Vallée fragte: „Gibt es irgendetwas in dieser Literatur, was Informationen über die Geschichte der Gruppe, seine Traditionen, offenbart?“, und sagt: „Ich mag es, zu verstehen, woher die Dinge kommen, eine altmodische Angewohnheit, die ich durch meine französische Erziehung erhielt.“
Als Vallées Freund Pettipher diese Fragen beim Treffen stellte, bekam er nur einige vage, allgemein gehaltene, Antworten. Die Angesprochene, die Vallée zum ersten Mal sah, sagte zu ihm: „Sie kommen von sehr weit weg, nicht wahr?“ Und später ergänzte sie: „Sie sind sehr weit fortgeschritten.“
Vallée fragte seinen Freund, ob sie auch etwas mit anderen UFO-Kulten zu tun hatte. Er entdeckte ein Mädchen auf dem Treffen, das später zu Jüngern einer anderen Gruppe gehen wollte, die sich Urantia nannte. Diese Jünger trafen sich in irgendeinem Haus im Missions-Distrikt. Das Mädchen war zwei Jahre lange bei „Dr. Grace“ und sah in ihr eine Art „Großmutterfigur“. Diese Frau und ein Mann waren die Leiter der Urantia-Gruppe. Wie der Mann sagte, habe sich die Gruppe aufgrund fehlender Gemeinsamkeiten abgespalten.
„Okkulte Gruppen folgen den gleichen grundlegenden Regeln“, merkt Vallée an. Sie haben oft einen verdeckten Zweck, den nur die Leiter kennen. Sie haben eine Doktrin und eine Rekrutierungs-Technik. Der Wissenschaftler fragte seinen Freund, wie der Orden von Melchisedek seiner Meinung nach vorgehe, und der meinte, dass sie ähnlich arbeiteten wie andere Kirchen auch. Sie haben ein Dogma, das aussagt, dass die Mitglieder des Ordens etwas Besonderes seien.
Auf Vallées Frage, ob dies auf eine Art Initiation hinausliefe, sagte jener, dass er das nicht wisse, er selbst habe jedenfalls keine Initiation erfahren. Grace habe etwas von einer beeindruckenden Erfahrung gesagt, die sie nahe Glastonbury, England, hatte, demnach hielt sie sich bei Freunden auf und schlief dort neben einem Fenster, von dem aus sie das Moor überblicken konnte; während der Nacht war der Raum plötzlich gefüllt mit bizarren Wesen, die ihr in Richtung Fenster ein Zeichen gaben. Anstelle des Moores sei dort ein wundervoller See gewesen.
Dies betrachtete Vallées Freund als unerwartet: eine Vision, die geradewegs aus der mittelalterlichen Literatur stammt. Kommunikation mit den Sylphen, „oder waren es Wassergeister?“ Grace nannte sie nicht beim Namen. Es war Vollmond, und sie begab sich zurück ins Bett. Am nächsten Tag sagte sie zu ihrer Gastgeberin: „Es war Vollmond letzte Nacht“, und erhielt eine knappe Bestätigung durch ihre Gastgeberin, die weitersprach: „Und du sahst ihn durch den See reflektiert?“, worauf Dr. Grace mit „Ja“ antwortete und sie auf eine seltsame Art umarmte.
Dies erzählte Pettipher bei dem Treffen. Vallées Freund fragte sie, ob sie auch schon mal ein UFO gesehen hätte, und sie antwortete mit „Ja“. Diese Sichtung hätte sie zusammen mit ihrem Ehemann im Osten der Vereinigten Staaten gehabt. Es sei ein Raumschiff gewesen, das nur etwa 15 Meter entfernt war. Sie habe gespürt, dass die Wesen an Bord mit ihr kommunizieren wollten, direkt in ihr Gehirn hinein.
Nach dem Treffen des Ordens von Melchisedek gab es eine Party, bei der „das Ritual des Totentanzes“ gefeiert wurde, ein Ritualtanz, der von einem Choreografen – einem Mitglied des Ordens – gespendet wurde. Der Leiter dieser Gruppe will 1967 ein UFO gesehen haben. Es war ein zigarrenförmiges Raumschiff mit jeweils einer Kuppel oben und unten. Dieses UFO habe sich seitwärts durch die Wolken bewegt und sei so deutlich zu sehen gewesen wie eine Boeing 747.
1963, so berichtet Vallée weiter, veröffentlichte die Lockardt Research Foundation ein Buch mit dem Titel „Melchisedeks Truth Principle from the Ancient Mystical White Brotherhood“ (Melchisedeks wahre Grundsätze von der uralten mystischen Weißen Bruderschaft) und dem Untertitel: „Dimensional Teachings Through Frater Achad“ (Dimensionale Lehren durch Frater Achad), das nahelegt, dass das Buch durch automatisches Schreiben entstanden ist, also von einem Schreibmedium, bei dem angeblich ein Geist oder ein anderes übernatürliches Wesen beim Schreiben die Hand führt.
