»Zehn Meter vom Ufer entfernt, warum hast du die Leiche nicht auf den Weg gezogen, wie du das sonst machst?«
Westmore zuckte mit den breiten Schultern, »hast du nicht das Blut gesehen die Frau schwimmt in einem Meer aus verschissenem Blut!«
Westmore kicherte, zog die Flasche heraus drehte den Verschluss ab und trank einen großen Schluck. Er drückte die Flasche in Thomas Hand.
»Trink einen ist kalt hier draußen. Wirklich eine Saukälte!«
Thomas trank den Rest in der Flasche in einem langen Zug leer und warf sie dann weit ausholend in den Schwanenteich, wo sie in der Mitte zwischen den schlafenden Schwänen fast lautlos unterging.
»Wie viel hast du gewonnen?«, fragte Westmore.
Beide bewegten sich schaukelnd an den Polizisten vorbei in Richtung des straff gehaltenen Lackens, hinter dem die normale Polizeiroutine vonstattenging.
»90 Pfund!«, antwortete Thomas.
Er blieb stehen, senkte den Kopf, betrachtete ohne das man eine Regung in seinem Gesicht lesen konnte die Leiche. Die Frau war keine dreißig, Jahre geworden. Westmore hatte recht gehabt, es war kalt draußen geworden. Am Tag mochte es gehen, es war warm hell voller glücklicher Menschen aber am Abend entfernte man die Theaterkulissen und Thomas erkannte das London klimatisch in der Nähe vom Nordpol lag. Ihre Augenlider standen offen, die Augen sahen aus ... als hätte die Angst sie matt gemacht. Auf ihrer weißen Stirn klebte ein gut sichtbarer blutiger Handabdruck. Wusste ihr Mörder nicht das man blutige Fingerabdrücke von Haut nehmen konnte? Die Daktyloskopie machte rasant Fortschritte. Die Wissenschaft machte rasant Fortschritte, es war so als ob Affen den Dreh rausgefunden hatten Flugzeuge zu bauen. Thomas hockte sich neben den Arzt. Das aufgespannte Lacken hielt den Wind fern der über den Schwanenteich strich, der Schilfgürtel am Teichufer knisterten und die Baumkronen über ihnen raschelten. Ein blutiger Handabdruck war deutlich auf dem Nacken der Leiche zu sehen. Thomas beugte sich dicht über die Tote und schnupperte an ihr, sie hatte noch nicht angefangen zu riechen, konnte also noch nicht lange tot sein. Er richtete sich auf.
»Wie heißt diese neue deutsche Fingerabdruck Methode?«
»Lackfilmabzug man präpariert die Stelle mit einem Film aus speziellen Lacken. Aber so viel Blut wie auf der Spur ist dürfte Fingerpulver ausreichen«, sagte der Arzt.
Der Mörder hatte sein Opfers positioniert. In jedem anderen Augenblick hätte Thomas sagen mögen, dass das Opfer eine wunderschöne Frau gewesen war, lange Beine große blaue Augen, jetzt glasig und voller geplatzter Äderchen. Blondes langes vom Blut verfilztes Haar, voll rotem Splitt und Grashalmen kleinen Zweigen und Blättern. Der Mörder hatte ihr alles genommen, das attraktiv wirken konnte, hatte sie absichtlich totenhässlich gemacht. Er konnte Leute nicht begreifen die etwas Schönes nahmen, um es kaputtzumachen. Er konnte Mörder verstehen die Wut, Gier, Zorn die eine menschliche Regung getrieben hatte, dass hier zeugte nur von einem bösen Charakter. Thomas sah ein böses Kind vor sich das zu einem bösen Halbwüchsigen reifte und seine Metamorphose zum verrotteten Unmenschen bereits vollendet hatte. Wie das Opfer zugerichtet war, ihre Positionierung um den größtmöglichen Schock bei den Findern zu verursachen sagte Thomas, dass der Mörder schon vorher gemordet hatte. Ein Auge von ihr war zugeschwollen und es war mit Gewalt aufgedrückt worden, ihre Nase war gebrochen, die Schneidezähne waren ausgeschlagen, weiße spitze Zahnreste glänzten im Licht. Ihre Lippen waren aufgeplatzt. Ihr Unterkiefer war zerschmettert, Blauschwarz und angeschwollen. Wie sollte man das erklären? Thomas bedauerte bei diesem Anblick nur zum Teil an Gott zu glauben, als an eine Kraft, wie das Gravitationsgesetz. Könnte er an einen personifizierten Gott glauben, dann auch an einen Satan und wie anders als mit einer unheimlichen satanischen Einflüsterung konnte man erklären, dass Menschen etwas Lebendiges nahmen, um es zu töten? Der Mörder hatte ein Messer an ihrem ganzen Körper benutzt, tiefe Schnitte überall auf ihrem Gesäß, er hatte Kreuze hinein geschnitten. Tiefe Schnitte waren auf der linken Brust, als hätte der Irre sie amputieren wollen. Schwarze Quetschungen waren auf der anderen Brust und auf dem Bauch. Ein sexuell deformierter Geist bestehend aus Hass und Wut und Perversion unfähig sich in andere Menschen hineinzufühlen, hatte sich an der armen Kleinen ausgetobt. Thomas sah die Grausamkeit wusste dennoch nicht, was er damit zu schaffen hatte. Schließlich bestand ein himmelweiter Unterschied zwischen dem Mord an einem Menschen und dem an einem Tier.
