Jay Baldwyn - Der letzte Vorhang

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Für Liebhaber des Mystery-Genres. Ein 1917 eröffnetes prunkvolles Theater ist Schauplatz seltsamer Vorfälle. Immer wieder gibt es ungeklärte Todesfälle und Spukerscheinungen. Wer steckt dahinter? Neid und Missgunst unter Showgirls, ein skrupelloser Chicagoer Gangster, die Entwicklung einer Showbühne zum Filmpalast und eine Familiensaga über zwei Generationen und ein Überblick über die berühmtesten Filme. All das macht diese spannende Geschichte aus.

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Jay Baldwyn

Der letzte Vorhang

Final Curtain

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Inhaltsverzeichnis Titel Jay Baldwyn Der letzte Vorhang Final Curtain Dieses - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Jay Baldwyn Der letzte Vorhang Final Curtain Dieses ebook wurde erstellt bei

Prolog Prolog

Chicago erhält ein neues Theater

Die Rache des Gangsters

Übergang in eine andere Dimension

Liebe wie im Tonfilm

Theater der Geister

Der Jugend eine Chance

Der Anfang vom Ende

Das unrühmliche Ende

Epilog

Impressum neobooks

Prolog

Die Erscheinung

Anfang der siebziger Jahre

Die Vorstellung war nur schlecht besucht, obwohl der 3D-Klassiker House Of Wax – Das Kabinett des Professor Bondi aus dem Jahre 1953 gezeigt wurde. Aber der war schon vor über zwanzig Jahren entstanden und lockte kaum noch einen hinter dem Ofen hervor. Daran konnte auch der neue Stereoton nichts ändern.

Die beiden Brüder saßen etwa in der Mitte des ehemals prächtigen Saales, hatten aber keinen Blick für die Wandmalereien in der großen Kuppel und an den Wänden, und auch die Balkone und Logen, die längst geschlossen waren, interessierten sie nicht. Der eine wandte genervt von der andauernden Werbung den Blick von der Leinwand zu den anderen Zuschauern, die sich so locker verteilt hatten, dass etliche Sitze zwischen ihnen leer blieben.

Schließlich ging ein Ruck durch seinen Körper, und er drehte sich so sehr zu seinem rechts neben ihm sitzenden Bruder, dass er ihn frontal ansah.

»Sieh jetzt nicht hin«, flüsterte er mit zusammengepressten Zähnen, »aber der Typ drei Sitze neben mir sieht aus wie aus einem Horrorfilm entsprungen. Sein Gesicht ist eine einzige zusammengezogene Narbe, und eine Nase und ein Kinn gibt es auch nicht.«

»Er wird eine dieser Halloween-Masken tragen, passend zum Film …«

»Ich habe noch keine Maske gesehen, die so eng sitzt, dass sie Nase und Kinn völlig wegdrückt.«

»Quatsch«, der junge Mann versuchte, an seinem Bruder vorbeizusehen, indem er sich etwas vorbeugte.

»Ich habe gesagt, du sollst nicht hinsehen … Nachher rutscht er noch zu uns auf.«

»Da sitzt keiner. Die Reihe ist bis zum Gang hin leer.«

Der Film neigte sich bereits dem Ende zu, als Vincent Price in der Rolle des Professor Bondi die Wachsmaske vom Gesicht gerissen wurde und darunter ein durch Brandnarben völlig entstelltes Gesicht erschien. Zusammen mit der 3D-Brille war das für zarte Gemüter kaum auszuhalten, und einige Mädchen kreischten entsetzt auf. Eines von ihnen bekam regelrecht einen Schreikrampf, sodass zunächst eine Platzanweiserin mit einer Taschenlampe erschien, die wenige Augenblicke später die Vorstellung abbrach. Denn das Mädchen war mit weit aufgerissenen Augen auf ihrem Polstersitz zusammengesackt.

Jetzt schrie ihre Freundin derart gellend und anhaltend, dass ihr die Platzanweiserin eine Ohrfeige versetzte, worauf das Mädchen nur noch wimmerte.

»Wenn ihre Nerven solch einen Film nicht aushalten, sollten sie ihn nicht ansehen«, sagte die Kinoangestellte und fühlte den Puls des leblos wirkenden Mädchens. »Kann mal jemand den Rettungsdienst rufen?«, blaffte sie die neugierig umherstehende Gruppe an, die sich von ihren Sitzen erhoben hatte und gaffte.

»Es war nicht der Film«, sagte das andere Mädchen wenig später zu einem Rettungssanitäter. »Neben uns saß plötzlich ein Monster, ein Mensch mit grauenvoll entstelltem Gesicht. Ich konnte seinen fauligen Atem spüren, und als er seine schorfige Hand nach mir ausgestreckt hat, ist meine Freundin offensichtlich vor Schreck gestorben.«

Die Platzanweiserin verdrehte die Augen und wies die restlichen Zuschauer an, das Kino zu verlassen.

