Der Blick auf diese größere, das ganze All umfassende wahre Wirklichkeit wird auch von falschen Theorien und Dogmen verstellt, wie wir hörten. Zu diesen falschen Dogmen gehört nach den beiden Frauen die kirchliche Sicht Jesu . Auch sie selbst seien ja in dieser Sicht eingesperrt gewesen. Deshalb seien sie so erstaunt gewesen, dass nach dem Tod „alles anders war, als wir es erwartet hatten. In welch einer seltsamen Welt befanden wir uns eigentlich und weshalb empfing uns Jesus nicht? Wer war das strahlende Wesen, das uns beide bei unserer Heimkehr willkommen hieß? Warum glich es von Angesicht nicht ihm, den wir zu sehen gehofft hatten? All dies war sehr verwirrend, wenn auch nicht wirklich beunruhigend. Es war eher erstaunlich als erschreckend, und wir, der Bande noch nicht ledig, in denen unser Gemüt so lange gefangen gelegen hatte, ließen uns treiben, immer in der Hoffnung, den versprochenen Himmel noch zu finden. Zunächst einmal gab es keine Engel, nur herrliche flügellose Wesen, die von innen her leuchteten. Und wir begriffen sehr bald, dass uns keinerlei Gericht bevorstand. Wir waren bereits gerichtet und befanden uns in Sphären von unbeschreiblicher Schönheit. Da gab es Wesenheiten … die nicht unserem Glauben angehörten, der unseres Wissens doch der alleinseligmachende war. Sie waren offensichtlich keine Christen, strahlten aber dennoch etwas aus, das viel tröstlicher war, als was von jenen ausging, die sich noch immer und mit Mühe einer überwältigenden neuen Realität anpassen mussten“.
Überhaupt „entspricht der Christus, den sich das Christentum angeeignet hat, keinerlei Realität, eine Heilige Dreifaltigkeit z.B. gibt es nicht; das ist eine der vielen Erfindungen des Christentums“. Zwar gebe es ein „höchstes Individuum“, das aus dem universalen Zentralsein emaniert sei, dieses Individuum könne man natürlich auch Jesus, Krishna oder sonst wie nennen, aber in Wirklichkeit „gehört es keiner Religion ausschließlich an“. Was den historischen Jesus betreffe, so ist nach Theresia von Avila „die Substanz seiner Lehren schon so entstellt, dass sie in den Händen einer Clique zu einem starken Druckmittel geworden ist, womit man die Wenigen, die tapfer genug waren, selbstständig zu denken, und zugleich die Vielen, die zu ihrer Verteidigung weder Witz noch Waffen besaßen, erfolgreich terrorisierte.“
Auch der Gott, den die Kirche verkünde, ist tot. Der „tote Gott“ der Kirche habe „sich in eine Dreifaltigkeit verwandelt und eine Welt beherrscht, der alles abging, was man im Namen von Barmherzigkeit, Logik und gesundem Menschenverstand hätte erwarten dürfen“. Die Kirche verkünde eine Lehre, „die Mensch und Universum zu einer Art Episode reduziert hatte, die zwar plötzlich beginnt, sich dann aber in alle Ewigkeit fortsetzen sollte“. Einem „reiferen Denken“ ist der „Gedanke eines plötzlichen Beginns recht fremd“.
Soweit die Botschaften der beiden Heiligen aus dem Jenseits. 105Sie bestätigen im Großen und Ganzen die Grundaussagen dieses Kapitels und die Verfehltheit aller Gottesbilder.
Kann dieses Gottes- und Weltbild, wie es sich hier aufgrund der Aussagen Jenseitiger oder von Menschen mit Nah-Tod-Erfahrung herauskristallisiert hat, vor dem Forum kritisch-philosophischer Vernunft Bestand haben? Ich versuche im Folgenden anzuskizzieren, was den Kriterien dieser Vernunft zumindest nicht zuwiderläuft:
Am Anfang war nicht Gott, am Anfang war auch nicht das Wort (wie es das Johannesevangelium behauptet), am Anfang war aber auch nicht das Nichts. Vielmehr war am Anfang, genauer: seit Ewigkeit das anfangslose Sein, ein unentfaltetes, unentwíckeltes Etwas, das aber potentiell alles enthielt, was entstehen und werden sollte: Geist und Materie, Intelligenz und Schönheit, Güte und Würde, jedoch auch alle Möglichkeiten zum Bösen, zu Hochmut und Aggression, Rivalität und brutalem Existenzkampf, zu Zerstörungswut und Vernichtungssucht. Mit der Zeit schälten sich aus dieser »Ursuppe« aller verwirklichbaren Möglichkeiten Götter, Geister und Dämonen heraus, schließlich auch biologische, materiebehaftete Lebewesen, die auf unserem Planeten eine Evolution, einen mutations-selektions-bedingten Aufstieg zu immer höheren Daseinsformen, bis schließlich zum Menschen durchmachten.
