Hätte da so einige Ideen, aber die erscheinen mir einseitig.
Beschäftige mich erstmal mit Lieblingsbüchern, Filmen, TV und so.
Muss mich um meine Wandererbriefchen kümmern, doch der Tag ist irgendwie schon lange wieder um.
Bin Single und arbeitslos, also betrachte ich meinen Wecker erstmal nur als Uhr und schlafe morgen in den Tag.
Gedanken über Susu begleiten mich in den Schlaf.
Meine Bäckerin Fräulein Simone und Lydia vom Amt kamen dann später noch in meine Traumwelt.
Werde meine Träume mal aufschreiben – natürlich nicht solche.
Mein Morgen begann zur Mittagszeit und der Tag schien irgendwie mein Freund zu werden.
War einiges zu tun.
Was war denn draußen im Garten los?
Schau an, ein Gärtner krabbelt in den Büschen rum und sammelt unter anderem meine Grillreste des Sommers ein.
Dachte bei meiner Entsorgung zwar mehr an natürliche Verwesung, doch weg ist weg.
Gefällt mir, dass vor Winterbeginn noch mal alles durchgeforstet wird.
Wie der sich durch die Büsche schlängelt ist schon fast elegant für einen Kerl.
Ob ich mal Hallo sage!?
„Lust auf ein Bierchen?“
„Immer“ sagte er.
Er schnibbelte noch da und dort und begab sich dann zu mir auf die Terrasse.
'Ne Gärtnerin, schau an.
Sie wirkte irgendwie knubbelig in ihrem Dress, doch wenn schon jemand auf meiner Terrasse war, konnte man auch was quatschen.
Sie erklärte mir direkt, dass sie nur ein wenig Deutsch sprach und aus Australien käme, so ein Studi –Austauschding.
Obwohl ich im Englisch nicht so trainiert war, quatschten wir munter drauf los. Sie war 27 und kam aus Sydney. Und sie krabbele in unserem Gemeinschaftsgarten, weil sie über das Internet einen Ferienjob bei der zuständigen Gärtnerei Grömer angenommen hatte.
Der Tag wechselte fast unbemerkt in den Abend. Unser Bier wurde zu Wein und um uns herum sammelten sich, wie von selbst, Kerzen an. Ich erzählte ihr von meinem katastrophalem Urlaub auf Malle, meinem tollen Geburtstag und von Susu. Zum ersten Mal bemerkte ich, dass mein Urlaub im nach hinein eher komisch und amüsant war. Wir lachten und scherzten über Dinge, die ich bis jetzt nicht lustig fand. Sie erklärte mir, dass sie morgen gegen 18 Uhr wieder nach Sydney flöge und sie eigentlich schon längst in ihrer Unterkunft seien wollte. Zwei Monate war sie in Europa unterwegs und nun seit drei Wochen hätte sie ein Zimmer bei ihrem Onkel. Sie wolle aber noch was bleiben und fragte mich, ob es mir was ausmachen würde, wenn sie bei mir mal eben duschen würde. Das waren Probleme, die ich nicht
kannte!
Als sie ihren Arbeitsanzug auszog, war schnell klar, dass nicht sie knubbelig war, sondern der Anzug.
Ich verstummte, obwohl ich nichts sagte, denn was da aus diesem Anzug krabbelte, war etwas, was den Körperwelten-Strand in Malle hätte erblinden lassen.
Sie trug ein verknittertes schwarzes Kleidchen unter ihrem Knubbelanzug, doch trotz allem saß es an ihr wie eine zweite Haut.
Obwohl ich sie ansah, bemerkte ich nur visuell dass sie mit mir sprach. Ich kam zurück in die Welt der Hörenden und verstand Handtuch. Ja, ein Handtuch und nicht gucken - klar.
Es wäre auf der Terrasse etwas kühl geworden und ich solle den Wein und unsere Gläser und so reinbringen und Musik wäre nicht schlecht.
„Ja, klar, mache ich, und wie ist es mit Hunger, hast du Hunger?“ fragte ich sie. Sie lachte und wies auf ihre Ohren. Etwas verunsichert, aber doch deutlich, wiederholte ich das auf Englisch.
Sie drehte keck auf der Stelle und verschwand mit dem Handtuch und ihrer Sporttasche im Bad.
Ich machte mich an meine Aufgaben und brachte unsere Gläser, die Kerzen und die Weinflasche in die Wohnung.
Leonard Cohen landete im CD Player und zwei Pizzen im Ofen. Obst wurde zu einem Salat und ich öffnete eine weitere Flasche Roten. Ich war nervös, aber irgendwie aufgeregt oder so.