»Sie hat Recht«, sagte der junge Mann, »ich habe ihn auch gesehen.«

Chicago erhält ein neues Theater

Kapitel 1

1917

Die Winston-Brüder, Dick und Chuck, waren die Sprösslinge eines Multimillionärs und hatten es ganz im Sinne ihres Vaters durch teils gewagte Spekulationen selbst zu einem beträchtlichen Vermögen gebracht. Das wollten sie jetzt in eine Immobilie anlegen, um damit langfristig eine permanente Einnahmequelle zu erlangen. Beide waren den schönen Künsten und ganz besonders schönen Frauen zugetan, so lag es nahe, eine Art Revue-Theater zu eröffnen.

Als sich ein passendes Grundstück im Chicagoer Stadtteil The Loop fand, gerieten die sonst so einigen Brüder in heftigen Streit, was die künftige Nutzung des neuen Gebäudes anbelangte. Schließlich nahmen sie den Rat des Vaters an und beschlossen eine Mischung aus prächtigem Theater und modernem Bürogebäude zu errichten.

Weiterhin uneinig waren sie über die Art von Programm, das in dem Theater geboten werden sollte. Da sie an Stücken von berühmten Dichtern und Denkern nicht sonderlich interessiert waren, schied das klassische Theaterrepertoire aus.

»Ich bin dafür, dass wir uns am Vaudeville orientieren«, sagte Dick. »Das New Yorker Unterhaltungstheater, das aus einer Frühform des französischen Schlagers und dem Pariser Theatergenre mit Gesang und Instrumentalbegleitung hervorgegangen ist, erfreut sich seit Anfang des neuen Jahrhunderts wachsender Beliebtheit. Da können wir Musiker, Komödianten, Akrobaten, Tierdresseure, Magier und Bauchredner auftreten lassen. Vielleicht können wir diesen Buster Keaton bekommen. Aus dem Burschen wird noch etwas Großes.«

»Hm, die Mischung hört sich für mich nach Varieté oder Zirkus an«, meinte Chuck. »Warum nicht einen Schritt weitergehen und eine Burlesque-Show präsentieren, bei der die zentrale Attraktion der Striptease ist?«

»Damit man uns den Laden gleich wieder zu macht, oder was?«

»Burlesque stammt vom italienischen Wort burla für „Schabernack“. Ursprünglich verstand man darunter eine humorvolle theatralische Darstellung mit parodierenden und grotesken Elementen. Also nimm nicht alles immer so bierernst. Die Künstlerinnen des Burlesque entkleiden sich ja nicht vollständig, sondern entledigen sich nur einzelner Kleidungsstücke. Dabei kann das Ausziehen von Handschuhen schon zur erotischen Attraktion werden.«

»Du alter Lustmolch. Nein, wir sollten nicht von vornherein einem gewissen Ruf zugeordnet werden. Ich denke, ich habe eine bessere Idee. Lass es uns diesem Ziegfeld gleichtun. Seine Follies haben die Pariser Folies Bergère zum Vorbild. Es gibt keine direkte Handlung, sondern ein Programm aus Nummern, das jährlich wechselt. Dabei tanzen wenig bekleidete, langbeinige Chorus Girls synchron. Du und das Publikum werden also auf seine Kosten kommen.«

»Das könnte es sein. Nur, wo sollen wir diese ganzen bildhübschen Weiber herbekommen?«

»Lass mich mal machen. Ich habe da so meine Verbindungen …«

Im Frühjahr 1917 war es dann so weit. Die Eröffnung des Theaters stand bevor. Chuck hatte für den Namen „Paradise“ gestimmt, aber sich schließlich dem etwas seriöseren Namen „Majestic Theatre“ gefügt. In den Monaten zuvor waren Scharen von hübschen, jungen Mädchen, egal, ob Sängerin oder Tänzerin, egal, ob durch eine Künstleragentur vermittelt oder durch Eigeninitiative vorstellig geworden, begutachtet worden. Sie hatten vortanzen oder vorsingen gemusst und sich dabei den kritischen Blicken des Regisseurs Don Davis und des Choreographen Jaques Marais stellen müssen. Auch einzelne Herren, die durch ihr fotogenes Aussehen oder ihre gute Singstimme auffielen, wurden unter Vertrag genommen.

Während auf der Bühne schon geprobt wurde, leistete ein Heer von Handwerkern unermüdliche Arbeit, damit der Premierentermin eingehalten werden konnte. Sie bohrten, schraubten, nagelten und brachten dabei wahre Kunstwerke hervor. Die Winston-Brüder sahen, dass alles nach ihren Vorstellungen geriet und waren vollauf zufrieden.

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