Navid kicherte indessen ein unglückliches: »Hehehe, ja.« Mit einem Blinzeln erhob er auf gezierte Weise seine Hand, um neckisch abzuwinken. »Ihr seid mit ja einer, Schah Parviz.«
»Oho, das hoffe ich doch«, schäkerte Parviz mit ihm weiter, und Shanli konnte nicht anders, als die Augen zu verdrehen.
Dies traute sie sich jedoch nur, weil Parviz es nicht sehen konnte, da sie erneut ihr Haupt gesenkt hatte.
Der Schah grinste breit. »Ihr zwei süßen Täubchen seid also gekommen, um euch als Bräute zu bewerben?«
Shanli hauchte und Navid knurrte: »Ja.«
Parviz' Blick wanderte zurück zu Shanli. Auch sie gefiel ihm. Denn sie hatte nicht nur ein reizendes Gesicht und eine wohlgestaltete Figur, sondern auch eine ebenmäßige Haut, die wie goldener Samt schimmerte. Es juckte den Schah förmlich in den Fingern, zu erfahren, ob sie sich auch so anfühlte.
»Das Schicksal muss es wirklich gut mit mir meinen, wenn zwei solch schöne Schwestern um meine Gunst buhlen. Wie ist dein Name, kleine Perle?«
Verlegen strahlte Shanli Parviz an, der sie nicht aus den Augen ließ.
»Shanli, Herr.«
Der Schah grübelte laut vor sich hin. »Shanli. Shanli?«
Die Bäckerstocher konnte es nicht fassen, erinnerte Parviz sich wirklich an sie. Sie konnte ihre Unruhe nur mühsam verbergen, am liebsten hätte sie ihm mitten ins Gesicht geschrien, dass sie diese Shanli war, die ihm … mit einem Keks fast den Zahn abgebrochen hätte. Nein, das zuzugeben, wäre wirklich eine zu dusslige Idee.
Parviz wandte sich schließlich an den Wesir. »Shanli, der Name kommt mir bekannt vor. Haben wir nicht ein Stachelschwein im Palastgarten, das Shanli heißt?«
Der Riesenschnauzer des Wesirs zuckte. »Möglich, Herr. Allerdings hieß so auch die Zuckerbäckerin, die Ihr zu Euch bestellt hattet.«
»Nein! Die hieß doch Panli. Oder Ramdi? Na, egal!« Er schüttelte den Kopf und widmete dann dem Dschinn seine Aufmerksamkeit, der ihn mit großen Augen anglotzte.
»Und du mein kostbares Juwel. Wie darf ich dich nennen?«
»Navida, wenn es sein muss. Vielleicht habt Ihr ja einen Esel, der so heißt, dann könnt Ihr Euch den Namen besser merken«, erwiderte der Dschinn zynisch.
Parviz' Lachen hallte laut durch die Halle. »Du bist köstlich, Kleines. Ich mag Frauen mit Humor.«
»Was hab ich doch für ein Glück!«, flötete Navid voller Sarkasmus, den jedoch bloß Shanli heraushören konnte.
Parviz grinste, als vollbringe er eine Wohltätigkeit. »Ja, wohl war. Nun – ich nehme eure Anträge an. In zwei Tagen werde ich ein Fest ausrichten, bei dem ich die Bewerberinnen näher kennenlernen will. Ich würde mich freuen, wenn ihr meine Einladung annehmt und gegen Abend im Palast erscheint.«
Shanlis Magen hüpfte im Kreis, und sie musste ihre Lippen zusammenpressen, um nicht laut vor Freude zu jubeln. Navid dagegen hatte keine Probleme mit dem Sprechen und meinte fast schon zu überschwänglich: »Oh, wie wundervoll! Natürlich feiern wir mit Euch, Hoheit. Es gibt nichts, was wir lieber tun würden.«
Außer vielleicht, dir einen Tritt in den hoheitlichen Hintern zu verpassen, führte Navid in Gedanken fort.
Plötzlich stammelte Shanli aufgeregt: »Wir … wir sollten Eure Zeit nicht länger in Anspruch nehmen, Herr. Wir werden uns pünktlich zum Fest einfinden.«
Parviz entließ sie mit einem Nicken, und Shanli erhob sich. Mit tief gebeugtem Kopf verbarg sie ihre Hände hinter dem Rücken und lief rücklings zum Ausgang. Navid tat es ihr gleich, denn auch er hatte bemerkt, dass allmählich die Rückverwandlung einsetzte.
Die Bäckerstochter war heilfroh, die Audienz mit Erfolg bewältigt zu haben. Vor der Tür wünschte sie sich umgehend den Dschinn und sich selbst wieder in Form.
