Holger Waernecke
Der Galeerentrommler
Skurrile und andere Geschichten
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Holger Waernecke Der Galeerentrommler Skurrile und andere Geschichten Dieses ebook wurde erstellt bei
Der Galeerentrommler
„Für lau“ am Markt der Eitelkeiten
Engel mit Hörnern
Elfen und Hexen
Koordinaten
Sternen-Öl
Ohne Titel
Holgus Popolgus
Der Urknall, die Unendlichkeit, die schwarzen Löcher und die Superstrings!
Das Kaninchen vor der Schlange (Kurz nach 9/11)
An Dich, mein Publikum, das so verstreut in der Welt ist.
Alles was ich will…
Mozarts Rückkehr ! Eine Fantasie
Hafen-Tsunami
Die Fabel von der Stadt mit den sieben goldenen Türmen
Wohin der Wind uns treibt
Geniestreiche?
Die Wespe im Apfelsaft
Botschaft aus Handy-Town
Von der Einfachheit des Schreibens
Kurzer Ausritt mit dem Teufel?
Granny
Am Rande des riesigen Kraters des Grauens
Die Sache mit dem Immenhof
„Das Biermann Konzert“
Macht Euch keine Gedanken, ich hab mein Leben doch nur in diese Milchstraße hinaus gegossen…, vier Siebenzeiler
Ich liebe Dich!
Eine Wort-Symphonie
Epilog
Der Meckerbrief zur deutschen Wahrheit
Urzündung der Sonnen
Ein-sam
Arrowkee und Silbersonne
Blumen
Wohnt in Dir die Schlange?
Der durch geknallte Dach-Hund
Das Musikjahr
Musik und Liebe
Wo das Reich Gottes beginnt (Eine alte Legende)
Impressum neobooks
Eigentlich war es ein Tag wie jeder andere in meinem alten Hamburg-Winterhude. Dem Stadtteil der Hansestadt, in dem ich geboren und aufgewachsen bin und wo meine Wurzeln sind. Ich ging, wie fast jeden Morgen, hinunter zum Winterhuder Marktplatz, auf der Suche nach neuen Impulsen und Ideen, gierig nach Themen Ausschau haltend, die ich schön zu Papier bringen könnte.
Und vor allem, um wieder meinem allmorgendlichen Ritual zu frönen.
„Tass` Kaff`, Franzbrot mit Körnern und Mopo“ bei meinem Lieblingsbäcker, der „Schanzenbäckerei“ in der Alsterdorfer Straße, direkt vorm Winterhuder Marktplatz, die von der Familie Yilmaz geführt wird. Herr Yilmaz, ein aufmerksamer, toleranter Mann mit wachem Blick, stets auf das Wohlbefinden seiner Kunden und Gäste bedacht. Frau Yilmas seine Frau, sanftmütig, geduldig und immer freundlich. Die beiden jungen Töchter Ayse und Serife, mit denen ich oft interessante Gespräche führen konnte. Wenn es ihre Zeit zuließ, sprachen wir über die überall sichtbaren unterschiedlichen religiösen Auffassungen zwischen Muslimen und Christen in Deutschland. („Schland“- ein furchtbarer Ausdruck für unsere Heimat) Dabei trugen die beiden jungen Frauen sehr fortschrittliche Ansichten dazu vor. Es war überhaupt das erste Mal, dass ich mit Menschen muslemischen Glaubens über die Unterschiede zwischen christlicher und muslemischer Sozialisation sprechen konnte. Aufgeschlossen hörten sie sich von mir an, dass Fundamentalismus auf beiden Seiten dieser Religionen für ein gedeihliches Miteinander nicht zuträglich wäre. Insbesondere hob ich dabei kritisch meine Empörung über das unsägliche Sarrazin-Buch „Deutschland schafft sich ab“ vor. Für mich eindeutig der Versuch einer Spaltung unterschiedlicher Volksgruppen, die doch bisher friedlich miteinander gelebt hätten. Wies dabei aber auch darauf hin, dass meine religiösen Auffassungen, die stark von der Figur Jesus geprägt wären, für mich den gleichen Stellenwert hätten, wie es wohl der Islam für sie tat. Ayse und Serife pflichteten mir bei und fragten mich dann, was die Figur Jesus überhaupt für eine Bedeutung hätte und ob er „Gottes Sohn“ sei. Ich sagte, dass laut unserer Religion Jesus am Kreuz für unsere Sünden gestorben sei und sie uns damit abgenommen wären. Wir waren uns darüber einig, dass es nur „eine Kraft“ geben könne (O-Ton Ayse), die alles zusammenhielte, ob man sie nun Allah oder Gott nennen würde. Dann sagte ich, dass auch ich mich in ihre Kultur integrieren wolle. Wie soll man denn sonst zusammenleben? Und nur so könne es überhaupt ein Verständnis zwischen unseren Völkern geben. Das nicht nur die muslemischen Volksgruppen sich unserer Kultur anzupassen hätten, sondern wir auch uns der ihren. Naima und Serife sind sehr modern eingestellt und wir verstehen uns sehr gut. Für mich ist der Aufenthalt dort auch deshalb so angenehm, weil viel gelacht wird. Naima, die afghanische Mitarbeiterin, eine Frau mit drei Kindern, hat so ein herrliches, frisches Lachen, wobei der Schalk in ihren Augen jedes Mal aufblitzt. Wir scherzen und freuen uns miteinander.Besonders lustig wird es, wenn ich morgens dort hereinkomme und frage „Kenne ich Sie von irgendwo her?“ Dann sagt sie,, „Nein“ und dann blitzt wieder dieses unverfälschte Lachen in ihren Augen auf.
