Dietrich Novak
Mord nach Gebot
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Inhaltsverzeichnis
Titel Dietrich Novak Mord nach Gebot Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog Prolog Das Gespräch verlief leise und ohne erkennbare Aggression. Allenfalls konnte man bei den Worten des Mannes einen gefährlichen Unterton wahrnehmen. Die Frau verkannte in ihrem aufgewühlten Zustand die Gefahr, in der sie sich befand. Deshalb kam der Angriff auch völlig überraschend. Es gab ein hässliches Geräusch, als ihr Genick brach. Von der Lautstärke her hätte es nicht einmal ausgereicht, einen imaginären Nachtvogel bei seinem Gesang zu stören. Und das Zirpen der Grillen wäre nur für einen sehr kurzen Moment unterbrochen worden, wenn überhaupt. So friedlich, wie sie dasaß, hätte man meinen können, sie sei nur eingenickt. Nur die Flecken, die entstanden waren, als sich ihre Blase entleert hatte, passten nicht ins Bild. Ihr Mörder beachtete sie nicht mehr. Innerlich verspürte er keine Freude wie jemand, der seine Arbeit zu-friedenstellend verrichtet hatte. Sein Gesichtsausdruck war eher gleichgültig. Keine Spur von Bedauern oder Erregung. Am ehesten konnte man anhand seiner leicht verzogenen Mundwinkel den Hauch eines gehässigen Grinsens erahnen. Ohne sich noch einmal umzudrehen, ging er seiner Wege und verschwand gemäßigten Schrittes ohne Eile in der Dunkelheit.
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Epilog
Impressum neobooks
Das Gespräch verlief leise und ohne erkennbare Aggression. Allenfalls konnte man bei den Worten des Mannes einen gefährlichen Unterton wahrnehmen. Die Frau verkannte in ihrem aufgewühlten Zustand die Gefahr, in der sie sich befand. Deshalb kam der Angriff auch völlig überraschend.
Es gab ein hässliches Geräusch, als ihr Genick brach. Von der Lautstärke her hätte es nicht einmal ausgereicht, einen imaginären Nachtvogel bei seinem Gesang zu stören. Und das Zirpen der Grillen wäre nur für einen sehr kurzen Moment unterbrochen worden, wenn überhaupt.
So friedlich, wie sie dasaß, hätte man meinen können, sie sei nur eingenickt. Nur die Flecken, die entstanden waren, als sich ihre Blase entleert hatte, passten nicht ins Bild. Ihr Mörder beachtete sie nicht mehr. Innerlich verspürte er keine Freude wie jemand, der seine Arbeit zu-friedenstellend verrichtet hatte. Sein Gesichtsausdruck war eher gleichgültig. Keine Spur von Bedauern oder Erregung. Am ehesten konnte man anhand seiner leicht verzogenen Mundwinkel den Hauch eines gehässigen Grinsens erahnen. Ohne sich noch einmal umzudrehen, ging er seiner Wege und verschwand gemäßigten Schrittes ohne Eile in der Dunkelheit.
Vier Stunden zuvor:
Der Himmel über Berlin zeigte sich an diesem Abend nicht von seiner schönsten Seite. Anders als in den Streifen von bekannten Filmemachern wie Wim Wenders oder auf den nicht minder berühmten Gemälden eines Matthias Köppel präsentierte er sich nicht in einem von Wolken durchzogenen Violett und Purpur, sondern in einem tristen Grau. Nicht einmal ein Strahl der untergehenden Sonne, im Volksmund auch Finger Gottes genannt, konnte den undurchdringlichen Vorhang durchbrechen, der eher einem Leichentuch glich.
Womöglich war dies der Grund, weshalb dem Mann auf seinem Weg entlang dem Landwehrkanal plötzlich einfiel, dass hier einmal am Anfang des vorigen Jahrhunderts der entleibte Körper von Rosa Luxemburg von Angehörigen eines Freikorps ins Wasser geworfen worden war. Geborgen konnte er erst im Mai 1919 werden, also nahezu vor hundert Jahren.
Anna Anderson hingegen, die zeitlebens behauptete, die russische Zarentochter Anastasia Nikolajewna Romanowa zu sein, war nach einem Selbstmordversuch in den 1920er Jahren aus eben diesem Landwehrkanal gerettet worden.