Navid begriff unterdessen, dass Shanli von dem Schah völlig eingenommen war. Niemals würde er gegen diese Vernarrtheit ankommen, die von ihr Besitz ergriffen hatte. Die sonst so schlagfertige Bäckerstochter, die ihre Krallen und haarigen Reißzähne wie ein Raubtier ausfahren konnte, wurde in der Gegenwart des schleimspurlegenden Schahs zu einem rammdösigen Kätzchen, das nicht mehr knurren, sondern höchstens noch lahm schnurren konnte. Ihm blieb allein die Hoffnung, dass Shanli ihm den Wunsch nach Freiheit erfüllte, wenn sie Parviz' Herz erobert hatte. Denn für was bräuchte sie dann noch einen Dschinn? Wenn sie die Gemahlin des Schahs war, besaß sie alles, was man sich wünschen konnte: Liebe, Reichtum und Macht. Vielleicht war der Plan, sie unter Parviz' Haube zu bringen, sogar noch besser als sein alter, bei dem er ihr den Kopf verdrehen sollte? Das Problem war nur, dass der neue Plan nicht so leicht umzusetzen war. Denn Parviz, der Schleimbolzen, jagte allem nach, was keine Hose trug. Ja, wahrscheinlich auch Kamelen. Andererseits … war dieser Weiberheld überhaupt in der Lage, jemand anderen zu lieben – abgesehen von sich selbst? Und wenn ja, dann waren da noch eine ganze Menge anderer Mädchen (allen voran die langbeinige Prinzessin Manizeh, die nicht leicht auszustechen sein würde), die Parviz ebenfalls wollten – und die Prüfungen. Weiß der Wüstengeier, was der Süßholz raspelnde Schah sich da ausgedacht hatte! Allerdings gab es noch eine viel dringendere Frage: Könnte er Shanli irgendwann dauerhaft blond und schlank wünschen? Aber war dies überhaupt noch nötig, wenn sie mit Parviz verheiratet war?
Kapitel 11
Süßigkeiten der besonderen Art
Die folgenden zwei Tage vergingen wie im Fluge. Shanli backte wie immer ihre Kekse und verkaufte diese über ihr Küchenfenster. Die Einnahmen waren gering, doch das störte sie nicht, denn dank Navid konnte sie sich alle Zutaten herbeiwünschen, die sie wollte.
Der Dschinn half ihr sogar beim Zubereiten der Köstlichkeiten und sie verzichtete darauf, seine Magie einzusetzen. Es schien, als mache es ihm Spaß, mit den Händen zu arbeiten, obwohl Shanli manchmal über seine verunglückten Kekse schallend lachen musste. Aber Navid nahm ihr das nicht übel, sondern amüsierte sich mit ihr. Ihre frechen Bemerkungen über seine Kunstwerke zahlte er ihr mit gleicher Münze heim, und so kabbelten sie sich in freundschaftlicher Weise.
Shanli zeigte Navid Gewürze, die ihm unbekannt waren, und nötigte ihn, ihre neusten Leckereien zu probieren, was er schnaubend über sich ergehen ließ. Zufrieden grinsend beobachtete sie ihn dann, wie er die Süßigkeiten verspeiste, und wartete gespannt auf sein Urteil. Meistens schmeckten sie ihm gut, was er sich anfangs nur unwillig aus der Nase ziehen ließ. Aber als er bemerkte, wie Shanlis dunkle Augen jedes Mal fröhlich glitzerten, wenn er dies zugab, kamen ihm die Eingeständnisse leichter über die Lippen. Wenn es ihm nicht mundete, probierte sie ebenfalls von den Backwaren und überlegte laut, woran es liegen mochte. Sie fand immer einen Weg, die Kekse doch in kleine Köstlichkeit zu verwandeln. Navid musste lächelnd den Kopf schütteln, wenn sie sich danach selbst lobte und über ihr eigenes Backwerk vollkommen ins Schwärmen geriet.
Währenddessen wollte Shanli, dass er sie immer wieder blond und schlank zauberte, damit die Zeitspanne der Veränderung sich vergrößerte. Manchmal erschrak die Bäckerstochter jedoch, wenn sie ihr blondes Spiegelbild auf einer blanken Fläche entdeckte. Ab und an vergaßen sie aber auch, den Wunsch zu erneuern. Und zeitweise war es Shanli lästig, ständig auf der Lauer zu liegen und daran zu denken. Allerdings mussten sie hin und wieder auch Navid verwandeln, wenn Golroo, Taliman oder Käufer vorbeischauten. Denn wie sollte sie ihnen erklären, dass ein junger Mann bei ihr wohnte, der, wie alle wussten, weder ihr Bruder noch ihr Ehemann war.
Schließlich brach der Abend des Festes an, und Shanli war ein einziges Nervenbündel. Da Parviz erwähnt hatte, er wolle die Bewerberinnen näher kennenlernen, gab sie sich der Hoffnung hin, mit ihm einige Augenblicke allein verbringen zu können.
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