Irgendwann waren sie mit der Wühlerei endlich durch. Und was musste ich sehen, nachdem ich die beiden mal ein paar Stunden unbeaufsichtigt im Garten gelassen hatte? – Wasser. Das ganze Loch war voller Wasser. Ich dachte, das sei ein Versehen – Rohrbruch, biblische Sintflut, irgendwas in der Richtung. Aber nein. Die beiden waren auch noch verzückt von dieser gigantischen Pfütze und nannten sie „Teich“.
Nicht genug, dass ich mich seither an der Hauswand entlangdrücken muss, um in den noch verbliebenen Teil des Gartens zu kommen – und selbst das unter starker Verringerung meines sonstigen Sicherheitsabstands zu solchen Tümpeln, denn zwischen Teich und Hauswand liegen höchstens drei Meter. Nein, ich durfte auch noch wochenlang die ständige Nerverei von Frauchen und Herrchen ertragen, die regelmäßig versuchten, mich an das Ufer dieser nassen Unsäglichkeit zu locken und mir mit Leckerchen und gutem Zureden die ewige Rumhängerei auf dem neuen Mini-Sonnendeck am Teich schmackhaft machen wollten. Aber nicht mit mir – ich blieb hart. Im Ernst jetzt: Die spinnen doch.
Als es gegen Ende des Frühlings kühler wurde und Frauchen ihre Angewohnheit, draußen am Teich zu schreiben, vorübergehend aufgab, atmete ich auf.
Doch es kam noch schlimmer. Es wurde nicht nur kühl. Es wurde nass. Es regnete. Und das nicht nur einen Tag oder zwei. Nein, es regnete sieben lange Wochen. Ich erwähnte bereits, dass ich bei solchen Gelegenheiten jegliches Verlassen des Hauses strikt verweigere. Ich erwähnte nicht, dass dem der Dickschädel von Frauchen entgegensteht, die der fragwürdigen Ansicht ist, dass ich Bewegung und frische Luft brauche. Bei jedem (!) Wetter.
Und weil die Wasserberieselung von oben einfach nicht aufhörte, wurde ich gegen meinen Willen nach draußen gezwungen. Bei Regen. Mehrfach. Über Wochen.
Es war grauenvoll. Das Wasser war überall. Zwischen meinen Zehen, hinter meinen Ohren. Ich sage Ihnen: Wäre ich geschwommen – was mir selbstverständlich fern liegt –, ich hätte nicht nasser sein können.
Als ich schon kurz davor stand, den bislang unbekannten Evolutionsschritt vom Mops zur Amphibie in der rekordverdächtigen Zeit von nur zwei Monaten zu vollziehen, klarte es endlich auf. Die Sonne kam wieder raus. Und angesichts der erschütternden Erlebnisse der letzten Wochen kam mir selbst die Aussicht darauf, dass wir nun wieder am Teich sitzen würden, wie Urlaub vor.
Aber nein. Es wurde nicht warm. Es wurde heiß. Sie wissen schon: die Art von heiß, bei der Menschen die Nähe des Wassers geradezu suchen.
Irgendwer oder irgendwas ist bei uns seither immer nass – sei es, weil die Blumen gewässert werden müssen (was unschöne Pfützen überall auf den Steinplatten im Garten hinterlässt), weil irgendwer mit patschnassen Füßen durch die Gegend marschiert, nachdem er sich selbige im Teich gekühlt hat, oder weil die neue Gartendusche einfach nicht oft genug benutzt werden kann.
Sie sehen, mein Mops-Leben gleicht aktuell einem Alptraum. Der einzige Lichtblick in dieser für mich düsteren Zeit war bislang die Aussicht darauf, dass wir irgendwann in den Urlaub fahren. Es kann ja nur besser werden, dachte ich. Bis ich erfuhr, wo es hingehen soll. Natürlich: ans Meer.
Ich bin verzweifelt. Sollten Sie jemanden kennen der – sagen wir mal – in einer Berghütte wohnt, in einer Region mit gemäßigten Temperaturen und wenig Niederschlag, fernab von Seen, Teichen und Bächen, ohne Gartenschläuche, -duschen, Planschbecken und sonstige Inkarnationen des Bösen, bitte: Lassen Sie es mich wissen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass ich diesen geplanten Meerurlaub noch irgendwie abwenden und Frauchen und Herrchen für ein anderes Ziel begeistern kann.
Vielleicht ist ja irgendwo in einer ausgedienten Bärenhöhle noch ein Plätzchen für uns frei. Bären sollen für gemütliche und – vor allem – trockene Plätze ein hervorragendes Gespür haben, habe ich gehört. Mal schauen, ob so was unter den Apartment-Vermietungen im Internet zu finden ist – ich bleibe dran.