»Man hat dem Mädchen die Kehle durchgeschnitten. Tiefer im Gebüsch aber verblutet ist sie hier«, erklärte der Pathologe. »Ein tiefer Stich am Hals die linke Hauptschlagader ist komplett durchtrennt.«
»Blut zieht sich wie ein roter Faden durch unser Leben«, sagte Westmore. Westmore sprach spöttisch doch Thomas wusste wann sein Freund bedrückt war.
Der Pathologe nahm die linke Hand des Opfers und betrachtete sie, dann begutachtete er die andere zierliche Hand. Er sagte: »Anscheinend hat sich die Frau sich nicht gewehrt, keine Abwehrverletzungen in den Handinnenflächen. Entweder er hat sie blitzschnell von hinten angegriffen oder sie konnte es wohl einfach nicht.«
»Habt ihr Amateure überhaupt einen Krankenwagen angefordert?«, fragte Westmore. Er rieb sich die Hände und pustetet seinen Whisky und Nikotin geschwängerter Atem hinein. Er roch an einer Handfläche und verzog sein Gesicht.
»Die Ambulanz wartete, bis ich mit der Vorortuntersuchung fertig bin. In zehn Minuten lasse ich sie nach Paddington bringen. Ihr von der Hafenpolizei wollt das Opfer bestimmt von euren eigenen Pathologen untersuchen lassen.«
Westmore lachte höhnisch: »Wollen Kumpel? Wollen, wir müssen.« Er bückte sich über die Leiche. Seine Stimme wurde leise. »Hat sie überhaupt laufen können, ihr Haar ist voll Laub und hier liegt keines herum.«
Der Pathologe schüttelte den Kopf: »Nein keinen Schritt, es sieht aus, als ob der Mörder es gut fand, sie hier abzulegen ihr den Kopf zur Seite zu drehen die Augen zu öffnen als wolle er zeigen, was für ein schlauer Bursche er ist. Das unser Opfer, ich schätze ihr Alter auf 22 bis 27 Jahre einen Schritt machte mit dieser Wunde ist ausgeschlossen!«
Thomas drehte sich zu Wilson, der abseits auf der Rasenfläche in seinem Beigen Trenchcoat bei seinen Männern stand und die Einsatzleiter der Suchgruppen neu über das Suchgebiet verteilte. Vom Tatort aus in konzentrischen Kreisen jeder Zigarettenstummel, Papierfetzen alles würde eingesammelt und in nummerierte Papiertüten gesteckt.
»Habt ihr die Leute kontrollieren lassen, die im Park angetroffen wurden?«
Wilson bestätigte: »Jeder wird und wurde seit einer Stunde angehalten und durchsucht und nach Blutflecken kontrolliert. Die Tore werden überwacht aber bisher nicht das Geringste! Es sieht aus, als ob der Täter durchs verdammte Gebüsch geflohen ist. Der Misthaufen hatte ein Boot oder ist auf die andere Seite geschwommen. Die Hunde haben am Kanal angeschlagen. Hier ist er jedenfalls nicht durch den Park spaziert, waren ein Haufen Leute unterwegs die hätten ihn gesehen.«
Thomas kannte die Antwort fragte dennoch: »Habt ihr was gefunden? Das Messer irgendeine Spur ihrer Kleider?«
Wilson schob seine Hände in seine Manteltaschen, »meine Leute haben nicht oft Morde in der Gegend, ich meine die kommen selber am Sonntag mit ihren Kindern her. Die Männer sind auf Händen und Füssen über den Boden gekrochen, die nehmen das genauso persönlich als wurde sie in einem ihrer kleinen Gärten umgebracht, aber bisher noch nichts.«
Thomas knöpfte seinen Mantel zu, automatisch er wollte sich nicht vorstellen, welche Hölle diese Frau durchlebt, hatte doch er wusste es sah es und schlimmer er konnte es fühlen. Wieder eine verdammte Erinnerung an diese scheiß Stadt, die kaum hatte sie etwas in den Händen es besudelte. Er sollte es wie alle machen, die ihre Anzahl an Jahren in London auf dem Buckel hatten und sich ein Zugticket kaufen und verduften. Er hatte das Geld dazu, konnte irgendwohin einen Buchladen eröffnen, seinen Traum verwirklichen. Irgendwohin gehen, wo das Aufregendste das passiertes eine Kuh auf der Dorfstraße war. Er machte es einfach nicht, obwohl er London hasste. Jetzt schon abhauen oder Londons dunkle Seiten nicht an sich heranlassen. Das Leben in diesem Moloch war auch nur eine andere Art von Schützengraben. Keine Geschosse, Kugeln, kein Senfgas sondern der finstere Geselle mit der Sense, der das Haar schütter machte und die Falten wie mit einem Skalpell in die Gesichter der Menschen schnitt. Der die Pendel der Lebensuhren im Schwung hielt, bis er sie urplötzlich anhielt. Ab und zu schlug eine Granate ein, wie dieser Mord hier. Er durfte es nicht herankommen lassen, ein weiterer Fall von einem Irren auf den Straßen der sichersten Großstadt der Welt. Aber wie sollte er das können, es war nicht nur, dass sie ermordet wurde, es war die Angst, die der Irre ihr angetan hatte. Er spürte die neblige Aura des Entsetzens der zähneklappernden Angst, die von der zerschundenen Leiche wie Bodendunst aufstieg. Thomas zog eine Zigarette aus dem Päckchen und steckte sie sich in den Mundwinkel, er klopfte seine Taschen nach dem Feuerzeug ab und zündete sich seine Zigarette an.
Читать дальше