Dieses Buch sei genauso nebelhaft geschrieben wie Pettiphers Broschüren: Ein bedeutungsloser Satz folge dem anderen. Eine Passage aus dem Abschnitt „The Healing Power of Love“ (Die heilende Kraft der Liebe) lautet: „Wenn die fünf physikalischen Sinne aufgrund des menschlichen Verlangens danach gereinigt worden sind, wird der Mensch nicht mehr in Fehlern denken, deshalb kann er nicht mehr in Fehlern sprechen.“ (Zit. n. Vallée: 1979/2008, S. 110)
Eines der Kapitel des Buches ist, wie Vallée uns mitteilt, mit „Calling a Chosen One“ (Berufung eines Auserwählten) überschrieben und nimmt Bezug aus dem Orden des Melchisedek. Es heißt da: „Würdest Du die innere Offenbarung der Bedeutung des Lebens erfahren? Wir bürden keine Pflicht auf. Liebe kennt keine Pflicht. Es ist wegen der Art und Weise, wie Du mit Deinen Mitmenschen umgegangen bist, dass wir wünschen, dass du eine bewusste Kenntnis von deiner Einheit mit dem unsichtbaren Gesandten Gottes hast. Seit der Mensch war, war auch … Die uralte mystische Weiße Bruderschaft nach dem Orden von Melchisedek. Jedem Erdenmenschen ist eine Position des Lebens bestimmt – in jeder physikalischen Verkörperung. Du musst Deinem Muster gut folgen.“ (Zit. n. Vallée 1979/2008, S. 111, Hervorhebung durch Vallée)
Vallée fragt sich: „Ist das der Weg aus dem Labyrinth - das offene Tor, das heraus aus dem Irrgarten führt? Frater Achad sagt weiter: „Als sie nach dem Ruf aus vollsten Herzen gefragt wurde, antwortete sie: ‚Ye Rabino, je.’ Und auf die Frage: „Würdest du den Ruf in diesem Moment beantworten, liebes Herz?“, antwortet der neue Jünger: „Ich wähle, ich wähle den Weg. Ich bin nur das Instrument.“
Hier fällt eine gewisse Ähnlichkeit zum evangelikalen Christentum mit der „Bekehrung“ und der geistigen „Wiedergeburt“ auf, doch dies sei nur am Rande erwähnt. Frater Achad heißt im wahren Leben George Graham Price und erhielt diese Lektionen „im aufgelösten mentalen Leben.“ Nach Vallée ist dies vergleichbar mit dem Zustand, den heute Dutzende von Gläubigen erhalten. Hier gäbe es ebenfalls derartige Kommunikationen und dem Folgen der Instruktionen, da sie „nur das Instrument einer höheren Weisheit“ seien.
Vallée erwähnt in diesem Zusammenhang, dass es zahlreiche Hinweise auf Melchisedek in der okkulten und freimaurerischen Literatur gäbe. Vallée fragt sich: Wo kommt diese angebliche Weisheit her? Von fremden Sternen? Und er beginnt sich zu fragen: „Könnte diese Quelle der sogenannten Weisheit hier auf dieser Erde liegen? Könnte es menschliche Manipulationen geben, die hinter all dem stecken?“, und erinnert an die Absurdität mancher UFO-Storys und vieler religiöser Visionen, die kein oberflächlicher Fehler seien, sondern womöglich der Schlüssel zu deren Funktion.
Dem zurückgetretenen Major Murphy (Pseudonym) zufolge, der einige Jahre zuvor nach zahlreichen Aktionen in verschiedenen Ländern seine Funktion im US-Geheimdienst niedergelegt hatte, wurde die Verwirrung im UFO-Rätsel bewusst gestreut, um bestimmte Resultate zu erzielen. Zu dieser Zielsetzung gehörte zum einen, die Wissenschaft aus dem Spiel zu lassen, zum anderen die Schaffung von Bedingungen für eine neue Form sozialer Kontrolle, eine Veränderung in der Wahrnehmung der Menschen in diesem Ort im Universum. In den Erzählungen der UFO-Kontaktler kämen folgende Themen vor:
1. Intellektueller Verzicht
Der weit gestreute Glaube, dass menschliche Wesen nicht in der Lage seien, ihre eigenen Probleme zu lösen, und dass eine außerirdische Einmischung uns retten könne. Die Gefahr einer solchen Philosophie ist, dass es Gläubige von außerirdischen Mächten abhängig macht und Mutlosigkeit sowie Verantwortungslosigkeit fördert. Warum sollten wir uns um unsere Probleme Sorgen machen, wenn die Götter vom anderen Stern dabei sind, sie zu lösen?
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