Oliver Stapel - Orest im deutschen Herbst

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Orest im deutschen Herbst: краткое содержание, описание и аннотация

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Die Pubertät gehört zu den euphorischsten und kläglichsten Wegstrecken in dem Prozess, der Individualisierung und Sozialisierung in einem unmöglichen Spagat abschließt. Otto Rest ist der vaterlos Heranwachsende, der sich von seiner Mutter befreien will und dafür mit dem Verlust der Identität bezahlt. In diesem Spannungsfeld zwischen Konformität und Selbstfindung bewegt sich die Handlung, die mit dem Tod der Mutter ihren Höhepunkt findet. Die Handlung spielt in den Jahren 1976 und 1977, also zu einer Zeit, in der die in den 68er Jahren begonnene Identitätskrise der deutschen Gesellschaft mit dem deutschen Herbst ihren gewaltsamen Abschluss fand.

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Weißt du, deine Generation vergißt, wie gut es ihr geht. Wir mußten eine halbe Stunde zu Fuß zur Schule gehen, barfuß, weil sich unsere Eltern keine Schuhe für uns leisten konnten. Wenn wir krank waren, dann mußten wir im Haushalt helfen, so war das damals. Mein Vater kam 1947 aus einem französischen Gefangenenlager, meinst du, wir hätten ihn erkannt? Ich bin schreiend weggelaufen, als ich ihn zum ersten Mal sah. Meine älteren Geschwister haben ihm die Hand geschüttelt wie einem Fremden. „Guten Tag Herr Schreiber,“ so haben meine Geschwister ihren eigenen Vater begrüßt. Meine Mutter hat ihrem Mann dann ein Festessen gekocht und der arme Mann hat alles gegessen und ist ein paar Tage später gestorben. Das ist übrigens in vielen Familien so passiert. In den ersten Jahren sind wir regelmäßig hungrig vom Tisch aufgestanden, dein Vater hat jahrelang nachts Kartoffeln gestohlen. Dein Vater war so dreist und hat die auch noch verkauft, bis die Bauern ihm eines Tages dahinter gekommen sind. Da haben die ihn aber verprügelt, da konnte er froh sein, dass er mit dem Leben davon gekommen war. Aber das war typisch Otto. Er konnte einfach nie den Hals voll kriegen. Meinst du, er hätte das Geld, das er von den gestohlenen Kartoffeln eingenommen hatte, seiner Mutter gegeben? Doch nicht dein Vater, da kennst du deinen Vater aber schlecht. Der hat sich auf dem Schwarzmarkt Zigaretten gekauft und ist damit zu den Damen gegangen, die es ihm für ein paar Kippen besorgten. Man muß ja schließlich Prioritäten setzen, und dein Vater hatte in der Hinsicht noch nie Probleme.

Ich hatte natürlich schon die eine oder andere Vermutung und war jahrelang darüber hinweggegangen, schließlich waren das ja nur irgendwelche Flittchen, deretwegen es sich nicht lohnte, sich zu enervieren. Erst als er den neuen Citroën zu Schrott fuhr, wurde mir klar, dass er in einer richtigen Beziehung steckte. Das war zu der Zeit, als er diese Monika Becker kennengelernt hatte, da hat an nichts anderes mehr denken können. Am hellichten Tag ist er über Rot gefahren. Ich habe nichts gesagt. Erst als die Wogen geglättet waren habe ich einen gemeinsamen Abend abgewartet und zu ihm gesagt, „Mein lieber Mann, ich möchte gerne mit dir reden,“ habe ich gesagt. Ich bin mir ja schon vorgekommen wie ein Bittsteller, als nächstes muß ich einen Termin ausmachen, um mit meinem Mann zu reden. Das habe ich ihm auch gesagt. Und nachdem sich dein Vater herbeibequemt hatte, um mit mir zu reden, habe ich ihn zur Rede gestellt. „Ich habe bisher absichtlich nichts zu deinem Verkehrsunfall gesagt, weil ich auf einen ruhigen Moment warten wollte, um mit dir darüber zu sprechen.“ So habe ich unser Gespräch eingeleitet. „Meinst du nicht, dass du mir eine Erklärung schuldest.“ Da hättest du aber mal deinen Vater sehen sollen. Wie ein HB-Männchen ist der hochgegangen. Hat rumgeschrien, als ob ich das Auto kaputt gemacht hätte. Als er sich wieder eingekriegt hat, habe ich ganz ruhig gesagt: „Das Auto, lieber Otto, das interessiert mich überhaupt nicht. Ich spreche von etwas ganz anderem.“ „Von was sprichst du denn,“ hat er ganz patzig gefragt. „Ich spreche davon, dass du bei der Polizei angegeben hast, du bist privat auf dem Weg zu einer Monika Becker, davon spreche ich.“ „Das geht dich doch nichts an,“ hat er gezetert und so getan, als würde ich ihm in seiner Privatsphäre rumschnüffeln, das muß man sich erst mal ausdenken so was. „Das geht mich sehr wohl etwas an,“ habe ich erwidert, „falls du dich daran erinnerst, wir sind verheiratet.“ Ich mag garnicht daran denken, wie bösartig und gemein mich dein Vater von dieser Zeit an behandelt hat. Du warst gerade 15 geworden, als dein Vater und ich uns scheiden ließen. Es war eine harte Zeit, ich bin mit dir in eine kleine Wohnung gezogen, 42 qm, nach all den Jahren, und da wollten diese Betonköpfe bei den Behörden erst einen Nachweis, dass Otto und ich bereits ein Jahr lang getrennt leben, bevor mir Unterhalt zustünde. Dieser ganze kleinkarierte Morast von Briefen und Erklärungen und immer wieder diese Bittstellgespräche bei irgendwelchen Sesselfürsten, die dich behandeln, als wärest du der letzte Abschaum. Dein Vater hat sich ja dann umgehend in H. eine neue Wohnung gekauft und was ich ihm nie verzeihen werde, nicht nur, dass er sich die ganzen Möbel in seine Wohnung karren ließ, jawohl, nicht ein einziges Möbelstück hat er mir gelassen, nein, er hat auch sämtliche Fotoalben mitgenommen. Ich habe nicht ein Foto von unseren Urlauben, von dir, unserer Hochzeit, nichts.