Nur ein solches universal-evolutionäres Weltbild, wie ich es hier andeutungsweise umrissen habe, kann das Übel im Universum erklären: die Tatsache, dass neben Perfektem, das in wunderbarer Vielfalt in ihm ausgebreitet ist, auch Imperfektes, Wertwidriges und Sinnloses zur Realisierung gelangte; dass es das evolutionäre Gesetz des Fressens und Gefressenwerdens, den überaus grausamen Daseinskampf aller gegen alle gibt als Gegenstück zu all den herrlichen positiven Phänomenen in Pflanzen- und Tierwelt, wie es die kommunikativen. sympathetischen, symbiotischen, ästhetischen Einrichtungen und Erscheinungen bilden.“ 106
Ein von vornherein allmächtiger, allwissender, allgütiger Gott vermag das Problem des Übels in der Welt, des unendlich grausamen Leidens seiner Geschöpfe nicht zu lösen. Er ist entweder allmächtig, dann ist er grausam, wenn er dieses Leid bewirkt oder zulässt (wobei solches Zulassen angesichts seiner Allmacht und universalen Erstursächlichkeit auch eine Art von Bewirken wäre); oder er ist allgütig, dann ist er nicht allmächtig, weil er in und trotz seiner Güte nicht die Macht hat, das Übel zu verhindern. An diesem Theodizee-Problem, dem Problem der Unvereinbarkeit von Gottes Allmacht mit dem Übel in der Welt, scheitern alle monotheistischen Gottesbilder. Einen allmächtigen Gott als anfangslosen Anfang allen Weltgeschehens kann es schon deshalb nicht geben, weil auch er sich nicht aus dem Nichts ins Dasein katapultieren könnte, somit sich also quasi zufällig vorfände, seinen eigenen Ursprung nicht im Griff hätte. 107
In gewisser Weise „allmächtig“ ist nur der alle Potenzen des Weiteren Welt-Verlaufs enthaltende »Urnebel«, jenes anfangslose Seinspotential, das in langsam-allmählicher Fortentwicklung alles individuelle Seiende aus sich emanierte und eben auch unsere Unsterblichkeit ermöglicht, weil sie von vornherein in diesem Ursein angelegt ist und wir ein Teil von ihm sind.
Sechstes Kapitel
Rätselhafte Phänomene und überdimensionale Fähigkeiten in Menschen und Tieren
Das jetzige Kapitel sollte keiner lesen, der fest und unbeirrbar davon überzeugt ist, dass es nichts gibt außer dem sinnlich Feststellbaren. Alle anderen aber wird das Folgende zumindest intensiv zum Nachdenken anregen. Eine Unmenge rätselhafter, geheimnisvoller Phänomene ist uns aus der Vergangenheit überliefert, eine nicht geringere Menge passiert Stunde um Stunde auch heute noch, dringt aber im Allgemeinen nicht ins öffentliche Bewusstsein, weil dieses dem Vorurteilskodex des Zeitgeistes folgt. Es ist im Rahmen eines noch so langen Kapitels völlig unmöglich, alle diese Phänomene aufzuzählen, geschweige denn zu schildern. Das Folgende ist also eine Auswahl, und ich bin nicht einmal sicher, dass ich aus der fast unübersehbaren Menge rätselhafter Erscheinungen und Ereignisse immer die frappantesten und brisantesten ausgesucht habe. Aber auch die weniger erstaunlichen Phänomene sind an sich noch imstande, unser enges, in den fünf Sinnen eingesperrtes Normalbewusstsein zu erschüttern und es auf diese Weise vielleicht sogar für eine neue, größere Wirklichkeitssicht zu öffnen.
Ich selbst begegnete rätselhaften Phänomenen in meinem persönlichen Leben zum ersten Mal, als ich als junger Priester einen Confrater in einem Nonnenkloster zu vertreten hatte. Die Nonnen dort erzählten mir, was ich zunächst gar nicht glauben wollte, dass bei ihnen ein alter Herr wohne, der Dinge sehe, die mit unseren fünf Sinnen einfach nicht erfassbar seien. Er habe ihnen z.B. genau den Ort genannt und auch aufgezeichnet, wo sie bzw. ihre Vorgängerinnen während des Zweiten Weltkrieges ihren Schmuck, ihr Gold und Silber vor den Nazis versteckt hatten. Sie selbst hatten den Ort dieses Verstecks längst vergessen und konnten es trotz intensiver Suche nicht wiederfinden. Die Nonnen waren darüber so dankbar, dass sie den alten Herrn, der völlig mittellos war, bei sich aufnahmen und in einem Privatzimmer innerhalb ihres Klosters wohnen ließen.
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