Hannelore Wulff - Die Egomanin

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Die Autorin schickt ihre Figuren in die 1946 zerstörte Stadt Hamburg, in der die Hauptfigur rücksichtslos mit dem Mut der Verzweiflung um ihr Leben kämpfend zur egozentrischen, neiderfüllten Person wird, die über Leichen geht und quasi alles erreicht, nur eines nicht: Ihre große Liebe.

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Hannelore Wulff

Die Egomanin

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Inhaltsverzeichnis Titel Hannelore Wulff Die Egomanin Dieses ebook wurde - фото 1

Inhaltsverzeichnis

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Prolog

Auch sie war nicht unsterblich

Sie war Westfälin

Man nannte ihn Rudi

Hugo Wolf

Aber es kam anders

Sie hatte sich damit abgefunden

Der verschollene Sohn

Drei Tage nach dem Unfall

Suche nach einem Krankentransport

Recherche

Helmut, der Sohn von Hugo Wolf

Die Dame Margot

Warten auf Anruf

Hotel Rosenhof

Das Leben am Hofweg

Timmendorfer Strand

Klaus Pörtner

Wohin jetzt?

Das Appartement am Winterhuder Marktplatz

Ein Büro in der Poststraße

Anna de León

Klaus hatte alles

Das Haus am Schrammsweg

Sie nannten ihn Miki

Der „Bienenstock“

Margot

Anna de León, was nun?

Nicht immer läuft alles wie gewünscht

Wellingsbüttel

Hugo? . . . doch sie hatte andere Sorgen

Klaus steigen die Möglichkeiten zu Kopf

Der Taxifahrer

Die Leiche in der Plastikplane

Margot in St. Tropez

Der Rückfall von Hugo

Ella – nichts als Sorgen

Die Nachricht von Klaus´ Tod

Heidelberg

Ella – Nur noch Niederlagen

Ein Hund namens Pelle

Das wahre Gesicht von Miki

Es war nicht mehr so wie es früher war

Probleme, die nicht abreißen

Die heile Welt – die gibt es nicht!