Layluma, die andere Mitarbeiterin, hat ebenfalls drei Kinder. Sie sieht aus wie das blühende Leben. Ist überaus freundlich und herzlich, so dass es immer wieder eine Freude für mich ist, in dieses gastliche Haus einzukehren.
Als ich nun die Bäckerei verließ, sah ich die üblichen „Un-Verdächtigen“, die teils an mir vorbeieilten und Leute, die an allen Ecken des großen Platzes herumstanden.
Das waren zum einen die Hintz & Kuntz-Verkäufer, die, sich um Würde bemühend, ihrem Tagwerk, nämlich ihre Obdachlosen-Zeitungen zu verkaufen, nachgingen. Da stand der Fritz, ein ruhiger,
strubbelbärtiger Mit-Fünfziger, der einen seltsamen inneren Frieden ausstrahlte und der links von der Eingangstür vom kleinen Edeka-Supermarkt seinen Stammplatz hatte, von dem aus er seine Zeitungen zu verkaufen versuchte.
Und gegenüber, am Eingang des EKZ-Winterhuder Forum, der große Blonde, der mit seinem weißen, blauäugigem Husky den Leuten die Tür zum EKZ-Forum aufhielt, was er während des Verkaufs seiner Zeitung tat. Einige ältere Hausfrauen standen des Öfteren bei ihm, unterhielten sich und steckten ihm den einen oder anderen Euro als „Lohn“ dieser Tätigkeit zu. Dieser Mensch hatte eine merkwürdig autoritäre Art, sich in die Gesellschaft der Einkaufenden einzugliedern. Sein selbst erschaffener Job eines „Tür-Aufhalters“ schien ihm das Gefühl zu geben, irgendwie dazu zu gehören und etwas Nützliches zu tun, selbst wenn es nur das Türaufhalten war.
Als ich die Alsterdorfer Straße zurückging, immer noch einigermaßen wütend mit der abrupten Trennung von Linda beschäftigt, die mir ihr künftiges Fortbleiben von mir am Telefon erklärte, sah ich den bärtigen Computer-Typen, aus dem PC-Shop, der mir meinen Rechner verkauft hatte, mit jemandem, den ich nur vom sehen kannte, an einem vor einem Cafe stehenden Stelltisch gestikulieren. Ich wollte ihm ausweichen, doch schon sprach er mich an. „Hollyyyy! Wie geht`s!?“ Genervt gab ich zurück, daß ich „Stress“ mit einer Frau hätte, was zur Folge hatte, dass der Typ ihm gegenüber mich plötzlich feindselig musterte. Ich bot ihm von meinen Kirschen an, doch der guckte nur verächtlich zur Seite und sagte: „Ich darf nichts von Fremden annehmen:“ Aha, orale bis anale Phase, dachte ich noch und ging weiter.
Zu allem Überfluss kam mir auch noch dieser sehr simple Typ entgegen, dem ich vor ein paar Monaten ein Ansprechverbot erteilte. Der Grund dafür war, dass er sich einmal rassistisch und menschenverachtend äußerte, als ich, in seiner Gegenwart, meiner Empörung über ein wieder einmal gesunkenes Flüchtlingsschiff vor der spanische Küste Luft machte. Seine Antwort darauf war: „Alle ersäufen, dieses Pack, alle ersäufen!“ Ich drehte mich um und fragte „Was hast Du da eben gesagt?!“ „Alle ersäufen diese Neger. Was wollen die denn hier?!“ Ich versuchte ihm zu erklären, dass Afrika der rohstoffreichste Kontinent der Erde sei und dass er, seit der Kolonialisierung (Kolonialwaren!), von einigen europäischen Ländern immer nur versklavt und ausgebeutet worden wäre. Seine Antwort lautete wieder „Ersäufen alle ersäufen!“
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