1 ...7 8 9 11 12 13 ...18 „Unser Kurs das ganze Jahr ist dann wahrscheinlich auch sehr aufwendig, oder?“ Jeder Schüler wurde teleportiert, der Unterricht fand außerhalb der normalen Zeit statt, da die meisten Eltern anfangs nichts über die wahre Herkunft ihrer Kinder wussten. Zahlreiche Simulationen und Besuche der Zwischenwelten schrieb der Stundenplan zudem vor.
„Euer Kurs ist jedes Mal der Supergau, aber er findet ja nur alle paar Jahre statt.“
„Werden dann die Kampfübungen mit Mars ausfallen?“, Mirabella hätte sich gefreut, wenn sie Mars nicht regelmäßig sehen musste, allerdings würde sie das Training mit ihren Freunden vermissen.
„Nein“, sagte Diana bestimmt, „sie sind wichtig, aber sie werden wohl hauptsächlich in den Zwischenwelten stattfinden, allerdings unter Aufsicht, nicht so wie euer Abenteuer heute Nachmittag.“
Da bei diesem Treffen nichts mehr zu tun war, wurde Mirabella zurück nach Sansibar geschickt. Weil sie selbst auf einen Blasentransport bestanden hatte, um Energie zu sparen, flog sie zu der Insel. Minerva gab ihr jedoch Athena mit, da es bereits fast Mitternacht war und Mirabella wahrscheinlich nie allein die Insel, geschweige denn das Hotel gefunden hätte. Der kleine Steinkauz hatte bereits am Anfang ein paar Wochen bei Mirabella gelebt und erkundigte sich nun nach Bert und war erfreut zu hören, dass Maya und Bert Nachwuchs hatten. Mirabella war etwas traurig, die allererste Zeit zu verpassen, aber in zwei Wochen würden die drei kleinen Beos auch noch nicht flügge sein.
Mirabellas Eltern saßen noch auf der Veranda ihres Strandbungalows, als sie in ihrer Blase heran schwebte. Da sonst niemand zu sehen war, verabschiedete sie sich von Athena und stieg direkt neben ihren Eltern aus.
„Guten Abend!“
Yasmin und Marcus schraken leicht auf, dann lachten sie erleichtert. „Ich hab mir schon Sorgen gemacht. Alles gut?“
Mirabella nickte grinsend und holte die weiße Feder aus der Tasche. „Ich habe eine neue Freundin!“
4 – DIE GEBURTSTAGSÜBERRASCHUNG
Am nächsten Tag schlief Mirabella aus. Als sie verschlafen nach ihrem Amulett um den Hals fingerte und nichts fand, saß sie plötzlich kerzengerade im Bett, bis ihr einfiel, dass sie Nikolaos ihr Amulett ausgeliehen hatte. Sie wusste, dass es in guten Händen war, sie vertraute ihrem Bruder, sie hätte ihm ihr Leben anvertraut, aber dennoch war ihr nicht wohl dabei, Jupiters Haar nicht griffbereit zu haben. Ihr Blick fiel auf das Buch über den Großen Krieg und sie beschloss, baldmöglichst darin zu lesen, auch wenn heute ihr Geburtstag war. Heute war ihr Geburtstag? Mirabella lächelte, sprang aus dem Bett und lief auf die Terrasse, wo ihre Eltern saßen.
„Guten Morgen, Schlafmütze!“, grüßte Marcus, dann gratulierten ihr beide stürmisch, Yasmin hatte einen wundervollen Frühstückstisch mit lokalen Spezialitäten gedeckt. Mirabella aß genüsslich die frischen Früchte, während sie ihre Geschenke auspackte. Das Hauptgeschenk, wie Yasmin es nannte, war eine kleine Armbanduhr mit braunem Lederarmband und hübschem Zifferblatt.
„Oh, danke, eigentlich brauche ich gar keine Uhr – mit dem Handy, aber die ist echt schön.“
Yasmin lächelte. „Sie ist nicht nur hübsch. Wir haben Greta gebeten, mit deinem Vater zusammen eine Uhr zu schenken, welche die irdische und die kosmische Zeit anzeigt.“
„Was? Wow!“ Mirabella betrachtete erneut die Uhr. Sie erinnerte sich, dass Jupiter eine Kugel bei sich trug, die ihm die kosmische Zeit anzeigte.
„Ich hoffe, Jupiter erklärt mir das noch mal, wie das funktioniert.“
„Das hoffe ich auch, ich habe es nämlich nicht verstanden…“, gab Marcus lachend zu.
Mirabella umarmte beide vergnügt und packte noch ein paar Kleinigkeiten aus.
„Mirabella, macht es dir etwas aus, wenn wir heute noch mal für zwei Stunden zum Gewürzmarkt gehen? Ich weiß, es ist dein Geburtstag, aber übermorgen fliegen wir schon heim und morgen fahren wir zum Nationalpark.“
„Klar, kein Problem, ich lese bisschen, heute brauche ich einen ruhigeren Tag als gestern!“
„Oh, aber ein bisschen Action gibt es nachher mit den Delphinen schon, äh, ich meine …“ Yasmin sah betreten zu Marcus, der amüsiert den Kopf schüttelte.
