»Jetzt musst Du das Schwert mit Dir nehmen,« sagte das Fohlen: und an Deinem Hochzeitstage musst Du uns allen sieben damit den Kopf abhauen, dann werden wir wieder zu Prinzen, wie wir ehedem waren; denn wir sind die Brüder der Prinzessin, die Du heiraten sollst, wenn Du dem König sagen kannst, was wir essen, und was wir trinken; -- ein böser Troll hatte diesen Zauber auf uns gelegt. Wenn Du uns aber dann den Kopf abgehauen hast, musst Du vorsichtig jeden Kopf beim Schwanz desjenigen Rumpfes hinlegen, auf dem er gesessen; alsdann hat der Zauber keine Macht mehr über uns.« Aschenbrödel versprach, alles genau zu tun, wie das Fohlen ihm gesagt hatte, und darauf ging es wieder weiter.
Als sie nun eine lange Strecke Weges zurückgelegt hatten, fragte das Fohlen: »Siehst Du Etwas?« -- »Nein,« sagte Aschenbrödel. Als sie darauf ein gutes Ende weiter gekommen waren, fragte das Fohlen wieder: »Siehst Du jetzt Etwas?« -- »Nein, ich sehe Nichts,« sagte Aschenbrödel. Nun ging es viele, viele Meilen weit über Berge und über Täler. Endlich fragte das Fohlen wieder: »Siehst Du jetzt Etwas?« -- »Ja, nun seh' ich einen blauen Streifen weit, weit in der Ferne,« sagte Aschenbrödel. »Das ist ein Fluss,« sagte das Fohlen: »da müssen wir hinüber.« Über den Fluss aber führte eine lange schöne Brücke, und als sie auf die andre Seite gekommen waren, ging es wieder eine lange Strecke weiter. Endlich fragte das Fohlen wieder, ob Aschenbrödel Nichts sähe. Ja, da sah' er weit in der Ferne etwas Schwarzes, das sah aus wie ein Kirchturm. »Da müssen wir hinein,« sagte das Fohlen.
Als die Fohlen auf den Kirchhof kamen, wurden sie wieder in Menschen verwandelt; sie sahen nun aus wie Königssöhne und hatten so prächtige Kleider an, dass es glitzerte und blinkte. Darauf gingen sie in die Kirche und empfingen von dem Priester, der vor dem Altar stand, Brod und Wein. Aschenbrödel ging auch mit hinein; und als der Priester die Hände auf die Prinzen gelegt und sie gesegnet hatte, gingen sie wieder hinaus, und Aschenbrödel folgte ihnen nach; zuvor aber steckte er eine Flasche mit Wein und ein Altarbrot zu sich. Sowie die Prinzen den Kirchhof verlassen hatten, waren sie wieder in Fohlen verwandelt, und nun ging es wieder desselben Weges zurück, den sie gekommen waren, aber noch viel schneller, als vorher. Erst kamen sie über die Brücke, dann kamen sie zu dem Birkenstamm, und dann zu dem alten Weib, das in der Bergschlucht saß und spann.
Es ging aber so schnell, dass Aschenbrödel nicht hören konnte, was das alte Weib, das hinter ihm her schrie, sagte; so viel verstand er jedoch, dass sie ganz bitterböse war.
Es war beinahe dunkel geworden, als er am Schloss ankam, und der König stand auf der Treppe und wartete auf ihn. »Hast Du nun die Fohlen den ganzen Tag treu gehütet?« fragte er Aschenbrödel. »Ich habe mein Bestes getan,« antwortete dieser. »So kannst Du mir denn wohl sagen, was sie essen, und was sie trinken,« versetzte der König. Da nahm Aschenbrödel die Flasche mit Wein und das Altarbrot hervor und sprach: »Da siehst Du, was sie essen, und da siehst Du, was sie trinken.« - »Ja, Du hast sie treu gehütet,« sagte der König: »und nun sollst Du die Prinzessin und das halbe Reich haben.« Da wurde denn alsbald eine Hochzeit gefeiert, dass man sich weit und breit davon zu erzählen hatte. Als sie aber bei Tafel saßen, stand der Bräutigam von der Bank auf und ging hinunter in den Stall, um, wie er sagte, noch Etwas zu holen, das er dort vergessen hätte.
