Nach einem langen Arbeitstag, der früh begonnen und sehr spät geendet hatte, schloss Hannah müde und zufrieden die Wohnungstür auf. So manche Überraschung hatte sich bei den Recherchearbeiten noch ergeben und sie zum Grübeln gebracht. Aber das Wichtigste war, dass sie ihre selbstgesteckten Ziele erreicht und damit den Weg zu einem entspannten Abend geebnet hatte. Sie entschied sich, es sich richtig schön kitschig, mit einem Buch und ein paar Kerzen in der Badewanne gemütlich zu machen. Die Badewanne war bei der damaligen Wohnungsbesichtigung neben den Holzdielen und den hohen Decken das i-Tüpfelchen gewesen, warum sie unbedingt die Wohnung hatte haben wollen. Ihren gesamten weiblichen Charme hatte sie spielen lassen, mit dem Ergebnis, dass sich der Makler tatsächlich aus der Vielzahl von Bewerben für sie entschieden hatte. Sie erinnerte sich genau, wie die Zusage ihrem weiblichen Ego damals einen gewaltigen Schub nach vorne verpasst hatte. Jetzt setzte die Badewanne bereits Staub an und wurde entgegen aller guten Vorsätze viel zu selten genutzt. Genau wie die Badekugeln, die sich noch irgendwo in der letzten Ecke des Badezimmerschrankes befinden müssten. Hannah warf als erstes die Kaffeemaschine an und klaubte dann ihre in der Wohnung verteilte Wohlfühlgarderobe zusammen. Im Vorbeigehen sah sie die CD von Twentyfour. Sie könnte sie ja mit ins Bad nehmen und in den dortigen CD-Spieler legen, falls sich herausstellen sollte, dass sie zum Lesen zu müde wäre. Die Kaffeemaschine machte ihr altbekanntes Getöse und sorgte gemeinsam mit dem aufsteigenden Duft für eine seltsame Form von Behaglichkeit.
Schließlich waren Badewanne und Kaffeetasse gefüllt und wohl temperiert, die Kerzen brannten, die Badekugel sprudelte, das Buch lag parat und auch die CD war für den Notfall eingelegt. Hannah streifte ihre Arbeitskluft vom Körper und hielt den großen Zeh testweise ins heiße Wasser, um nach kurzer Überwindung mit dem ganzen Körper einzutauchen. Der leichte Vanilleduft der Badekugel mischte sich mit dem aufsteigenden Duft des Kaffees. Genießerisch schloss sie die Augen, unmittelbar davon überzeugt, sie nicht so schnell wieder öffnen zu wollen und zu können. Also tastete sie sich mit der noch trockenen Rechten zum erhöht stehenden CD-Spieler und drückte auf Play . Mit einsetzendem Gesang war Hannah wieder, wie bereits am Vorabend, völlig gefangen von der warmen Stimme, die sie unmittelbar ins Herz traf. Aber heute war sie positiv gestimmt, besser vorbereitet und konnte es durch und durch genießen, wie die Musik ihre Seele davontrug und zum Spielball der Harmonien wurde. Eine perfekte Symbiose aus Wärme, Duft, Musik, Kerzenschein und Erfolg. Hannah reizte das Bad bis zum äußersten aus und erst das erkaltende Badewasser und ihre aufgeweichte Haut konnten sie dazu veranlassen, ihre selbstgeschaffene Wohlfühloase zu verlassen.
Hannahs zerschlissener grauer Kapuzenpullover schmiegte sich an ihren gereinigten, wohlriechenden Körper wie eine zweite Haut. Unvorstellbar, dass es jemals anders gewesen sein könnte. Mit dem Buch unterm Arm und der aufs Neue gefüllten Kaffeetasse huschte sie zu ihrem Biedermeiersofa und kuschelte sich gemütlich in ihre Wolldecke. Die gedimmte Bogenlampe aus der gegenüberliegenden Ecke erhellte den Raum nur so weit, dass Hannah die Wörter in ihrem Buch noch gerade ohne allzu große Anstrengung lesen konnte. Unmittelbar tauchte sie in die Romanwelt ein und erlebte gemeinsam mit der Protagonistin das, was man bedingungslose Liebe nennt. In der Hoffnung sie schon bald in ihrem richtigen Leben selbst erleben zu dürfen, legte sie schließlich das Buch an die Seite.
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