– Oslo, 13. Dezember – Fässer mit insgesamt etwa 2000 Litern Alkohol sind von dem Wrack der VENUS an die Oberfläche getrieben. Daher glaubt man, dass das Schiff allmählich zerbricht. – Reuter
– Oslo, 14. Dezember – Die Überreste eines zweiten Rettungsbootes der VENUS und andere Wrackteile sind an die Küste gespült worden. – Reuter
– London, 14. Dezember – Es besteht die Auffassung, dass der Trawler VENUS, der nördlich von Florø Schiffbruch erlitten hat, der frühere deutsche Trawler WOBKE war. Während er in Lerwick lag, wechselte er seinen Namen und wurde unter panamesischer Flagge eingetragen. Er blieb ungefähr sechs Wochen in Lerwick, währenddessen der Kapitän eine neue Mannschaft aus Leuten des Ortes anheuerte.
– Oslo, 15. Dezember – Dass der Trawler VENUS weder von einem Küstenwachboot oder irgend einem anderen Schiff verfolgt noch beschossen wurde, wurde heute in Måløy unmissverständlich von Herrn Savage, dem englischen Hauptschiffsoffizier des vermutlichen Schmuggelschiffes VENUS, bei der Eröffnung der Befragung zum Verlust des Schiffes ausgesagt. Im Verlauf seiner Zeugenaussage sagte Herr Savage aus, dass das Boot Rotterdam am 5. September in Richtung Lerwick verlassen hatte und am 1. Dezember von Lerwick lossegelte und sich von dem Datum an bis zum Zeitpunkt des Schiffbruchs in der Nordsee aufgehalten hatte, obgleich Savage nicht genau wusste, wo. Was die Ladung der VENUS anbetraf, sagte Savage, dass sie 1800 Kanister mit jeweils zwei Gallonen Alkohol transportierte. Bis zum Zeitpunkt des Schiffbruchs war nichts von der Ladung gelöscht worden. Die Steuerbehörde in Lerwick hatte die Ladung versiegelt, setzte Savage fort, und erst eine halbe Stunde, bevor die VENUS sank, wurden die Siegel aufgebrochen.
Es war die Absicht der Mannschaft gewesen, die Kanister zu benutzen, um ein Floß zu bauen. Als man wusste, dass das Schiff sank, befahl der Kapitän fünf Mann der Besatzung, das Rettungsboot zu nehmen und in Richtung auf den Leuchtturm zu rudern. Kurz nachdem das Boot zu Wasser gelassen war, schlug es um und die Leute wurden ins Meer geworfen. Savage fügte hinzu, dass sie nicht genug Rettungswesten für alle gehabt hätten. Aus den Alkoholkanistern wurden zwei Flöße gebaut, und diese waren stark genug, um jeweils vier Mann zu tragen. Während der ganzen Zeit trieb das Schiff allmählich der Küste zu und in der Hoffnung, es zu retten, befahl der Kapitän, den Anker zu werfen. Er wurde auf 55 Faden Tiefe ins Wasser gelassen, aber er hielt nicht, und das Schiff trieb weiterhin breitseits auf den Leuchtturm zu. Einmal sah es so aus, als würden sie nicht stranden, aber plötzlich lief die VENUS auf einem Felsen und legte sich auf die Seite, und die ganze Mannschaft wurde ins Wasser geschleudert. Savage und dem Heizer Davidson gelang es, auf das gleiche Wrackteil zu kommen, und während sie dahintrieben, sahen sie den Kapitän und den Ersten Ingenieur im Wasser, aber sie konnten nichts tun, um ihnen zu helfen. Savage erklärte, dass er sich an nichts erinnern könnte, was von dem Moment an geschehen sei, als er ins Wasser geschleudert wurde. - Reuter
* * *
Die Zeitungen in ganz Europa waren im Dezember 1931 voll von sensationeller Berichterstattung.

berichteten am 17. Dezember 1931 ausführlich und fußen dabei offenbar auf obige Reuter-Meldungen.
Hier einige Auszüge:
Panama-Dampfer VENUS sinkt an der norwegischen Küste
Seit den Tagen des Weltkrieges und der großen Schlachten in Frankreich und Flandern ist noch nicht wieder eine so tragische Nachricht in Lerwick bekannt geworden wie diejenige vom dramatischen und urplötzlichen Verlust des unter panamesischer Flagge verkehrenden Dampfers VENUS am letzten Sonnabend und dem Tod von 11 Mann der 13köpfigen Besatzung, von denen 9 aus dieser Stadt stammen.
