1 ...7 8 9 11 12 13 ...18 »Mag sein«, bestätigte Susanne, erstaunt darüber, dass ihr die Beamtin das erzählte. »Ich höre heute zum ersten Male von den Umständen, die zum Tod führten.« Susanne ging auf, dass Claudia sie verdächtigte. »Meine Mädels sind zu jung für eine solche Tat. Sie würden die Verbrecher umbringen. Da bin ich mir sicher. Aber nicht so kaltblütig. Ich könnte es. Aber leider hatte ich diese grandiose Idee nicht. Eigentlich schade.« Sie schüttelte gewollt bekümmert den Kopf.
»Ich lass euch jetzt allein, weil ich tatsächlich noch einige Dinge erledigen muss. Ihr habt euch sicherlich noch einiges zu erzählen.« Sie ging nach oben zum Bad. Der Besuch von Kurts alter Bekanntschaft war ein Fingerzeig, das spürte sie. Claudia kannte den Ausdruck in Susannes Augen. Da war immer noch Angst und das nach Jahren. Aus dem Bericht der Frau ging zwar nicht hervor, wann sie vergewaltigt wurde, doch es musste einige Jahre her sein. Sie schüttelte die Gedanken ab. Nicht mal Pinkeln konnte sie ohne Arbeit.
*
Heute nahm Peter zum vierten Male an einem Konvent teil. Er gehörte zu den wenigen, die, die zweite Zusammenkunft überstanden. Es geschah vor vierzehn Tagen. Damals kamen noch sieben junge Männer. Den anderen wurde die Sache wohl zu brenzlig. Jetzt saß er mit drei weiteren Personen in einem kleineren Raum des Hauses, das er bisher noch nicht von außen gesehen hatte. Er besaß keine Vorstellung, in welcher Gegend er sich befand. Die anfängliche Vermutung in Richtung Eifel revidierte er. Dazu war das Gelände, durch das sie fuhren, zu eben. Der Motor des Fahrzeugs lief ruhig und bewältigte kaum Steigungen.
Während die jungen Leute warteten, sprachen sie nicht miteinander. Nicht, dass es einem Verbot unterlag. Es bestand nicht die Notwendigkeit zu einer Unterhaltung und wer wusste, ob sich ihre Wege noch einmal kreuzten.
»Guten Abend.« Stefan betrat den Raum und sprach, während er Platz nahm, weiter. »Das Ausleseverfahren ist abgeschlossen. Mein Name ist Stefan.« Er sah sie abwartend an.
»Peter«, sagte er nach einer kurzen Pause, als er realisierte, was der Lehrer von ihm erwartete.
»Bastian, Marko, Michael«, zogen die anderen nach.
»Kommt. Wir haben eine Kleinigkeit vorbereitet.« Er führte sie durch einen Flur zu einem anderen Zimmer, aus dem es köstlich duftete. Auf dem Tisch standen Gedecke für fünf Personen. Sie saßen kaum, als eine rundliche kleine Frau einen Servierwagen hereinschob, auf dem dampfende Schüsseln standen. Schweinebraten, Kartoffeln, Soße und verschiedene Gemüse.
»Darf ich vorstellen: Frau Heinrichs, unsere Perle. An sie könnt ihr euch mit allen Fragen wenden.« Er stellte sie vor, während die Frau freundlich lächelte, jedoch nichts sagte.
Sie speisten schweigend und hatten kaum die letzte Gabel in den Mund geschoben, da räumte Frau Heinrichs schon ab.
Stefan deutete auf eine Sitzecke im Raum. Sie setzten sich und sahen ihn erwartungsvoll an.
»Ihr seid also übrig geblieben. Habt ihr Fragen?« Er lächelte.
Sie schüttelten unisono den Kopf.
»Jetzt habt euch nicht so. Wir haben euch ausgewählt und ich wäre enttäuscht, wenn ihr keine Fragen habt.«
»Wo sind die anderen?«, fragte Peter.
»Selektion. Wir wollen nur die Besten«, antwortete Stefan lapidar.
»Aber wie? Es wurden weder Fragen gestellt noch Prüfungen durchgeführt.« Marko warf die Frage und Bemerkung ein.
»Die Fragen, die nicht gestellt wurden, sind entscheidend. Glaubt mir, ihr seid die Besten.«
»Was geschieht jetzt weiter?«, wollte Peter wissen.