Kurz dachte ich an die Blumenfräuleins in Malle, die sich meinen 10€-Schein geangelt hatten, doch den Gedanken verwarf ich so schnell wie er gekommen war.
Das Bad öffnete sich und meine Gärtnerin trat zurück in den Raum. Ihr schwarzes Kleidchen saß geschmeidig an ihr wie eine zweite Haut. Wir setzten uns an meinen mit Kerzen und Tellern angerichteten Esstisch und Leonard Cohen sang dazu.
Sie machte einige Scherze, schob während des Essens ihren Stuhl näher an meinen und sagte: „My name is Cynthia“.
Ganz sicher küsste sie mich, und ich sie erst viel später.
Der Tisch war kein Tisch und der Stuhl kein Stuhl mehr.
Alles verschmolz in ein Seidenbett für unsere Körper.
Was wir in dieser Nacht machten war mir nicht fremd, aber was ich empfunden hatte, war etwas ganz anderes und zum Teil fremdes.
Cynthia verlies meine Wohnung und mich gegen 5 Uhr und sie bestand darauf, wieder den gleichen Weg zu nehmen, den sie gekommen war. Sie ging zu meiner Terrasse und schwebte durch meinen Garten davon.
Ich hörte noch ein „Happy Birthday Paul“ und sah noch lange in die Nacht hinaus.
Irgendwann ging ich ins Bett und schlief mit ihren Augen in den meinen ein.
Es klingelte wie wild an meiner Türe und meine Traumwelt war kein Ort mehr zum Bleiben.
An der Haustüre angelangt hörte ich im Treppenhaus: „Paket für Ottke!“
Das war mir so was von egal, wer ist Ottke?
Ich war wach, also machte ich mich daran, meine Wohnung aufzuräumen, denn hier war einiges nicht mehr da, wo es hingehörte. Als ich einen Blick auf die Terrasse warf, bemerkte ich einen kleinen Gartenzwerg. Er hatte einen Eimer und eine Schüppe in den Händen.
Cynthia.
Ich hatte nichts von ihr, keine Telefonnummer, keine Adresse, nichts.
Ich stellte den Zwerg auf meinen Schreibtisch und wusste, dass es lange dauern wird, bis er dort nicht mehr stehen würde.
Draußen begann es zu regnen.
Eigentlich wäre ich wieder ins Bett gekrabbelt und hätte mich in einer Art von Selbstmitleid in den Schlaf verkrochen, doch heute schien mir das unmöglich.
Ich musste in die Welt hinaus und leben.
Also, ab in ein lockeres Outfit und dann ins Lumba.
Im Lumba schnappe ich mir das Lokalblatt und sah nach Stellenangeboten.
Ja, weg von Daggi, Lydia und Herrn Weber und meinem Halbmonatschef Herrn Partinski, das war mal ein Ziel!
Na, schau mal an, wer kam denn da herein – Susu.
Sie und ihre zwei Freundinnen setzten sich an einen Tisch neben dem meinen. Nach einem kurzen Hallo bestellte Susu eine Latte und wandte sich dann mir zu.
„Und wie isset so mit dir?“
Bevor ich antworten konnte, obwohl ich nicht wollte, sagte sie, dass einige Dinge, die ihr gehörten noch in meiner Wohnung wären, und ich solle sie mal fein einpacken und zu ihr bringen. Eigentlich hätte ich jetzt ein Problem, doch mit einem Unterton von Freude teilte ich Susanne mit, dass ich der Meinung gewesen war, sie hätte kein Interesse mehr an ihren Täschchen und dem Modeschmuck, und somit hätte ich diesen Kram bei eBay verkauft.
„Ach, verkauft bei eBay, ja?“ erwiderte sie.
„ Jau.“
„Und was schuldest du mir jetzt für meine Sachen“
fragte sie irgendwie leicht aufgeregt.
Selbst Susanne anzulügen war Heute ein Einfaches für mich.
„ Ein Euro pro Teil, also 18 Euros.
Hat eben nur einer geboten, wollte den Kram nicht wegwerfen, denn irgendwie fand ich es zu schade.“
Dann wurde aus dem anfänglichem Gespräch ein einseitiger Vortrag von Susanne mit Worten wie Armani, Loui Viton oder so.
Ich vertiefte mich in die Stellenannoncen und dachte an Cynthia.
Susanne war nicht bereit, mir zwei Euro auf meine zwanzig zurück zu geben, und verließ das Lumba in einer Art, die ich nicht als schwebend empfand. Die Kellnerin blieb freundlich zu mir, also bin ich
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