An der rechten Wand stand das Bett mit weiß lackiertem schmiedeeisernem Kopf- und Fußteil. Daneben ein Nachttisch, ebenfalls weiß lackiert, mit einer rosafarbenen Marmorplatte. Ebenfalls weiß war der Kleiderschrank gegenüber. Ein kleiner Sekretär und Korbsessel komplettierten die Einrichtung.
An den Wänden hingen zwei kleine Aquarelle, eine Heidelandschaft, ausgefahrener Sandweg, gesäumt von schlanken Birken, und eine Dünenlandschaft, eine Wanderdüne, wohl in Hinterpommern, die ein Dorf verschluckt hatte. Nur der Kirchturm und die Wipfel einiger Kiefern ragten aus dem Sand. Golden angestrahlt, wirkte das Bild ungeheuer friedlich und ließ nichts von dem aussichtslosen Kampf der Dorfbewohner ahnen.
Über der Zimmertür hing natürlich das Hitlerbild. Unter dem Schutz des Führers tritt man in den Raum und verlässt ihn, dachte Elisabeth.
Neben dem Schrank hing ein ovaler Spiegel in weißem Rahmen.
Durch die ungewöhnlich großen Mansardenfenster hatte man einen herrlichen Blick auf den Park. Helle Gardinen mit kleinen Röschen schützten den Raum vor der Nachmittagssonne.
„Diese Tür hier“, unterbrach Gertrud die Stille, „führt in Ihr Badezimmer“.
Sie öffnete die Tür, und sie standen tatsächlich in einem kleinen Badezimmer, mit einem WC, einem Waschbecken und einer Badewanne.
Elisabeth konnte so viel Luxus nicht fassen. Und das für eine kleine Haushaltshilfe.
„Hat der Chef erst vor kurzem einrichten lassen“, sagte Gertrud mit einem vielsagenden Blick, den Elisabeth sich nicht erklären konnte.
„Und wer wohnt sonst hier?“, fragte sie.
„Niemand. Die Köchin kommt morgens und geht abends. Außer wenn Möllers eine Gesellschaft geben. Dann geht sie erst nach dem Abendessen. Sie werden also von niemandem gestört. Hier oben.“
Gertrud führte Elisabeth durch die obere Etage. Alle Räume waren groß, hell, luxuriös eingerichtet. Erstaunlich fand Elisabeth, dass die Eheleute getrennte Schlafzimmer hatten. Aber bei dem Beruf ihres neuen Arbeitgebers war das vielleicht verständlich. So störte er seine Frau nicht, wenn er erst spät in der Nacht nach Hause kam oder das Haus verlassen musste. Vielleicht schnarchte er auch, und man hatte sich auf gelegentliche Besuche geeinigt, die dann ganz der Fortpflanzung gewidmet waren, wie Elisabeth vermutete.
Das Kinderzimmer war, wie sie es erwartet hatte, nur etwas teurer möbliert.
Auffällig war das Spielzeug. Kuscheltiere suchte Elisabeth vergebens. Überall nur militärisches Spielzeug. Panzer und Militärlaster aus Holz, Bleisoldaten und Geschütze waren in einem Regal aufgereiht. Nichts lag auf dem Boden. Man hatte den Eindruck, hier wurde nicht gespielt.
Gertrud sah Elisabeths fragenden Blick.
„Ja, er ist zwei Jahre alt. Da spielt man noch nicht mit Soldaten. Aber Herr Möller meint, es ist besser, die Jungen lernen rechtzeitig ihre Aufgabe im späteren Leben kennen.“
Ein Geräusch unterbrach die Frauen in ihren Betrachtungen. Eine schwarze Limousine war vor dem Portal vorgefahren. Der Fahrer sprang heraus, öffnete einem Mann in SS-Uniform den hinteren Wagenschlag und salutierte.
„Das ist er“, sagte Gertrud. „Lass uns nach unten gehen. Er wird dich sicher bald sehen wollen.“
Erst jetzt fiel Elisabeth auf, dass sie geduzt worden war. Wenn das hier so üblich war, sie hätte nichts dagegen.
Sie betraten die Halle durch einen kleinen Raum, der an die Küche und den Hauswirtschaftsraum angrenzte. Elisabeth staunte.
Die Halle war gigantisch. Gewaltige Kristalllüster hingen von der Decke herunter. An den Wänden drängten sich großformatige Portraits von irgendwelchen Männern und Frauen, mit denen Elisabeth aber nichts anfangen konnte. Nur zwei kannte sie, das von Hitler und das von Friedrich dem Großen.
Die Möblierung war sparsam, aber geschmackvoll. Außer zwei Kommoden Louis Seize stand in dem riesigen Raum nur eine Sitzgarnitur, auch aus der Zeit.
Eine zweiflügelige Tür führte zu dem angrenzenden Salon.
Gertrud Polenz klopfte, und nach wenigen Augenblicken ertönte ein lautes „Herein“.
Alles in diesem Haus schien gewaltig zu sein. Die riesigen Vitrinenschränke reichten fast bis an die Decke. Sie waren gefüllt mit Porzellan, nicht Elisabeths Geschmack, aber wertvoll war es sicher.
Das Ehepaar Möller saß in der Sofaecke und schien gelesen zu haben. Der ‚Völkische Beobachter’ lag auf dem Tisch, als hätte man gerade die Lektüre unterbrochen und wollte sie gleich wieder fortsetzen.
Immer wieder hatte sich Elisabeth überlegt, wie sie die Möllers begrüßen sollte. Mit dem ‚Deutschen Gruß’, wie man es bei Nazi-Größen besser tun sollte, oder mit einem Knicks, der ihr in ihrer Stellung angemessener vorkam. Sie war noch zu keinem Entschluss gekommen, doch nun musste sie handeln.
Sie machte einen Knicks. Und wurde über und über rot.
„Ich habe Ihren Lebenslauf und Ihre Ahnentafel gelesen. Klingt alles ganz positiv. Frau Polenz hat Ihnen sicher schon alles gezeigt und Sie mit Ihren Aufgaben vertraut gemacht.“
Damit war das Gespräch beendet.
Heinrich Möller widmete sich wieder der Zeitung.
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