»Wir pauken in der nächsten Zeit die ungeschriebenen Regeln. Ich gehe davon aus, dass ihr das Regelwerk, das der Gesetzgeber vorgibt, studiert habt.« Er wartete die stumme Bestätigung ab. Er griff blind hinter seinen Sessel und zauberte vier Briefumschläge hervor. »Hierin ist der Zugangscode zu unserem Konventhaus.« Er reichte jedem eine Briefhülle. »Merkt euch die zwölfstellige Zahl und vernichtet das Papier. Die Schließanlage ist so konzipiert, dass sie mehrere Tausend unterschiedliche Zutrittsberechtigungen verwalten kann. Und nicht nur dies. Jeder Zugang wird protokolliert. Ihr könnt jederzeit in dieses Haus kommen und studieren oder was ihr sonst tun wollt. Weiblichen Personen und anderen ist der Zutritt nicht gestattet. Zumindest nicht, bei dem Status, den ihr im Moment innehabt. Die Adresse dieser Zuflucht kommt nie über eure Lippen. Über alles, was hier oder in unserer Verbindung geschieht, fordern wir absolutes Stillschweigen, auch gegenüber euren Eltern, Freunden und Freundinnen oder Frauen. Damit ihr seht, dass ihr eine gute Wahl getroffen habt, ist hier euer Begrüßungsgeschenk. Geschenk ist der falsche Ausdruck, denn ihr werdet, wenn ihr später in eurem Beruf steht, alles zurückzahlen.« Er zauberte, wieder hinter dem Sessel, vier DIN A5 Mappen hervor, die er an die jungen Männer weiterreichte. »Draußen stehen vier Autos, in der Farbe, die die Ordner haben. Sie sind auf eure Namen zugelassen. Sie gehören euch. Nun zum letzten Beitrag heute. In den nächsten Tagen gehen euch Verträge und Schlüssel zu neuen Wohnungen zu. Diese werdet ihr beziehen. Wir sorgen für unsere Mitglieder. Eine lebenslange Freundschaft hat begonnen.« Stefan reichte jedem die Hand zu einem festen Händedruck und verließ das Zimmer.
»Das ist ein Ding«, meinte Michael, »wenn wir das nicht mal bereuen.«
»Positiv denken«, sagte Bastian. »Mit allem hätte ich gerechnet … nur damit nicht. Das heißt, wir haben ein Stipendium.«
»So würde ich es nennen.« Peter stand nachdenklich auf. »Stipendien verpflichten für den Geldgeber. Wenn ich es richtig verstanden habe, sind wir jetzt auf Lebenszeit gebunden.«
Seine drei Mitstreiter nickten beklommen. Was mochte sie erwarten?
*
»Du hast dieser Kripotante von unseren Recherchen erzählt?« Gerlinde reagierte empört. »Du bringst uns alle in Gefahr, ist dir das klar?«
»Die Kriminalbeamtin machte mir den Vorschlag zusammenzuarbeiten. Ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, ob es die richtige Entscheidung wäre. Doch ich vertraue dieser Frau, aus irgendeinem Grund.« Susanne langte am Ende ihres Vortrags an. Sie überging Gerlindes berechtigten Einwand. Was brachte es jetzt noch, kleine Brötchen zu backen.
Fünf junge Frauen lauschten während der vergangenen Minuten gespannt. Sie trafen sich in der Regel, alle vierzehn Tage donnerstags in einem Raum, den Susanne, neben ihrer Firma angemietet hatte. In den vergangenen Monaten kam ein ansehnlicher Berg Papier zusammen, der fein säuberlich sortiert in offenen Holzregalen lagerte.
»Mir ist es gleich, ob die Polizei von uns weiß. Doch egal, wie es kommt, ich will keine Gerechtigkeit. Ich will die Schweine leiden sehen.« Sabrina, eine der jungen Frauen, die zu Gerlinde in die Frauensprechstunde an der Hochschule kam, ergriff das Wort. »Ich bin bei der Polizei gewesen. Nachdem ich die erniedrigenden Untersuchungen überstanden und Anzeige gegen unbekannt erstattet hatte, habe ich nichts mehr gehört. Das geschah vor zwei Jahren. Glaubt ihr, die interessieren sich tatsächlich für uns?«
»Du hast nie gesagt, dass du Anzeige erstattet hast.« Gerlinde sah sie fassungslos an.
»Weshalb auch. Es lohnte nicht. Ich bin gegen eine Zusammenarbeit.«
»Ich muss mir das noch einmal durch den Kopf gehen lassen.« Petra kniff die Augen zusammen, ein nervöses Leiden unter dem sie seit dem Verbrechen an ihr, litt. »Außerdem finde ich es reizvoll, unsere Ergebnisse mit denen der Polizei zu ergänzen.«
»Ich stimme Petra zu.« Beate hob die Hand. »Ich will mehr über die Morde erfahren. Das Pimmelchen auf den Boden genagelt. Einfach super. Genial.« Sie lachte glucksend.
Die anderen nickten und kicherten.
»Petra kannst du damit leben?«, fragte Susanne.
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