Der Schönheitschirurg

Hugo im Pflegeheim

Das Gefühl der Irrealität

Die über den Tod hinausgehende Hasstirade

Epilog

Impressum neobooks

Prolog

Der Mann stand auf der anderen Straßenseite gegenüber dem Haus, aus dem eine alte Frau mühselig die zirka zehn Treppenstufen eine nach der anderen hinunterhumpelte. Mit ihrer linken Hand, an der sie eine für sie verhältnismäßig große Tasche trug, hielt sie sich am Geländer fest. An ihrer rechten Hand hing eine Leine, an der ein kleiner Hund versuchte, sich loszureißen. Er zerrte knurrend mit aller Gewalt, so dass es aussah, als ob die Frau jeden Moment stolpern und die Treppe herunter fallen würde. Fast jeden Tag sah sich der Mann diese gefährliche Prozedur an und fast jeden Tag blieb er wie angewurzelt stehen, bis es der Frau gelang, heil die Stufen herunter zu kommen. Erst dann wollte er ruhig weitergehen. Doch fast jedes Mal musste er sich die von der Frau in voller Lautstärke über die Straße geschrienen Schimpfworte, die manchmal sogar unter der Gürtellinie gingen, anhören. „Hau bloß ab du Dreckskerl, du Spanner, meinst du, ich weiß nicht, dass du hinter mir her bist? Dass du mir auflauerst, nur um mit mir . . .“ Das Weitere hörte sich der Mann gar nicht mehr an. Er machte, dass er schnell aus der Reichweite dieser Dame mit ihren lautstarken obszönen Äußerungen kam. Er wohnte schon etliche Jahre in dieser ´feinen` nur für die oberen Zehntausend gedachten Straße in Harvestehude. Und als er das erste Mal diese geschmacklos und billig aufgetakelte alte Dame aus dem gegenüberliegenden Haus kommen sah, musste er unwillkürlich stehen bleiben, weil jeder in solch einem bewusst auffälligen Outfit Aufsehen erregte und einfach nicht in diese vornehme Gegend passte. Später hatte er erfahren, dass sie im Hochparterre zur Miete wohnt und mit dem jetzigen Hausbesitzer bereits zehn Jahre im Clinch liegt, und man sagte ihm – die ganze Straße redete davon - dass sie in ihrem hohen Alter, sie mag ungefähr über neunzig sein, quasi Kündigungsschutz besäße, und es zeitaufreibend lange dauern würde, bis der Hauswirt dieses, sein sogenanntes Krebsgeschwür, aus dem Haus bekommt. Heute, und das sah der Mann erst jetzt, stützte sie sich auf eine Krücke und ging auffallend langsam zu der im Souterrain gelegenen Garage, in der ihr Oldtimer stand. Sie fuhr immer noch Auto. Mehr noch als waghalsig, denn wenn sie rückwärts auf die Straße lenkte, ging jedes Mal ein Hupkonzert der ihr entgegenkommenden Fahrzeuge los, das sie stur nach dem Motto ´die Straße gehört mir` schimpfend ignorierte. Immerhin war sie noch im Besitz ihres Führerscheins. Jeden Morgen zur gleichen Zeit, fuhr sie bei Wind und Wetter, bei Eis und Schnee bis zu dem kleinen Park an der Außenalster, um ihren Hund auszuführen. Es war schon beinahe Routine, doch wie lange würde es noch dauern? Wie lange würde sie noch fähig sein, diese Strapazen auf sich zu nehmen? Wenn jemand sie darauf ansprach, wurde er angeschnauzt: er solle sich um seinen eigenen Dreck kümmern. Nein, angenehm höflich war die Dame nicht. Und niemand in der Straße wollte etwas mit ihr zu tun haben. Die armen Hunde, ihre Tiere wurden bei ihr nicht alt, taten den Leuten leid. Man sagte, sie hätte Geld. Nur man wusste es nicht so genau. Früher, das heißt, noch vor nicht allzu langer Zeit, war sie einmal Maklerin gewesen. Sollte auch damit Erfolg gehabt haben, denn sonst hätte sie nicht die in diesem Viertel üblichen hohen Mieten für ihre Wohnung bezahlen können, wobei allerdings ihr Hauswirt ihre nach dem alten Mietvertrag gültige Miete nicht erhöhen kann, weil er damit sie als Mieterin anerkennen würde. Es hört sich alles ein bisschen kompliziert an, aber dafür hatte sie als Maklerin seinerzeit, als der Mietvertrag zwischen ihr und den alten Leuten, den Vorbesitzern, von ihr ausgeklügelt wurde, gesorgt. Zu der Wohnung im Hochparterre gehört laut Mietvertrag die beheizbare Einzelgarage, ein Kellerraum, ein geräumiger nach hinten gelegener Garten und eine große Sonnenterrasse. Die Wohnung selbst ist etwa 180 qm groß. Armer Hauswirt, er muss mit der bei weitem nicht so großzügigen oberen Etage und einer kleinen Dachwohnung auskommen und ist natürlich diesbezüglich stinksauer. Als das Haus zum Verkauf stand, wollte es wegen des ausgebufften Mietvertrages niemand haben. Der jetzige Besitzer dachte zuerst, er hätte ein Schnäppchen geschlagen, bis er dann einsehen musste, dass seine Mieterin quasi bis an ihr Lebensende laut Gerichtsbeschluss, denn Kauf bricht nicht Miete, unkündbar ist, und wenn er Pech hat, ihn sogar noch überleben wird.

Auch sie war nicht unsterblich

Es war noch sehr früh an diesem Sonntagmorgen. Der wolkenlose Himmel versprach einen noch heißeren Tag, als der gestrige es war. Hans Hausschild, nur mit einem leichten T-Shirt und Shorts bekleidet, stand auf seinem Balkon und schaute in den unter ihm gelegenen Garten, der ihm zwar gehörte, doch zu dem er keinen Zutritt hatte. Und jedes Mal – nun schon seit Jahren – wenn er dieses schöne, leider so verwahrloste Fleckchen Erde sah, überkam ihm eine grenzenlose Wut. Der nach Wasser schreiende Rasen müsste gemäht, die Sträucher und Bäume beschnitten werden. Aber Madame, zu deren Mietvertrag der Garten gehörte, ließ alles verkommen, und er war machtlos. Gerne hätte er heute am Sonntag etwas länger geschlafen, doch das unaufhörliche Gebell eines Hundes ließ es nicht zu. Er schaute nach allen Richtungen, um zu erkunden, woher das Gekläff kam, doch nirgendwo war ein Hund zu erblicken. Seine Frau, die inzwischen auch aufgewacht war, richtete sich auf und rief: „Mein Gott noch mal, kann man denn hier nicht einmal in Ruhe ausschlafen? Muss man dabei immer die Fenster geschlossen halten? Hans, das geht zu weit. Du musst mit dieser Frau endlich Tacheles reden. Die kann doch nicht immer nur machen, was sie will.“

Ohne zu antworten bückte sich der Mann über das Geländer seines Balkons und sah, dass die Terrassentür der unteren Wohnung geöffnet war und der kleine Yorkshire zwischen der Tür und Terrasse bellend hin und her lief. „Ich werde gleich mal runter gehen und sehen, was los ist, irgendwas stimmt da nicht“, sagte er zu seiner Frau, zog sich provisorisch eine Hose an und schlüpfte in seine Sandalen.

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