Links und rechts vom Landwehrkanal brauste wie eh und je der Verkehr das Hallesche beziehungsweise das Tempelhofer Ufer entlang. Ein Umstand, an den sich die Berliner in all den Jahren gewöhnt hatten. Ebenso an das gelegentliche Kreischen der U-Bahnzüge auf den alten Gleisen, denn die Linie 1 hatte auf diesem Streckenabschnitt Hochbahncharakter, verlief doch die Trasse unmittelbar über dem Kanal, wobei sie seinen Windungen folgte.
Der Mai dieses Jahres war weit davon entfernt, seinem Beinamen „Wonnemonat“ Ehre zu machen. Nach wenigen hochsommerlichen Tagen herrschte jetzt eher Aprilwetter, mit Regenschauern und kühlen Temperaturen.
Der Mann schlug seinen Mantelkragen hoch und beschleunigte seine Schritte, als er in die Möckernstraße einbog. Er fröstelte einesteils, war aber gleichzeitig von einer fieberhaften Erregung erfüllt.
Etwa zur gleichen Zeit bereitete sich eine junge Frau auf ihren Auftritt vor. Heute war also der große Tag, es aller Welt zu zeigen. Seht her, ich bin fast genauso schön wie sie ! Was hatte sie nicht alles auf sich genommen, ihrem Idol zu gleichen, und heute Abend würde sich zeigen, ob sich die Mühe gelohnt hatte.
Begonnen hatte alles damit, dass sie im Musiksender Viva die kunstvoll gemachten Videoclips von der Pop-Diva Lady Gaga gesehen hatte. Mit zunächst gemischten Gefühlen, weil sie sich fragte, warum eine Frau mit einer solch makellosen Figur eine eher durchschnittliche Perücke trug. Aber tanzen und sich bewegen konnte sie, das musste man ihr lassen. Und die Stimme hatte auch etwas. Mit „Bad Romance“ kam die Wende. Diese Frau sah auch ungeschminkt und mit eigenen Haaren wunderschön aus.
Fortan war kein Starmagazin mehr vor der jungen Frau sicher. Sie surfte nächtelang im Internet, um die kleinste Information über den neuen Star zu erhaschen. Und Lady Gaga verstand es, auf sich aufmerksam zu machen, mit immer neuen, teils absonderlichen Outfits wie dem berühmten Fleisch-Kleid, aber auch mit extravaganten Creationen von berühmten Modeschöpfern. Das erste Album brach alle Kassenrekorde und lief bei der jungen Frau, die mittlerweile zu einem der größten Fans geworden war, rund um die Uhr.
Je mehr Beiträge sie in sozialen Internetportalen sah, desto überzeugter war sie, eine gewisse Ähnlichkeit bei sich selbst feststellen zu können. Damit musste doch etwas anzufangen sein.
Dann folgten die regelmäßigen Besuche bei den Schönheitschirurgen, die ihr zuredeten oder davon abrieten, je nach Geschäftstüchtigkeit. Die Warnung, dass auch etwas schief gehen könnte, indem Wundheilungsstörungen, bis hin zu Infektionen, im Bereich des Möglichen waren, schlug sie allesamt in den Wind und ertrug tapfer alle Schmerzen, die den Operationen folgten.
Rhythmische Sportgymnastik und Jazzdance verhalfen ihr, auch gut tanzen zu können. Zu dieser Zeit begann sie auch schon, sich im Outfit des Popstars in der Öffentlichkeit zu zeigen. Freilich nur in kleineren Diskotheken oder Bars. Dabei schien ihr ein gutaussehender Mann wie ein Schatten zu folgen. Sie glaubte zunächst, es handle sich bei ihm um einen hartnäckigen Verehrer, ließ sich von ihm zu Drinks einladen und traf sich auch tagsüber hin und wieder mit ihm. Bis sie bemerkte, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Zu beschwörend waren seine Versuche, sie von ihrem großen Ziel abzubringen. Bald verbat sie sich jegliche Nachstellungen und legte sofort auf, wenn er sie anrief. Zum Glück unterließ er es, ihren Anrufbeantworter voll zusprechen oder sie mit nächtlichen Telefonanrufen zu bombardieren.
Sie glaubte schon, ihn endgültig loszusein, als er erneut zum Angriff überging, ihr auflauerte und versuchte, sie in endlose Gespräche zu verwickeln. Erst als sie drohte, die Polizei einzuschalten, schien er aufzugeben.
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