Das Ausbleiben von genauen Informationen und Einzelheiten verursachte am Wochenende größte Ungewissheit und Verängstigung, aber es sickerte bald durch, dass der erste Bericht, alle Leute aus Lerwick seien umgekommen, nur zu wahr ist und Schrecken und Argwohn, die sich am Sonnabend Abend und am ganzen Sonntag verbreitet hatten, verwandelten sich am Montag in Trauer und viele Familien hatten einen schmerzlichen Verlust zu beklagen.
Die erste Nachricht, dass der VENUS irgendetwas zugestoßen sei, enthielt ein Telegramm an das Büro der „Shetland News“ von einer Londoner Zeitung, die nach Einzelheiten über die Mannschaft des Schiffes fragte. Etwas später erhielten die Familien von Besatzungsangehörigen ein Telegramm von der Gattin des Kapitäns, Margaret Edwardson, die in London wohnt und aus Lerwick stammt, mit der Frage, ob es Überlebende gebe, und eine erneute Nachricht, dass es deren zwei seien. Die Neuigkeit verbreitete sich mit Windeseile in der Stadt und verursachte eine furchtbare Sensation. Einige der Angehörigen hörten von dem Verlust ihrer Männer auf der Geschäftsstraße oder während sie gerade ihrem Tagewerk nachgingen, und es ergriff sie natürlicherweise Kummer und Bestürzung.
Das Unglück, das so unerwartet plötzlich und in diesem Ausmaß eingetreten ist, war das einzige Gesprächsthema am Samstag Abend. Eine große Menschenmenge, die ihrer gewohnten Wochenendbeschäftigung nachging, war auf der Geschäftsstraße, und Hausfrauen machten ihre Besorgungen und Einkäufe zum Weihnachtsfest. Es war gerade zu dieser Tageszeit, als die Nachricht sich von Mund zu Mund fortpflanzte, die VENUS sei untergegangen und alle Besatzungsmitglieder mit ihr. Die VENUS wie auch ihre Offiziere und Mannschaften waren den meisten der Einwohner von Lerwick gut bekannt, und die Tatsache, dass sie dem Schiff erst seit einigen Wochen angehörten und sich diesmal erst auf ihrer zweiten Ausreise mit der VENUS befanden, machte das Unglück noch tragischer, als es an sich schon ist.
Angst und Ungewissheit gehen über in Kummer.
Spannung, Angst und Argwohn verbreiteten sich zum Wochenende und ein großer Teil der Ungewissheit ist dem Mangel an genauen Nachrichten zuzuschreiben. Ein Telegramm, das am Samstag Abend eintraf, enthielt das Wort „tot“ und verursachte das Gerücht, die VENUS sei von einem Zollschiff beschossen und die Mannschaft dabei getötet worden. Es wurde auch festgestellt, dass es noch andere Schiffe gleichen Namens gibt, und natürlich schöpften die Familien der Larwick-Leute nun die Hoffnung, es möchte vielleicht eines dieser anderen Schiffe gleichen Namens sein. Die Angst der Familien, deren Männer es betraf, und die Unsicherheit setzte sich auch den ganzen Sonntag über fort bis zum Montag, als authentische Nachrichten bekannt wurden. Ein junger Mann aus Lerwick, der aus Yarmouth zurückkehrte, brachte eine Samstag-Abend-Sportzeitung mit, die eine kurze Nachricht über den Untergang der VENUS aus Oslo enthielt, sowie eine namentliche Aufstellung, die, obwohl einige Namen nicht genau geschrieben waren, doch Gewissheit gab über die Mannschaft der VENUS sowie der Leute aus Lerwick. Erst dann wurde den Angehörigen das Furchtbare des Geschehens klar; ihre Männer und Söhne waren nicht mehr am Leben. Ihre letzten geringen Hoffnungen waren vernichtet, und die Furcht und der Schrecken, die sie seit Samstag erfasst hatten, verwandelten sich nun in Kummer und schmerzliche Enttäuschung, die, wenn auch in geringerem Ausmaß, von der ganzen Bevölkerung geteilt wurde, die ihre aufrichtige Teilnahme denen bekundete, die auf so tragische und grausame Weise ihrer Angehörigen durch den Tod beraubt worden sind.
Das schwerste Unglück seit Jahren.
Wie schon festgestellt, ist dieses Unglück das schwerste, das die Stadt seit vielen Jahren betroffen hat. Verluste waren während des Krieges unvermeidlich und man musste mit ihnen rechnen, sie ereigneten sich leider viel zu oft. Aber doch erscheint der Verlust von neun Seeleuten in einem winzigen Schiff für ein Seefahrervolk wie das von Shetland - Lerwick einbezogen – von dem etwa 3.500 Söhne in der Handelsmarine Dienst tun, als ein furchtbarer Schlag, wie er ihr noch nie zuvor zugefügt wurde und schuf eine schmerzliche Sensation.
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