Klaus D. Koepp
Ring der Welten 1
Das Labyrinth der Narren
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Klaus D. Koepp Ring der Welten 1 Das Labyrinth der Narren Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog
1. Der 23. Sektor
2. Arthur Lassalles Tod
3. Die Pforte von Subworld
4. In Quarantäne
5. Das Geheimnis der Meatballs
6. Die Arenatherme
7. Der Eindringling
8. Operationen
9. Die Invasion der Verdammten
10. Der Trümmerpalast
11. Der CyberCreator
12. Der Steiger
13. Spish
14. Die Versammlung
Impressum neobooks
Jahrmillionen existierte die Erde als intaktes, aber unbewusstes Paradies, auf der alles Leben nur dem Reigen der Evolution auf dem Weg zu einem unbekannten Ziel unterworfen war. In einem lebendigen Universum aber musste alle Unberührtheit irgendwann einmal ein Ende finden und so nahmen vor Jahrtausenden die Pigkmegden, eine uralte, hoch entwickelte Spezies, den blauen Planeten in ihre Obhut.
Die Pigkmegden waren, wie alle sich selbst erkennenden Wesen, auf der Suche nach dem Sinn des Universums und allen Lebens, und es war ihnen in vielen Generationen und Jahrtausenden des Suchens gelungen, die so genannte Biomatrix nachzuweisen, eine versteckte Realitätsebene hinter den Dingen, bestehend aus Myriaden Bewusstheiten, die mit größter Wahrscheinlichkeit das Leben im Universum betreuen, ordnen und erneuern. Aber warum und mit welchem Ziel?
Die Pigkmegden hatten damals begonnen, bestimmte Aspekte der Biomatrix zu entschlüsseln. Der dritte Planet des Sonnensystems, die Erde, übernahm dabei als lebendes Laboratorium eine wichtige Aufgabe.
Unter den Hominiden-Vorgängern des Menschen hatten sich bescheidene Kulturpraktiken herausgebildet. Die Pigkmegden nutzten diese primitive Evolutionsstufe der Erdenbewohner, um ein Langzeitexperiment zu starten. Sie veränderten an der bedeutendsten Population des entstehenden Homo sapiens die DNA und integrierten ein Ring-Modul mit einem synthetischen mGen im Erbgut, das bestimmte Charaktermutationen zuließ, um herauszufinden, wie sich dieser Eingriff, als Element der Biomatrix, im Lauf der Jahrtausende auf die kulturelle Entwicklung der Menschheit auswirkt.
Um dieses Experiment für die Nachkommen der sich rasant entwickelnden Menschheit zu belegen, schufen sie einen verbotenen Garten mit einem jungen Weltenbaum, aus dem sich Früchte, Blumen und vieler Art Gewächse im Sinne des Rings entfalteten, um ihn der Erde und seinen Bewohnern als sinnbildlichen Schlüssel der kommenden Gesellschaft zu hinterlassen, damit es der Menschheit irgendwann einmal gelingen werde, sich vollständig selbst zu erkennen und damit das mGen als Charaktermutation zu entschlüsseln.
Die Jahre vergingen und die Nachkommen der Pigkmegden hatten eine ringförmige Raumstation im Orbit der Erde stationiert, die über viele Zeitalter hinweg den Planeten umkreiste. Die Menschen sahen in diesem Objekt am Himmel das Sinnbild einer höheren Macht und den Wohnort der Götter, bis die Allmächtigen ihr Wallhall verlassen mussten und die Raumstation ins Meer stürzte. Von da an mischten sich die Götter unter die Menschen und herrschten über sie.
Das Gen-Projekt der Pigkmegden aber war längst in Vergessenheit geraten. Der Garten verwilderte und der Weltenbaum wurde von der Natur vereinnahmt. Die Pflanzen zerstreuten sich über die ganze Welt.
In den ewigen Geschichten der Menschheit aber lebte dieser einzigartige Garten weiter und wurde zu dem Mythos, der das Entstehen der Menschheit in den alten Schriften lebendig hielt. Man versuchte, den Garten und seine Heiligtümer immer wieder neu erstehen zu lassen, um die magischen Kräfte zu beleben, die man diesem vergangenen, paradiesischen Ort nachsagte. Macht, Unsterblichkeit und das Wohlwollen der Götter sollten damit verbunden sein.
So entwickelten sich aus diesen Erzählungen die Kulturen und Religionen der Völker bis auf den heutigen Tag.