Er tat nun, wie die Fohlen ihm gesagt hatten, und haute ihnen allen sieben den Kopf ab, zuerst dem ältesten, und dann den übrigen, sowie sie auf einander folgten; jeden Kopf aber legte er sorgfältig bei dem Schwanz desjenigen Rumpfes hin, auf dem er gesessen hatte, und sowie er das tat, wurden alle die Fohlen wieder in Prinzen verwandelt. Als er nun mit den sieben Prinzen in den Hochzeitssaal eintrat, war der König so erfreut, dass er ihn umarmte und ihn küsste; und seine Braut hielt noch mehr von ihm, als sie schon vorher von ihm gehalten hatte. »Das halbe Reich gehört jetzt Dir,« sagte der König: »und die andre Hälfte sollst Du nach meinem Tode haben; denn meine Söhne können sich jetzt, da sie wieder Prinzen geworden sind, selber Land und Reich erwerben.« Nun war die Freude und der Jubel erst recht groß bei der Hochzeit. Ich war auch mit dabei; aber es hatte Niemand Zeit, an mich zu denken: ich bekam nichts Anders, als ein Butterbrot, das legte ich auf den Ofen, und das Brod verbrannte, und die Butter schmolz, und nie habe ich wieder das Allergeringste bekommen.
2. Das Märchen vom Herrn Peter
Es waren einmal ein Paar arme Eheleute, die hatten drei Söhne. Wie die beiden ältesten hießen, weiß ich nicht; aber der jüngste hieß Peter. Als die Eltern gestorben waren, und die Kinder sich in die Erbschaft teilen wollten, war nichts da, als einen Topf, eine Brotplatte und eine Katze. Der älteste, welcher das Beste haben sollte, nahm den Topf. »Wenn ich den ausleihe, bleibt doch immer etwas für mich auszukratzen drin,« sagte er. Der zweite nahm die Brotplatte: »Wenn ich die ausleihe, bleibt doch immer Etwas für mich abzukratzen dran,« sagte er. Für den jüngsten blieb nichts anders übrig als die Katze. »Wenn ich die ausleihe, bekomm' ich nichts dafür,« sagte er: »gibt man ihr auch ein wenig Milch, so schleckt sie sie selbst.« Gleichwohl nahm er doch die Katze; denn es jammerte ihn, sie umkommen zu lassen.
Hierauf wanderten die Brüder fort in die Welt, um ihr Glück zu versuchen, und jeder zog seine Straße. Als der jüngste eine Weile fortgegangen war, sagte die Katze: »Es soll Dir nicht leid sein, dass Du mich nicht in der alten Hütte hast umkommen lassen, sondern mich mit Dir genommen. Ich werde in den Wald gehen und allerlei Getier greifen, das sollst Du zu dem König auf das Schloss tragen, das Du dort siehst, und sagen, Du brächtest ihm ein kleines Geschenk. Wenn er Dich dann fragt, von Wem das ist, sollst Du sagen: 'Das ist von dem Herrn Peter.'« Hierauf lief die Katze in den Wald, und kam bald mit einem lebendigen Rentier zurück; dem war sie auf den Kopf gesprungen, hatte sich zwischen die Hörner gesetzt und gesagt: »Gehst Du nicht gradewegs zu des Königs Schloss, so kratze ich Dir die Augen aus,« darum wagte das Rentier auch nicht, anders zu tun, als die Katze ihm gesagt hatte. Wie er nun zum Schloss kam, ging er mit seinem Tier in die Küche und sagte: »Ich komme, um dem König ein kleines Geschenk zu überbringen, wenn er es nicht verschmähen wollte.«
Als man dem König das anmeldete, kam er sogleich in die Küche, und wie er das große schöne Rentier erblickte, war er darüber außerordentlich erfreut. »Mein lieber Freund,« sagte er zu Halvor: »Wer ist es, der mir ein so schönes Geschenk sendet?« - »O, das ist der Herr Peter,« sagte der Bursch. »Der Herr Peter?« sagte der König: »wo wohnt er doch noch, dieser Herr Peter?« denn es deuchte ihm eine Schande, dass er einen solchen Mann nicht kennen sollte. Aber der Bursch wollt' es ihm nicht sagen; er dürfe es nicht wegen seines Herrn, sagte er. Darauf gab der König ihm ein gutes Trinkgeld und bat ihn, seinen Herrn von ihm zu grüßen, und er ließe sich auch vielmal bedanken.
Den andern Tag lief die Katze wieder in den Wald, sprang einem Hirsch auf den Kopf, setzte sich ihm zwischen die Augen und nötigte ihn ebenfalls durch Drohungen, nach des Königs Schloss zu gehen. Als Peter in die Küche eintrat, sagte er wieder, er käme, um dem König ein kleines Geschenk zu überbringen, wenn er es nicht verschmähen wolle.
Der König freute sich über den Hirsch noch mehr, als über das Rentier, und fragte, Wer es denn wäre, der ihm ein so schönes Geschenk sende. »Das ist der Herr Peter,« sagte der Bursch. Als aber der König wissen wollte, wo der Herr Peter wohne, bekam er wieder dieselbe Antwort, wie den vorigen Tag, und diesmal gab er Petern ein noch größeres Trinkgeld.
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