Mehr nächste Woche.
Mit mopsigen Grüßen,
Ihr Eddie

4. Verbannt von Tisch und Bett
Tag auch.
Neulich lief im Fernsehen wieder eine dieser Hunde-Erziehungs-Shows. Ich habe ja immer totales Mitleid mit meinen Kumpels, wenn ich so was sehe. Ich meine, mal ernsthaft: Wenn die Glück haben, läuft es ja noch halbwegs gut und sie werden mit Unmengen von Leckerchen vollgestopft, um irgendwas total Simples zu machen. Sich hinzusetzen, zum Beispiel. Ich kriege für so was ja keinerlei Bonus-Häppchen. Überhaupt geizt Frauchen damit ganz schön rum, weil sie meint, auf meine Linie achten zu müssen. Völliger Blödsinn. Ich bin überhaupt nicht dick – mein Fell ist einfach nur zu groß für meinen schlanken Körper.
Jedenfalls verstehe ich nicht, was dieser ganze Erziehungskram überhaupt soll. Ehrlich: Inzwischen kenne ich Hunde, die an einer profunden Identitäts-Störung leiden, weil sie Worte wie „Nein!“ oder „Aus!“ zehnmal häufiger zu hören kriegen als ihren eigenen Namen…
Davon mal ganz abgesehen, sind ja die meisten der bedauernswerten Kollegen, denen so ein Erzieher auf den Hals gehetzt wird, schon längst erwachsen. Wie fänden Sie das, wenn da nun plötzlich jemand anfinge, permanent an Ihnen rumzumäkeln?
Übertragen wir das Ganze doch mal auf Sie – ja, genau, Sie : Jahrelang haben Sie sich abends beim Fernsehen nach Herzenslust auf dem Sofa breitgemacht und im Bett ganz selbstverständlich ein eigenes großes Kopfkissen nur für sich beansprucht. Beim Abendessen haben Sie stets gern noch einen Nachschlag genommen und sich tagsüber im Garten regelmäßig mit dem Nachbarn in den Haaren gehabt, weil der seinen Müll viel zu nah an Ihrem Zaun abstellt. Und kein Schwein hat was dagegen gesagt. Alles paletti.
Und dann, von einem Tag auf den anderen, marschiert da irgendein Fremder ins Haus und will Ihnen verklickern, dass der Hase jetzt anders läuft. Sofa und Bett sind für Sie ab sofort tabu, und wenn Sie einen Film oder Ihre Lieblingsserie gucken wollen, müssen Sie das vom harten Steinfußboden im Wohnzimmer aus tun. Pennen? – Klar, neben dem Bett, bitteschön.
Mit dem Nachbarn dürfen Sie sich auch nicht mehr streiten – völlig egal, was er macht. Und wenn er eine ganze Mülldeponie direkt vor Ihrem Gartenzaun platziert oder das Zeug gleich auf Ihren Rasen schmeißt: Sie haben hübsch freundlich zu lächeln und die Klappe zu halten. Und Essen? Drei regelmäßige Mahlzeiten am Tag? – Nix da. Essen fällt aus. Essen gibt es nur noch in winzigen Häppchen – und zwar immer dann, wenn Sie auf Befehl irgendwas richtig machen. Sich auf Kommando flach auf den Boden legen zum Beispiel (wofür eigentlich?). Oder in völligem Schweigen und Nichtstun verharren, falls es an der Tür klingelt. Geben Sie’s zu: Wenn das bei Ihnen einer versuchen würde, würden Sie ihn ja auch fragen, ob er noch ganz sauber tickt, oder?
Manchen Hunden erlaubt man ja ohnehin auch nicht die allergeringste Kleinigkeit. Zum Beispiel hab ich schon gehört, dass einigen sogar verboten wird, an Menschen hochzuspringen. – Hallo?! Ich meine: Nehmen Sie mal mich. Ich habe eine Schulterhöhe von ungefähr 32 Zentimetern, so mehr oder weniger. Können Sie mir vielleicht mal sagen, wie ich an Frauchens Hände kommen sollte, um zu sehen, ob sie da was zu essen drin hat, ohne an ihr hochzuspringen? Soll ich mir Flügel wachsen lassen und elfengleich in die Lüfte schweben oder wie?
Na, also. Sie sehen nun hoffentlich, dass dieser ganze Erziehungswahn selbstverständlich völliger Quatsch ist. Das muss ich jetzt nur noch Frauchen verklickern. Die kriegt nämlich auch immer so einen seltsam bestimmten Gesichtsausdruck, wenn im Fernsehen eine dieser Sendungen läuft. Und manchmal flüstert sie dann mit Herrchen und wirft mir komische Seitenblicke zu. Ich ahne Schreckliches.
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