Mirabella musste lachen. „Delphine? Cool, dann kann ich mich jetzt die ganze Zeit darauf freuen!“
Als ihre Eltern gegangen waren, legte sich Mirabella an den Strand und sah auf ihr Handy.
Antonia und Lukas hatten ihr lustige animierte Geburtstagsgrüße geschickt und versprachen eine Party zuhause nach Rückkehr. Die Olympischen Kinder aus ihrer Klasse schickten herzliche Grüße mit Bildern und netten Sprüchen, Lorenzo hatte sich besonders viel Mühe gegeben, nur Nikolaos hatte noch nichts geschrieben. Mirabella starrte enttäuscht aufs Meer, als ihr Handy piepte. Eine Nachricht von Nikolaos.
„Na, wie war es mit den Amazonen?“
Hatte er ihren Geburtstag vergessen, nachdem sie gestern noch darüber sprachen? Mirabella berichtete kurz und fragte nach dem Amulett.
„In Reparatur.“
„War Jupiter sauer?“
„Nicht wegen des Amuletts, aber auf Mars.“
„Minerva auch.“
„Seine Verteidigung war: sie wollten es unbedingt machen, er hätte uns auch eine Simulation angeboten. Außerdem wäre ja nichts passiert.“
„So ein Aas.“
Sie ließen sich noch eine Weile über Mars aus, dann beendete Mirabella den Chat. Vielleicht würde ihm nachher noch einfallen, dass sie Geburtstag hatte. Mirabella nahm sich nun tatsächlich das Buch über den Großen Krieg zwischen dem Norden und dem Süden vor.
Den von Vesta angesprochenen Vorfällen mit Holzraub und Gebietsüberschreitungen waren andere kleine Streitigkeiten vorausgegangen, hauptsächlich hatten die Riesen im fremden Terrain gewildert. Mit der Besetzung des Pterippus-Landes des Südens war jedoch eine rote Linie überschritten worden, die Olympier besetzten angrenzende Gebiete der nordischen Zwischenwelt, die Teil des Trollenlandes waren. Direkte Kämpfe zwischen den Göttern wurden lange vermieden, es fielen jedoch viele Zwischenweltwesen, insbesondere die Riesen auf beiden Seiten schlugen mit Begeisterung auf den Feind ein. Schließlich flohen einige Zwischenweltwesen über die Portale in die irdische Welt und die Götter beauftragten die Halbgötter, der Sache Herr zu werden und sich an den Kämpfen zu beteiligen. In dieser Zeit entstanden eine Reihe von sogenannten Sagen über Drachen, Elfen und andere Fabelwesen. Viele Halbgötter starben auf beiden Seiten, die Olympier verloren dreiviertel aller Halbgötter. Nach einer kurzen Ruhephase verschwand plötzlich die zweite Zwillingsstatue aus Vestas Tempel.
Einer Legende nach hatten die Titanen zwei Zwillingsstatuen aus einer Zwischenwelt zur Erde gebracht, sie symbolisierten Eintracht und Harmonie zwischen den europäischen Göttern. Die Titanen galten als die Vorgänger der Olympier, waren jedoch nicht so mächtig und verloren daher die Vorherrschaft. Die Olympier verwahrten die Statuen eine Zeit in der berühmten Stadt Troja, nach seiner Zerstörung durch die Griechen wurde jedoch eine Statue nach Athen, die andere nach Rom gebracht. Nach dem Machtverlust der Griechen gelangte auch die zweite Statue nach Rom. Seit dieser Zeit wurden sie in der Zwischenwelt des Vesta-Tempels von den Olympiern bewacht. Als eine verschwand, vermuteten sie die Nordischen Götter hinter dem Diebstahl und kidnappten schließlich Thors Pflegesöhne Wingni und Hlora, um die Statue freizupressen und einen Waffenstillstand zu erwirken. Thor war ein Sohn von Odin, welcher als Göttervater über die Asen herrschte, der Jupiter des Nordens sozusagen. Nach den Kindsentführungen vernichteten die Nordischen Götter die Titanen, Jupiter hatte es einen Genozid genannt, und der direkte Kampf zwischen den Göttergeschlechtern brach aus. Die göttlichen Schlachten wurden hauptsächlich in den Zwischenwelten ausgetragen. Keiner der Olympischen Götter starb, obwohl sie nicht unsterblich waren, wie man immer glaubte, aber Asgard, der Sitz der Nordischen Götter, und der Olymp wurden beinahe gänzlich zerstört. Beide Geschlechter verloren so viel Energie, dass eine vollständige Auflösung aller drohte, was einem Sterben gleichgekommen wäre, sie flüchteten sich in ihre jeweiligen Unterwelten. Unter diesen Umständen handelten Vesta und Baldur, ein weiterer Sohn des Odins, einen Waffenstillstand aus, der bis zum heutigen Tag bestand. Offiziell war es kein Friede, aber jede Seite schien bedacht darauf zu sein, die andere nicht zu provozieren.
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