Aus dem Origin: Das Buch der Möglichkeiten
Es nieselte seit Tagen schwarze, schmierige Fäden vom Himmel. Nebelschwaden hatten sich zwischen den Stahlskeletten der Hochhausgiganten festgesetzt. Ein Schleier aus Dunst und Nässe lag über der Stadt. Die Elemente der Natur nagten an den Resten der Zivilisation. Überall tropfte es und in den Trümmerschluchten faulte der Müll oder was davon noch übrig war. Flechten, Baumfarne und kleine Orchideen drängten aus dem Dunkel der Steine und überwucherten die bizarren Ruinenfelder. Efeu kroch über bemooste Betonträger. Ansammlungen von Nesselsträuchern, Ginster und seltenen Pflanzenmutationen verwandelten brachliegende Areale in biotope Verwucherungen. Die Natur hatte begonnen, verwesende Territorien zurückzuerobern in diesem heißen Jahr 2168 der alten Zeitrechnung.
Wie aus einer eiternden Wunde ergoss sich das faulig gelbe Abwasser der Unterweltkanäle über das aufgerissene Straßenpflaster. Rattenrudel flüchteten sich auf die Gehsteige, um über die Kadaver der letzten Nacht herzufallen. Ausgebrannte Fahrzeugwracks standen als verwachsene und verwurzelte Reliefs am Straßenrand und rotteten vor sich hin. Die Ödnis der Straße, dem Verfall preisgegeben.
Einige schiefe Hütten lehnten sich unter einem abgebrochenen Teil der Hochstraße aneinander an. Zwei schattenhafte Wesen hatten in diesen Ghetto-Verschlägen Unterschlupf gefunden. Die Körper der beiden Gestalten steckten mitsamt ihren Köpfen in Kleidungsstücken aus kompliziert miteinander verknüpften Lederresten. Ihre Gesichtsmasken, als Teil ihrer Kopfbedeckung, ließen sie wie vermenschlichte Reptilien erscheinen. Brust- und Rückenteile wurden von elegant verknoteten Riemenstücken zusammengehalten. Die Handschuhe verschmolzen mit den Ärmeln und reichten bis unter die Schulterblätter. Sie trugen Schaftstiefel, die bis zu den Knien von einer grauen Schlammschicht bedeckt waren. Durch die überdimensionalen elektronischen Halbkugelgläser ihrer Schutzbrillen behielten die beiden die Umgebung im Auge und warteten im Dunst der Straße auf kommende Ereignisse.
Immer wenn Arthur Ed Lassalle die Augenlider schloss, zitterten ganz leicht seine Brauen. Spuren eines Ausschlags wurden sichtbar. Erst vor wenigen Stunden hatte das Blut in seinem Körper zu „kochen“ begonnen. Winzige Adern waren geplatzt und die blutenden Gerinnsel hatten sich über Teile seines Körpers ausgebreitet. Das fortgeschrittene Stadium des Ausschlags und der Zustand seines Leibes bestätigten ihm, dass er nicht mehr lange zu leben hatte. Aber er biss die Zähne zusammen und versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
Naila Elisar, die zweite Person unter den Brückenverschlägen, ahnte nichts von Artur Lassalles akutem Todeskampf. Sie registrierte zwar Lassalles schlechte Verfassung, um dann aber gleich wieder ihre Aufmerksamkeit dem fernen Horizont der Hauptstraße zuzuwenden. Natürlich war ihr bekannt, dass die GNS-Erreger, diese Pest des 23. Sektors, überall Opfer forderten. Aber es gab keine Aussicht auf Heilung dieser Seuche.
In der Ferne, irgendwo in den Kontrollzonen des Zwischensektors, löste sich jetzt ein Zug tosender Maschinen aus dem Dunst der Sperrbollwerke. Arthur Lassalle zählte an die zwanzig dieser gepanzerten Kolosse, die Saurocks genannt wurden, und die sich nun gemächlich, wie stählerne Saurier, über den Schutt der Straße wälzten und sich dem verfallenen Zentrum dieses verwilderten Stadtteils näherten.
Diese kriechenden Festungen befanden sich in erbärmlichem Zustand. Die Stahlplatten der vollständig gepanzerten Räder verbanden nur noch wenige Verankerungen und jede Erschütterung ließ sie erzittern. Die meisten Gefechtstürme der Stahlgiganten hatte der Rost zerfressen. Durch die elektronische Kommandozentrale rauschte der Wind. Die Fahrzeuge hatten längst ihre Aufgabe in den Zeiten der großen Aufstände erfüllt. Jetzt präsentierten sie sich als schrottreife Monstren, die niemand mehr zu fürchten brauchte. Die Ungetüme bogen schwerfällig in den Lexus Boulevard ein und bildeten auf der Corus Plaza eine geschlossene Formation. Aus der Luft wurde der Zug von zwei fast lautlos
Читать дальше