Das war eine furchtbare Zeit, die Hölle auf Erden, auf ein Mal lernst du deine wirklichen Freunde kennen, oder auch, wie wenig wirkliche Freunde man doch eigentlich hat. Wie oft lag ich stundenlang in diesem Bett unseres Vormieters, das ich mir mitsamt den übrigen Möbeln, die der arme Mann hinterlassen hatte, von dem bißchen Geld, das ich noch hatte, gekauft hatte, ein altmodisches Doppelbett mit einer Matratze, deren ausgeleierte Federn bei jeder Bewegung quietschten, stundenlang lag ich da und diese ganzen Schmähungen, die ich tagtäglich zu hören bekam, liefen wie ein Film vor mir ab, nach einiger Zeit konnte ich nur noch mit der Hilfe von Schlaftabletten einschlafen. Wie oft habe ich bis ein, zwei Uhr nachts wach gelegen und versucht, einzuschlafen, bevor ich schließlich doch wieder eine Pille schluckte, es ging einfach nicht anders.

Wer mir damals wirklich über die Maßen geholfen hat, war meine liebe Freundin Kerstin Nilrek, die sich ja dann wenig später selbst das Leben nahm. Sie hat mich immer aufgebaut und mir gesagt, die Trennung sei das Beste, was mir je passieren konnte. Und die Kerstin war eine patente Frau, die stand mitten im Leben, war beruflich sehr erfolgreich und mußte sich eigentlich von ihrem Mann nichts gefallen lassen. Irgendwas muß da vorgefallen sein, was sie völlig aus der Fassung gebracht hat. Jedenfalls hat sie sich eines schönen Tages in die Badewanne gelegt, hat heißes Wasser einlaufen lassen und sich die Pulsadern aufgeschnitten. Deren Mann war auch so ein primitiver Typ, hat in seiner Firma Karriere gemacht, saß mit 35 auf dem Chefsessel und hat dann zuhause nur noch die Füße hochgelegt und ferngesehen. Die Kerstin hat ihm einmal gesagt, er soll sich doch ein Loch in die Kiste machen, dann hätte er alles, was er braucht. Ich hatte die Kerstin immer bewundert, weil sie so robust und selbstbewußt war, die ist immer ihren Weg gegangen. Ich weiß bis heute nicht, was diese Kurzschlußhandlung bei ihr ausgelöst hat. Wir haben fast jede Woche miteinander telefoniert, die Kerstin und ich, manchmal auch öfter. Erst als sie zwei Wochen lang nicht ans Telefon gegangen war und auch nicht mal selbst angerufen hat, hat der Mann von ihr abgenommen und mir ganz lapidar erklärt, seine Frau hätte sich das Leben genommen. Ich war fassungslos, noch heute wird mir ganz übel, wenn ich nur an dieses Gespräch denke. Schweigen wir von etwas anderem.

Und natürlich hast du mir geholfen, mein lieber Sohn, wie hätte ich ohne dich weitermachen können? Unsere vielen Spaziergänge haben mir so unendlich wohl getan, endlich konnte ich mir meine Sorgen von der Seele reden, du glaubst ja garnicht, wie wichtig mir das war. Die Kerstin hatte zwei Söhne in deinem Alter, aber der eine hatte nur sein Motorrad im Kopf und der Jüngere hatte jede Woche eine andere Freundin. Wenn sie mit denen über ihre Probleme sprechen wollte, haben die nur gesagt, „Mutter nerv’ mich nicht.“ Ja, jetzt nervt sie niemanden mehr, das haben sie nun davon. Ich weiß, ich habe dich gewiss überfordert und das tut mir auch von Herzen leid, aber zu dieser Zeit habe ich mich an jeden Strohhalm geklammert.

4 Spaziergang

Solange die Autos an uns vorbeifuhren konnte ich mich nicht darauf konzentrieren, was sie sagte, jeder Wagen heischte Aufmerksamkeit, ich versuchte die Fahrer der entgegen kommenden Autos zu erkennen, Gesichter, die mir in Steno eine Lebensgeschichte zuschrieen, in Falten gemeißelte Hoffnungslosigkeit, in der Mundlinie verewigter Hochmut, und manchmal, wenn ich in unverhofften Reflektionen ungünstig beleuchteter Glasscheiben des Unglücks meines eigenen Gesichtes gewahr werde, holt sie mich ein, die Geschichte, sehe ich wieder die trostlos an kahlen Bäumen hängenden vergilbten und trockenen Blätter, die lustlos über dem Burgweg rauschten, Herbst, der Beginn meiner Winterdepression, aber auch eine Zeit des Aufatmens, wenn die in Frühjahr und Sommer bis zur Unerträglichkeit gesteigerte Hormonausschüttung wieder abflaute, wenn es mir wieder möglich wurde, einen halben oder sogar einen ganzen Tag ohne die von den Wallungen meines Geschlechtsteils inspirierten schwülstigen Phantasien zu verbringen, wanderte ich an der Seite meiner Mutter in den Kübelweg einbiegend über Felder und Weinberge, meistens auch in den Wald, wo gedämpfte Stille die Schritte unserer Schuhe dumpf verstärkte, und wo ich auch endlich in der Lage war, ihren Ausführungen zu folgen.

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