«
Stimmte - ich wollte für meinen kleinen Bastian ein guter Vater sein. Das war mir einfach wichtig! Und ich war verrückt nach ihm. Ich hatte für ihn die Funktion Blödsinn zu machen und mit ihm Rasenmäher zu fahren und von seiner Mama holte er sich immer seine Kuscheleinheiten.
Ina brachte ihm die Natur näher. Beobachtete mit ihm zusammen Vögel und pflückte Blumen. Sie war überhaupt mit Bastian viel in der Natur unterwegs und beide hatten ihren Spaß daran.
Bastian gefiel es auch, seine Mama zu den Einkäufen in die Supermärkte zu begleiten. Natürlich, weil dann oft das eine oder andere Spielzeug für ihn raussprang.
Eines Abends – als wir beim Abendbrot saßen und er uns zutextete, fragte er plötzlich: »Mama? Wann kriegen wir denn auch ein Geschwisterkind?«
Ich blickte erstaunt zu Ina, doch sie antwortete Bastian sofort. »Bastian, wo sollen wir den ein Geschwisterkind herbekommen!«
Aber Bastian hatte auch darauf eine Antwort: »Bei ALDI?!«
Diese Situation und der überzeugende Gesichtsausdruck, den Bastian in dem Moment zeigte, waren so dermaßen komisch, dass wir laut lachen mussten. Ina lachte wieder so sehr, dass ihr fast die Tränen kamen.
Es war einfach herrlich mitzuerleben, auf welche Gedanken die Kleinen manchmal kommen.
**********
Ein Kind großzuziehen, wenn beide Elternteile arbeiten, ist nicht einfach. Oft fühlt man sich schuldig. Weil man denkt, dass man sich einfach zu wenig um den Hosenmatz kümmert. Uns ging es jedenfalls so.
Wenn Ina oder ich von der Arbeit kamen und Basti uns sofort in Beschlag nahm, brauchte man eine Menge Energie, um seinen Bedürfnissen gerecht zu werden. Wir gaben unser Bestes. Aber wenn Ina Früh- oder Nachtschicht hatte, brachte sie ihn morgens zu unserer Nachbarin Janke Clausen, die auf der anderen Straßenseite wohnte. Janke hatte unseren Kleinen ins Herz geschlossen und kümmerte sich liebevoll um ihn.
Das Problem für uns war allerdings, dass ich morgens um 06:00 Uhr das Haus verließ und Ina erst um 06:30 Uhr zuhause ankam. Dann war eine halbe Stunde niemand im Haus. Und jeder weiss, dass die kleinen Quälgeister oft sehr früh wach werden. Bastian konnte mittlerweile alleine aus seinem Bett klettern und sich im gesamten Haus frei bewegen.
In unserem Bekanntenkreis gab es viele junge Eltern, die ihre Kinder nie allein lassen konnten. Das ging einfach nicht. Die Knirpse weinten, sobald niemand bei ihnen war.
Aber wir hatten das Glück, dass Bastian sich in dieser Hinsicht doch recht problemlos entwickelt hatte. Bereits als er gerade zwei Jahre alt war, holte ihn Inas Freundin Doris manchmal für ein paar Tage zu sich.
Doris war gleichzeitig seine Patentante und die beiden entwickelten schon früh ein tolles Verhältnis zueinander. Denn Doris hatte die Begabung, mit Bastian »Artgerecht« umzugehen. Immer war sie zu irgendwelchen Streichen und Schabernack aufgelegt. Und das gefiel unserem Sohn außerordentlich.
Das Ergebnis war, dass unser kleiner Bastian in den Tagen bei Doris niemals Heimweh bekam. Im Gegenteil - er freute sich immer wenn «Dohdies« (so nannte er sie) ihn zu sich holte.
Dann erzählte sie ihm oft haarsträubende Geschichten. Und wie schon erwähnt, liebte unser Sohn solche wilden Storys!
»Ich werde ihm einfach versuchen zu erklären, dass Mama oder Papa morgens eine kurze Zeit nicht da sein können. Er ist doch ein aufgewecktes Kerlchen«, sagte Ina zu mir, als wir wieder mal überlegten, wie wir unser »Halbe-Stunde-Abwesenheits-Problem« auf die Reihe kriegen könnten. Selbst wenn wir einen Kindergartenplatz hätten, wäre die Situation dieselbe. Denn auch dort wurde erst um 8 Uhr geöffnet.
Читать дальше